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Pro und ContraLanger Lockdown fürs Fest – ist Weihnachten das wert?

Lesezeit 3 Minuten
Köln Weihnachtne

Corona und Weihnachten: Blick in die Kölner Schildergasse, die sinnbildlich zwischen Feiertagen und Pandemie steht.

Berlin – Nehmen wir Weihnachten zu wichtig? Ja, denn Gesundheit geht auch an Heiligabend vor, sagt Tobias Peter. Nein, nie war ein gemeinsames Fest so wichtig wie in diesem Jahr, sagt Markus Decker.

Pro: Nächstenliebe geht vor

Die Corona-Zeit ist die Zeit, in der Politiker mit den Bürgern manchmal sprechen wie mit kleinen Kindern. “Wenn ihr nur brav seid, dann können wir auch in diesem Jahr ein schönes, gemeinsames Weihnachtsfest feiern“: So lautete die Botschaft immer wieder. Heute ist eindeutig klar: Es war falsch, den Bürgern zu suggerieren, die Hoffnung auf ein weitgehend ungetrübtes Weihnachtsfest sei realistisch. Denn jetzt gibt es an Weihnachten Einschränkungen. Und das ist richtig so.Keine Frage: Weihnachten ist ein bedeutendes christliches Fest, wenn auch, zumindest mal kurz nebenbei bemerkt, nicht das wichtigste.

Und es ist – völlig unabhängig davon, ob jemand gläubig ist oder nicht – ein gesellschaftliches Großereignis. In unserer stark säkularisierten Gesellschaft ist das Fest auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor: Es wird geschlemmt, getrunken und geschenkt.

Das alles ist schön und gut, auch wenn einem das Ausmaß der Kommerzialisierung schon in normalen Jahren gelegentlich auf die Nerven fallen kann. In Zeiten, in denen es um den Kampf gegen eine Pandemie und die Gesundheit der Menschen im Land geht, gilt: Es gibt Wichtigeres als Weihnachten. Wenn Friedrich Merz sagt, “Es geht den Staat nichts an, wie ich mit meiner Familie Weihnachten feiere“, spricht er nicht anders als ein 17-Jähriger, der darauf besteht, trotz Corona an Silvester mit unzähligen Leuten zu feiern, zu trinken und zu tanzen.

Die christliche Idee hinter dem Fest ernst zu nehmen, nämlich die Nächstenliebe, bedeutet diesmal: Machen wir weniger Brimborium um Weihnachten! An diesem Tag sollte niemand einsam sein müssen. Aber: Das Schlimmste wäre, durch zügelloses Feiern die Notwendigkeit eines neuen Lockdowns zu produzieren, bei dem gerade alte Menschen wieder über Wochen in die Isolation getrieben werden. Das Jahr hat so viele Tage mehr als Weihnachten. (Tobias Peter)

Contra: Ein Licht in der Dunkelheit

Das Coronavirus muss derzeit für vielerlei herhalten – für Sinnvolles und weniger Sinnvolles, für Mögliches und Unmögliches. Dass es von manchen jetzt auch noch gegen Weihnachten in Stellung gebracht wird, finde ich unerhört.

Ich finde es unerhört, weil es dem Jahr 2020 den letzten Rest jener Geselligkeit rauben will, an dessen Mangel wir alle mehr oder weniger leiden. Zu sagen, dann können wir Heiligabend und die beiden Weihnachtstage auf diese Geselligkeit ebenfalls verzichten, ist krass falsch. Das Gegenteil ist richtig.

Wir brauchen das Fest nicht nur um seiner selbst willen, sondern überdies, um im Kreise der vielbeschworenen Lieben einen versöhnlichen Jahresabschluss zu finden. Dazu gehört natürlich der religiös-spirituelle Teil – sprich: Gottesdienste, wenngleich in überschaubarem Rahmen und entsprechend den AHA-Regeln. Sollte Petrus mit uns sein, lässt sich mancherlei gewiss sogar draußen organisieren. Damit verbände sich die Chance, Weihnachten 2020 jene positiv-besondere Note hinzu zu fügen, die das Jahr aus überwiegend negativen Gründen ohnehin schon hat.

Eltern sind chancenlos gegen den Mummenschanz

Es gilt freilich noch mehr, dieses Weihnachten aus ganz grundsätzlichen Erwägungen zu verteidigen. Denn längst haben die Tanzwütigen ja den Karfreitag ins Visier genommen – obwohl er als Teil von Ostern religiös viel bedeutsamer ist. Der für Protestanten zentrale Reformationstag wird von Halloween geschreddert; Eltern sind gegen den von ihren Kindern heiß geliebten Mummenschanz seit einigen Jahren chancenlos. Und nun scheint es, als solle Weihnachten auf die Liste kommen.

Mit anderen Worten: Ein paar Säkularisierer würden die schütteren Reste des christlichen Erbes einer zunehmend verweltlichten Gesellschaft offenbar gern endgültig abräumen. Darauf gibt es nur eine Antwort: Nein, nein und nochmals nein. (Markus Decker)