Superjachten in SicherheitTürkei wird zum Hafen für Putins sanktionierte Oligarchen
Athen – Das Schiff ist 162 Meter lang, hat zwei Swimmingpools, zwei Helikopterlandeplätze und 70 Mann Besatzung. Zur Ausrüstung gehören ein Mini-U-Boot und eine bordeigene Raketenabwehr. Seit Dienstag liegt die „Eclipse“ im türkischen Ägäishafen Marmaris. Damit hat der russische Oligarch Roman Abramowitsch offensichtlich seine auf 700 Millionen Dollar geschätzte Superjacht jetzt in Sicherheit gebracht – vorerst jedenfalls.
Tags zuvor hatte bereits eine andere Abramowitsch zugeschriebene Luxusjacht, die 138 Meter lange „Solaris“, den türkischen Hafen Bodrum erreicht. Das Anlegemanöver verlief schwierig, weil eine kleine Gruppe von Ukrainern in einem Motorboot das Andocken zu verhindern versuchte. Die Demonstranten schwenkten ukrainische Fahnen und riefen Sprechchöre wie „Nein zum Krieg in der Ukraine“ und „Hau ab, du bist hier nicht willkommen“. Die türkische Polizei nahm sie in Gewahrsam.
Oligarch selbst offenbar nicht an Bord
Die beiden Abramowitsch-Jachten hatten eine lange Reise hinter sich: Die „Solaris“ kam aus St. Martin in der Karibik, die „Eclipse“ war zuvor auf den Bahamas. Nachdem die Schiffe den Atlantik in hohem Tempo überquert hatten, kreuzten sie zuletzt scheinbar ziellos im Mittelmeer. Dabei mieden die Kapitäne die Hoheitsgewässer der EU-Mittelmeerländer, denn Abramowitsch ist wegen seiner engen Beziehungen zu Kremlchef Wladimir Putin von der EU und Großbritannien mit Sanktionen belegt worden. Er muss deshalb fürchten, dass seine Schiffe festgesetzt werden, wenn sie einen EU- oder britischen Hafen anlaufen.
Der Oligarch selbst war offenbar nicht an Bord der „Solaris“ oder der „Eclipse“. Am Montag landete einer seiner Businessjets aus Tel Aviv kommend in Istanbul. Der Jet flog von dort weiter nach Moskau – ob mit oder ohne Abramowitsch, ist unklar.
Istanbul als verbliebene Drehscheibe für Russlands Luftverkehr
Istanbul ist, neben Dubai, die wichtigste verbliebene Drehscheibe für den Luftverkehr Russlands mit der westlichen Welt. Denn die Türkei hält, im Gegensatz zu den EU-Staaten und den anderen Nato-Mitgliedern, ihren Luftraum für den Flugverkehr mit Russland offen. Zugleich liefert die Türkei Kampfdrohnen an die Ukraine.
Staatschef Erdogan hat immer wieder betont, sein Land wolle an den engen Beziehungen zu Kiew und Moskau festhalten und keines der beiden Länder aufgeben. Dahinter stehen vor allem wirtschaftliche Interessen. Türkische Unternehmen schicken sich bereits an, den Rückzug westlicher Firmen aus Russland zu nutzen und dort einzuspringen.
In der Türkei kann oft noch mit russischen Bankkarten Geld abgehoben werden
Russische Touristen stellten vergangenes Jahr mit 4,7 Millionen Besuchern die größte ausländische Urlaubernation in der Türkei. Schon das ist ein Grund für Erdogan, den Luftverkehr mit Russland am Laufen zu halten. Auch viele reiche Russen entdecken jetzt die Türkei als Refugium. Anders als in der EU können sie an vielen türkischen Geldautomaten mit ihren russischen Bankkarten weiterhin Geld abheben.
Abramowitsch scheint sich in der Türkei sogar so wohlzufühlen, dass er nach seinem Rückzug als Präsident des FC Chelsea türkischen Medienberichten zufolge jetzt über den Kauf des Erstliga-Klubs Göztepe Izmir verhandelt.
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Die Nato-Verbündeten tolerieren bisher den türkischen Sonderweg, auch in der Hoffnung, dass Ankara vielleicht zwischen den Kriegsparteien vermitteln kann. Der niederländische Premier Mark Rutte sagte am Dienstag bei einem Besuch in Ankara, die Türkei sei „eines der wenigen Länder mit guten Beziehungen sowohl zur Ukraine wie auch zu Russland und tue alles in ihrer Macht Stehende, um eine Lösung herbeizuführen“.
Aber je länger der Krieg dauert und je schrecklichere Bilder von Tod und Zerstörung aus der Ukraine kommen, desto schwieriger wird Erdogans Gratwanderung. Sollten die USA ihre Zwangsmaßnahmen gegen die Türkei verschärfen, könnten auch der Türkei Strafen drohen, wenn sie die Sanktionen weiter unterläuft.