- Alexander Wehrle, Geschäftsführer des 1. FC Köln, nahm am Dienstag an einer Videokonferenz mit den Chefs der 35 anderen Bundesligaklubs teil. Hauptthemen: Der unterbrochene Spielbetrieb und die finanzielle Lage der Klubs.
- Die Klubs sind sich einig, dass die Saison zu Ende gespielt werden soll. Ein Abbruch hätte finanziell deutlich größere Folgen als Geisterspiele.
- Dem FC gehen bei Geisterspielen rund 1,8 Millionen Euro Einnahmen verloren. Wehrle sieht den Klub dank des Eigenkapitals gerüstet. Dennoch befasst er sich auch mit Sparmöglichkeiten.
Köln – Alexander Wehrle erschien am Mittwoch mit knallrotem Mundschutz vor der Kamera im Besprechungsraum des Geißbockheims und auf den Displays der Reporter, die per Videoschalte an einer Gesprächsrunde mit dem Geschäftsführer des 1. FC Köln teilnahmen. Vorsicht sei geboten, sagte Wehrle, um sich des Schutzes zu entledigen, als alle physisch Anwesenden den erforderlichen Sicherheitsabstand hergestellt hatten.
Tags zuvor hatte Wehrle an einer Videokonferenz mit den Chefs der anderen 35 Bundesligaklubs teilgenommen und einen guten Überblick über die Lage der Branche erhalten. Drei Stunden sei man „sehr konzentriert“ durch die Tagesordnung gegangen, berichtete Wehrle.
Saison soll bis zum 30. Juni beendet werden
Die zentralen Entscheidungen fielen einstimmig: Kein Spielbetrieb vor dem 30. April; außerdem bekräftigten die Vertreter des deutschen Profifußballs, die laufende Saison definitiv zu Ende spielen zu wollen, und zwar bis zum 30. Juni und damit jenem Tag, an dem die auslaufenden Spielerverträge enden.
Doch gab es weit mehr zu besprechen als die Termingestaltung. Derzeit denkt die Liga in unterschiedlichen Szenarien darüber nach, was finanziell auf die Vereine zukommen könnte. Es ging dabei jedoch nicht um Einzelbetrachtungen der jeweiligen Finanzpolster der Klubs. Tatsächlich wurde erläutert, was passierte, würde die Saison tatsächlich abgebrochen statt ohne Stadionpublikum zu Ende gespielt.
Saisonabbruch hätte deutlich größere finanzielle Folgen
Ein Abbruch bedeutete eine wirtschaftlich erheblich höhere Belastung als die Fortsetzung der Saison in leeren Stadien, allerdings konnte auch Wehrle noch nicht beziffern, wie hoch die Verluste dann wären. „Ich weiß nicht, was das für Sponsorengelder oder TV-Zahlungen bedeutete. Ein Abbruch bedeutete ja nicht unbedingt, dass überhaupt nichts mehr käme“, sagt er.
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Sicher ist, dass ein Abbruch finanziell deutlich größere Folgen hätte als eine Fortsetzung ohne Publikum. Geisterspiele bedeuteten zwar Ausfälle für die Vereine ebenso wie viele Unternehmen im Umfeld des Profifußballs. Doch sieht Wehrle keine Alternative dazu, obgleich den Kölnern pro Heimspiel rund 1,8 Millionen Euro fehlten – bei fünf ausstehenden Heimspielen also neun Millionen Euro.
1. FC Köln: 38 Millionen Euro Eigenkapital
Allerdings scheint am Geißbockheim bereits die Suche nach Möglichkeiten begonnen zu haben, auch ohne Publikum Einnahmen zu erzielen. „Man weiß nicht, ob es am Ende 1,8 Millionen sind oder weniger, weil man in Gespräche mit Partnern einsteigen kann“, deutet Wehrle an. Offenbar gibt es Ideen, die leeren Tribünen zu vermarkten.
Insgesamt stehe der 1. FC Köln solide da, 38 Millionen Euro Eigenkapital sorgen für Sicherheit. „Wir haben unsere Planungen so gestaltet, dass wir einen gewissen Spielraum haben. Stand heute müssen wir uns keine Sorgen machen. Wir haben weder ein Eigenkapitalthema noch ein Liquiditätsproblem.“
Alexander Wehrle: „Finanziell schwerster Akt“
Dass die DFL-Vollversammlung am Dienstag die Lizenzierungsordnung anpasste und Punktabzüge für den Fall reduzierte, dass ein Verein in ein Insolvenzverfahren gerät, wollte Wehrle nicht als Beleg dafür verstanden wissen, dass bereits Schieflagen dokumentiert sind. Dennoch rechnet er mit Vereinen in Zahlungsschwierigkeiten. „Selbst wenn wir die Saison zu Ende spielen, wird es zum finanziell schwersten Akt kommen“, sagt der 45-Jährige. „Die Veränderung der Lizenzierungsordnung war ein Zeichen der Solidarität. Das bedeutet nicht, dass schon jetzt klar ist, dass Vereine Insolvenz anmelden. Das wurde auch nicht so dargestellt.“
Es sei noch nicht über konkrete Hilfsmaßnahmen gesprochen worden, doch hält sich das DFL-Präsidium die Möglichkeit offen, Vereinen in Not gesondert zu helfen. „Ob wir das dann mit einer Art Besserungsschein machen würden oder einer Soforthilfe, die nicht zurückgezahlt werden müsste – und ob wir das in einen Kontext zu einer vorhergegangenen Misswirtschaft setzen würden, das alles haben wir noch nicht diskutiert“, sagt Wehrle. Doch klar ist: Nachgedacht hat man schon über solche Szenarien.
1. FC Köln will Training am 6. April aufnehmen
Mit Sparmöglichkeiten im eigenen Haus hat sich Wehrle ebenfalls befasst. Anders als andere Vereine hat sich der 1. FC Köln bislang nicht öffentlich zu einem möglichen Gehaltsverzicht seiner Profis geäußert. Trainer Markus Gisdol nannte einen solchen Akt in der vergangenen Woche „selbstverständlich“, und auch Alexander Wehrle deutete an, dass es eine Einigung des Klubs mit seinem kickenden Personal geben wird.
„Wir haben ein positives Gespräch mit dem Mannschaftsrat gehabt. Wenn die Jungs nächste Woche wieder da sind, werden wir die Gespräche intensivieren. Wir haben noch ein paar Tage Zeit, da werden wir uns weder von anderen Vereinen noch von täglichen Nachfragen von unserem Weg abbringen lassen. Wir haben eine gute Truppe zusammen, die Gespräche waren positiv. Alles andere werden wir besprechen, wenn alle wieder am Geißbockheim sind“, sagt Wehrle. Am 6. April wollen die Kölner wieder das Training am Geißbockheim aufnehmen, zunächst wohl in Kleingruppen.