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Zwei Jahre nach der RückkehrModestes Suche nach der Form und dem Glück

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Kein Fortune und keine Form: Anthony Modeste konnte bei seinem Startelf-Comeback in der Bundesliga in Freiburg nicht überzeugen.

Köln – Die kritischen Fragen zur Aufarbeitung des 0:5-Debakels in Freiburg, zur Taktik und selbst die zu seiner Person beantwortete Markus Gisdol vor dem wichtigen Kellerduell am Samstag (15.30 Uhr) gegen Hertha BSC recht gelassen. Doch als der Trainer des 1. FC Köln auf den zuletzt so glücklosen Stürmer Anthony Modeste angesprochen wurde, reagierte der Coach genervt: „Jede Woche Anthony Modeste! Der Junge tut mir leid. Lasst ihn mal in Ruhe. Es geht ihm gewaltig auf den Keks und es hilft uns nicht. Er ist ein Spieler von vielen in unserem Kader.“

Zwar könne der FC-Trainer die enorme Erwartungshaltung an den Torjäger verstehen, doch Gisdol bat um Zeit: „Tony gibt Gas im Training, versucht, sich reinzuhängen. Er schiebt sogar Extra-Schichten mit einem Personal-Trainer. Ich hoffe, dass er seine Form wiederfindet. Das ist aber viel Arbeit, das geht nicht auf Knopfdruck.“ Und der Trainer wiederholte an die Adresse der Journalisten: „Lasst ihn mal ein Stück weit in Ruhe.“

Kein beliebiger Spieler

Dazu muss man sagen: Journalisten lassen den Franzosen eigentlich „in Ruhe“. In Zeiten der Pandemie sind Interviews ohnehin seltener geworden, wenn sie stattfinden, dann virtuell. Modeste hat seit Wochen kein Interview mehr gegeben. Und auch Gisdol wird nicht mit permanenten Modeste- oder sonstigen Fragen konfrontiert.

Dass Modeste aber kein beliebiger Spieler ist und deshalb immer ein Thema ist, sollte allen beim 1. FC Köln klar sein. Zum einen hat der Stürmer dazu zu viel für den Klub geleistet. Nur dank seiner 25 Tore in der Saison 2016/17 konnten sich die Kölner zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert für den Europapokal qualifizieren. Modeste war ein Kölner Fußball-Held, gefeiert von Bergheim bis zum Ballermann. Sein Abschied mit vielen Nebengeräuschen im Sommer 2017 nach China war dann ebenso spektakulär wie seine Rückkehr im November 2018, die von Ex-Präsident Werner Spinner während der Gala zum 70. Geburtstags des Klubs verkündet und zelebriert wurde.

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Der FC konnte seinerzeit nach geschickten Verhandlungen mit Tianjin sein Glück kaum fassen, dass er den für 28 Millionen Euro transferierten Stürmer ablösefrei zurückbekam. Man sah dies als Coup an, den FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle und der ehemalige Kanzlerkandidat und China-Kenner Martin Schulz vor Ort realisiert hatten. Der FC war zwar damals Zweitligist, stach aber Schalke und Stuttgart aus.

Es dauerte zwar noch fast drei Monate, bis Modeste nach juristischen Auseinandersetzungen seine Spielgenehmigung erhielt. Sein Comeback war aber filmreif: Nur 234 Sekunden nach seiner Einwechslung in Paderborn gelang ihm ein Tor. Die Tränen flossen – sein geliebter Vater war zwei Monate zuvor verstorben.

In der 2. Bundesliga spielte Modeste noch für ein Jahresgehalt von einer Million Euro, doch in der Bundesliga erhält er rund 3,5 Millionen Euro und ist einer der Topverdiener. Modeste hat zudem einen Anschlussvertrag, der ihm garantiert, nach dem Karriereende weitere fünf Jahre in bislang noch nicht geklärter Funktion beim FC zu bleiben. Die Kalkulation des Klubs war diese: Modeste garantiert zehn bis 15 Tore pro Saison, galt als Lebensversicherung im Abstiegskampf.

Viel Geld und viel Pech

Das ist fast zwei Jahre her. Und heute weiß man, dass die Hoffnungen von einst bisher nicht aufgegangen sind. Die Form vergangener Jahre hat der mittlerweile 32-Jährige nie wieder erreicht. Der Stürmer hat zwar zehn Tore in 43 Ligaspielen erzielt, davon aber sechs im Unterhaus. Seit dem 7. Juni (1:1 in Augsburg) wartet der von Verletzungen gebeutelte Franzose auf einen Bundesliga-Treffer.

Im Sommer gab es offenbar Anfragen anderer Klubs für Modeste, unter anderem soll Besiktas Istanbul konkret interessiert gewesen sein. Der FC hätte dem Franzosen, der mittlerweile von der namhaften US-Agentur Wasserman betreut wird, auch keine Steine in den Weg gelegt. Doch am Ende ging beim FC kein verbindliches Angebot ein.

Und wie 2019 konnte Modeste auch im vergangenen Sommer die Vorbereitung nicht absolvieren. Wegen rätselhafter Rückenprobleme fiel er wochenlang aus und suchte Spezialisten in Süddeutschland auf. Derweil wählten ihn die Kollegen nicht mehr in den Mannschaftsrat, stattdessen nahm der erst 21-jährige Verteidiger Sebastiaan Bornauw seinen Platz ein.

Die Bank droht erneut

Nach unglücklich verlaufenden Kurzeinsätzen und einem Startelf-Comeback samt Siegtor im Pokal gegen Zweitligist Osnabrück (1:0) bekam Modeste am vergangenen Wochenende in Freiburg dann auch in der Bundesliga seine Chance von Beginn an. Und nutzte sie nicht. Obwohl er in sieben Bundesliga-Spielen gegen Hertha fünf Treffer erzielte, droht ihm am Samstag wieder die Bank. Und neuer Frust.