AboAbonnieren

1. FC KölnMarkus Gisdol geht hart mit sich ins Gericht

Lesezeit 4 Minuten
Gisdol Bayern

FC-Trainer Markus Gisdol

Köln – Wie sich die Bilder doch gleichen: Da äußerten sich am Donnerstagmittag fast gleichzeitig zwei unter Druck stehende Trainer zur Krise ihrer Mannschaft und wirkten dabei äußerlich sehr gelassen. Flankiert von ihren Sportchefs Horst Heldt und Michael Preetz sprachen Kölns Trainer Markus Gisdol und Hertha-Coach Bruno Labbadia über den „Ernst der Lage“, „Enttäuschungen“, „die Aufarbeitung der Niederlage“ und „vielen Gesprächen in einer intensiven Woche“, deren Inhalte aber intern bleiben sollen.

Krisenbewältigung beim 1. FC Köln und bei Hertha BSC vor dem direkten Aufeinandertreffen am Samstag (15.30 Uhr) im Rhein-Energie-Stadion. Beide Klubs waren zuletzt eine einzige Enttäuschung. Der FC erlebte ein 0:5-Debakel in Freiburg, ist seit 394 Minuten ohne eigenes Tor und wartet seit 13 Bundesliga-Spielen auf einen Heimsieg. Und die Berliner laufen trotz der Millionen-Investitionen von Geldgeber Lars Windhorst den hohen Ansprüchen meilenweit hinterher. Nach dem bedenklichen Auftritt in Bielefeld (0:1) sind die Hauptstädter nur Zwölfter.

Doch es gibt einen Unterschied: Während Gisdols Trainerstuhl nach dem Abrutschen auf den drittletzten Tabellenplatz merklich wackelt, sitzt Labbadia offenbar noch recht fest im Sattel. „Wir sehen, wie Bruno alle Themen angeht und sind total von ihm überzeugt“, hatte Manager Michael Preetz bereits einen Tag zuvor seinem Trainer den Rücken gestärkt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Aber auch Horst Heldt kämpft um seinen Trainer. Der Sportchef des 1. FC Köln hält das Kellerduell nicht für ein „Endspiel“ für Gisdol. „Ich kann es nicht bestätigen, dass das jemand von Vereinsseite gesagt hätte“, betonte der Sportchef und war bemüht, nicht zusätzlichen Druck aufzubauen. „Beide Mannschaften haben am Wochenende enttäuscht, dadurch ist eine Brisanz im Spiel. Endspiel bedeutet für mich, dass es danach nicht weitergeht. Das tut es aber. Und wir wissen ja, dass es eine englische Woche ist und weitere Spiele kommen“, sagte Heldt.

Der Trainer hörte seinem Vorgesetzten genau zu, blieb bedacht und erklärte, dass er sich allein auf die Arbeit mit der Mannschaft konzentriere. „Da stecke meine ich Energie rein. Ich weiß nicht, ob der Horst es noch deutlicher sagen muss. Es macht gar keinen Sinn für mich, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“, sagte Gisdol.

Heldt: „Jeder weiß, welche Stunde geschlagen hat"

In den Trainingstagen nach dem sportlichen Offenbarungseid im Breisgau wurde beim FC mehr gesprochen als das sonst der Fall ist. Heldt und Gisdol sind der Auffassung, dass die Aufarbeitung gelungen ist. „Wir haben ein gutes Gefühl, die Spieler waren einsichtig. Sie möchten nicht, dass noch einmal so etwas wie am vergangenen Wochenende passiert. Wir sind optimistisch. Jeder Einzelne weiß, welche Stunde geschlagen hat“, meinte der Sportchef. Der Trainer glaubt, dass die Blamage in Freiburg die Mannschaft aufgeweckt hat. „So ein Spiel kann ein reinigendes Gewitter sein, das kann helfen“, meinte Gisdol. Jeder Spieler habe sich noch einmal hinterfragt, was er persönlich zum Erfolg beitragen könne. „Da kommen auch oft gute Sachen zum Vorschein. Ich finde es gut, wenn sich die Spieler auch mal unterhalten und sagen, wo man etwas besser machen kann. Ich meine das in keiner Weise negativ. Zu 100 Prozent ziehen alle weiter an einem Strang“, lobte der Trainer.

Nach dem 0:5 in Freiburg hatte sich Gisdol erneut schützend vor seine Mannschaft gestellt. Der Trainer begründete, warum er nicht hart mit seinem Team ins Gericht ging. „Bevor ich einen einzelnen Spieler kritisiere, fange ich immer bei mir selber an. Ich habe die Verantwortung für das, was die Mannschaft abliefert. Wenn die Kritik wie jetzt sich mehr auf den Trainer konzentriert, dann nehme ich das gerne auf mich, wenn dadurch ein Spieler weniger Druck verspürt. Das war sicher auch von mir nicht die beste Performance und da bin ich mit mir selber der Kritischste den es überhaupt gibt“, erklärte Gisdol.

Gisdol nimmt Modeste in Schutz

Kritik einstecken musste zuletzt auch Anthony Modeste, der in Freiburg erneut enttäuscht hatte. Der Trainer nahm den Stürmer explizit in Schutz. „Tony tut mir leid, ganz ehrlich. Lasst ihn mal in Ruhe wieder zu sich zu finden. Er gibt Gas, macht sogar extra Training mit einem Personal-Trainer. Ich hoffe, dass er seine Form wieder findet.“

Während Gisdol den identischen Kader vom vergangenen Spieltag zur Verfügung hat, plagen Labbadia große Personalsorgen. Definitiv in Köln fehlen werden Dedryck Boyata, Javairo Dilrosun und Marvin Plattenhardt. Fraglich sind Vladimir Darida, Jessic Ngankam und Matheus Cunha. Vor allem der drohende Ausfall des Angreifers Cunha würde Hertha treffen, schließlich ist der Brasilianer mit sechs Toren und vier Assists Herthas bester Scorer. Sein Kölner Kollege hat es da personell besser, in Freiburg gab neben Modeste Kapitän Jonas Hector sein Startelf-Comeback in der Bundesliga. Doch geholfen hatte auch das nichts, der FC zeigte die schlimmste Vorstellung seit dem 1:6 Ende Juni in Bremen. Und steht nun wieder erheblich unter Druck.