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Waffen in den USARechte Verfassungsrichter könnten alles noch viel schlimmer machen

Lesezeit 4 Minuten
NRW Meeting USa

Bei einem Treffen der NRA in Houston werden Waffen gezeigt. 

  1. Nach dem Schul-Massaker in Uvalde flackert in den USA die Waffendebatte wieder auf.
  2. Doch ernsthafte Verschärfungen des laxen Rechts werden von den Republikanern verhindert.
  3. Im Gegenteil droht demnächst ein Rückschlag vor dem Supreme Court.

Washington – Eigentlich gedenken die Amerikaner am Memorial Day ihrer gefallenen Soldaten. Doch in diesem Jahr war die öffentliche Debatte an dem langen Wochenende ganz von dem grausamen Schul-Massaker in Uvalde dominiert. "Tun Sie etwas!", rief ein Mann, als Joe Biden bei einem Vor-Ort-Besuch die katholische Sacred-Heart-Kirche in der texanischen Kleinstadt verließ. "Das werden wir!", versprach der Präsident.

Doch die Chancen, dass der Amoklauf eines 18-Jährigen in einer Grundschule, bei dem 19 Kinder und zwei Lehrerinnen mit einem halbautomatischen Sturmgewehr getötet wurden, zu einer grundlegenden Korrektur des laxen amerikanischen Waffenrechts führt, sind denkbar gering. Beobachter verweisen darauf, dass nach dem Massaker an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut 2012 die Bundesgesetze nicht verschärft wurden. Und die Reformen, die die Demokraten nun gegen den erbitterten Widerstand der Republikaner durchzudrücken versuchen, würden weder das Mindestalter für den Waffenkauf anheben noch das bei Attentätern beliebte maschinenpistolenähnliche AR-15 verbieten.

Mit europäischem Blick ist der Widerspruch kaum zu verstehen: Die USA haben - vor dem Jemen - die höchste Pro-Kopf-Waffendichte der Welt. Alleine seit dem Jahresbeginn gab es 213 Massenschießereien. Anschließend verfällt das Land regelmäßig in Schock und Aktivismus. Trotzdem dürfen 18-Jährige, die nicht einmal eine Dose Bier kaufen können, weiter legal halbautomatische Tötungsmaschinen kaufen, wie sie ähnlich das US-Militär im Krieg verwendet.

Jeder US-Bürger hat das Recht auf eine Waffe

Verwurzelt ist der Waffenkult im zweiten Verfassungszusatz der USA, der jedem Bürger das Recht zum Besitz einer Waffe zubilligt. Jahrzehntelang hat die Waffenlobby der NRA mit Werbung, Geldspenden und massivem politischem Druck alles unternommen, eine Regulierung zu hintertreiben. Doch inzwischen spielt der von Korruption und Intrigen geschwächte Verband gar nicht mehr die entscheidende Rolle. Vielmehr ist die Republikaner-Basis immer weiter nach rechts gerückt und hat den freien Zugang zu Waffen zum zentralen Schlachtruf ihres Kulturkampfes gegen "die Linke" gemacht.

Als die rechtsradikale republikanische Abgeordnete Lauren Boebert im vorigen Advent samt ihrer mit Sturmgewehren bewaffneten Kinder vor einem Weihnachtsbaum posierte, erntete sie zwar Empörung in den liberalen Medien. Mehrere republikanische Parlamentskollegen kopierten aber begeistert die bizarren Festtagsgrüße. Noch im Jahr 1994 hatte der Kongress mit öffentlicher Unterstützung des Ex-Präsidenten Ronald Reagan ein Verbot von Sturmgewehren beschlossen. Vor zehn Jahren lief das Gesetz aus. Seither findet sich keine Mehrheit mehr für eine Verlängerung.

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Die amerikanische Bevölkerung ist in der Waffenfrage radikal gespalten. Umfragen belegen zwar Zwei-Drittel-Mehrheiten für ein Verbot der Sturmgewehre und eine verpflichtende Überprüfung aller Waffenkäufer. Doch mehr als die Hälfte der Waffenbesitzer lehnt dies vehement ab. Immer radikaler positionieren sich die rechten Trump-Anhänger, auf deren Stimmen die Republikaner angewiesen sind. "Wenn ich solche Gesetze beschließen würde, würden mich meine Wähler aus dem Amt jagen", gab der republikanische Senator Kevin Cramer kürzlich offen zu.

Trump macht „das Böse“ für Massaker in Uvalde verantwortlich

Mit ihren Auftritten bei der NRA-Jahrestagung in Houston haben führende Parteigrößen die Richtung vorgegeben. Das Massaker sei die Tat eines "gewalttätigen Psychopathen", sagte Senator Ted Cruz. Trump machte "das Böse" verantwortlich und sprach sich entschieden gegen schärfere Gesetze aus. Stattdessen sollten die Schulen besser geschützt, psychisch Kranke besser betreut und Lehrer bewaffnet werden. Diese Forderung teilen 54 Prozent der Amerikaner - obwohl in Uvalde 19 bewaffnete Polizisten das Massaker nicht verhindern konnten.

Angesichts ihrer hauchdünnen Mehrheiten brauchen die Demokraten im Senat die Stimmen von mindestens zehn Republikaner. Ihr Verhandlungsführer Chris Murphy beschränkt sich deshalb notgedrungen auf kleine Schritte: Er will eine Pflicht-Überprüfung der polizeilichen Führungszeugnisse beim Waffenkauf einführen und die Möglichkeit des gerichtlichen Einzugs von Waffen schaffen, deren Halter unter psychischen Problemen leiden.

Eine Mehrheit für diese Mini-Korrekturen ist bislang nicht in Sicht. Tatsächlich droht im Gegenteil ein gewaltiger Rückschlag für die Anti-Waffen-Bewegung. Der Supreme Court dürfte nämlich bald über eine Klage gegen die Einschränkung des öffentlichen Waffentragens in New York entscheiden. Beobachter halten es für möglich, dass die rechten Verfassungsrichter die 108 Jahre alte Vorschrift zum Schutz der Öffentlichkeit kippen.