Seit Marvin Schwäbe wieder das Kölner Tor hütet, fängt sich der FC keine Gegentore mehr – sogar in Rekordmanier. Das ist gut, sät aber auch Zweifel.
„Kann sich der FC nicht leisten“Droht dem 1. FC Köln mit Bankdrücker Urbig ein Millionen-Schaden?
Nach der Aneinanderreihung teils unglücklicher, teils indiskutabler Auftritte des 1. FC Köln hat ein Systemwechsel von Trainer Gerhard Struber nach dem 10. Spieltag zu mehr Stabilität in der 2. Liga geführt. Und die hält immer noch an. Die letzten vier Partien - eine davon im DFB- Pokal - gewann der FC allesamt ohne Gegentreffer. Vereinsrekord.
Neben der Umstellung auf Dreierkette mit dem erfahrenen Dominique Heintz im Verbund, sorgte die Hereinnahme von Marvin Schwäbe als zurückgekehrte Nummer eins für Torwart-Supertalent Jonas Urbig für einen Umschwung in der Frühphase der Saison. „Schade für Urbig“, kommentieren nach dem 1:0 gegen Preußen Münster zahlreiche FC-Fans mitleidig auf Instagram, und sehen den Wechsel doch als notwendig an.
Allerdings sieht sich der FC dieser Tage auch mit Zweifeln konfrontiert, dass für den kurzfristigen Erfolg der Preis allzu hoch sein könnte. Denn Jonas Urbig ist wichtige Spielpraxis vorerst verbaut. Das könne sich „der FC eigentlich nicht leisten“, heißt es etwa in einem Podcast-Kommentar des Fußball-Magazins „kicker“. Schließlich sei Urbig U21-Nationaltorhüter.
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Bahnt sich bei Jonas Urbig der nächste „Millionen-Schaden“ beim FC an?
Im jüngsten Interview des FC-Portals „Geissblog“ mit FC-Sportchef Christian Keller kam zuletzt ebenfalls die Frage auf, ob sich in Köln nicht der nächste „Millionen-Schaden“ anbahne, wenn eines der größten Talente im deutschen Fußball nur auf der Bank sitzt.
Christian Keller antwortete auf das Kölner Torhüter-Dilemma so: „Ich stehe wirklich für eine mittel- bis langfristige Sichtweise, auch wenn mir die persönlich nicht immer guttut. Fußball ist aber oftmals auch ein Geschäft im Hier und Jetzt. Wir haben eine Entscheidung getroffen, die im Hier und Jetzt richtig war. Alles, was darüber hinausgeht, ist spekulativ.“
Doch von welchen Spekulationen kann man in der Frage um Jonas Urbigs Zukunft derzeit eigentlich ausgehen? Bei näherem Betrachten ergeben sich für alle Beteiligten im Grunde wesentlich mehr Chancen als Risiken – auch für Jonas Urbig.
Dem 1. FC Köln darf es nur um den Bundesliga-Aufstieg gehen
Angenommen, der junge Keeper wird in seiner Entwicklung bis zum Winter, oder gar bis zum Sommer tatsächlich weiter durch Marvin Schwäbe ausgebremst. So wäre dies nur der Fall, weil sich der 1. FC Köln sportlich weiterhin in erfolgreichem Fahrwasser befindet, was wiederum die Wahrscheinlichkeit auf den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga erhöht.
Und jeder weiß: Nur darum darf es dem 1. FC Köln in dieser Saison gehen. Die Rückkehr in die Bundesliga würde generell die Chancen auf bessere, neue Spieler, sowie auf Vertragsverlängerungen von Leistungsträgern wie etwa von Tim Lemperle oder Dejan Ljubicic heben. Auch Urbig will schnellstmöglich Bundesliga-Torwart sein. Beim FC wäre dies im Unterhaus nicht weiter möglich – Nummer 1 hin oder her.
Sollte der FC aber mit Schwäbe noch Rückschläge erleiden, oder der arrivierte Keeper sich für einen Winter-Wechsel entscheiden, wie er es nach seiner Degradierung angekündigt hatte: Eine Rückführung von Urbig ins Kölner Tor wäre sofort möglich. Der junge Keeper ist nicht wegen großer Unsicherheiten aus dem Kölner Tor genommen worden, sondern weil Struber mit Schwäbes Erfahrung einen Mehrwert sah, den Urbig in seinem Alter nicht aufweisen kann.
Jonas Urbig wird an Klasse und Marktwert weiter zulegen
Dass Urbig bis zu seiner Rückkehr ins Kölner Tor nun an Marktwert verliert oder der FC in böser Erinnerung an Florian Wirtz ein Top-Talent zum Nulltarif verabschieden muss, erscheint doch höchst unwahrscheinlich.
Zum einen hat Urbig mit seinen 21 Jahren bereits Herausragendes auf Profi-Niveau gezeigt. In Fürth überzeugte er letzte Saison konstant, hielt in zehn Spielen die Null fest. In der U21-Nationalmannschaft stand Urbig unter Trainer Di Salvo zuletzt beim 3:0-Sieg gegen Dänemark sowie beim 2:2 gegen Frankreich in der Startelf. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Urbigs Marktwert vorerst weiter steigen wird, auch ohne Stammtorhüter im Verein zu sein.
Zum anderen gewinnt Urbig derzeit auch so an Reife. Der junge Keeper befindet sich in einem harten Konkurrenzkampf und wird lernen, dass neben Talent und Einstellung auch blanke Ergebnisse vonnöten sind, um den hohen Ansprüchen des Profi-Geschäfts gerecht zu werden. Aus solchen Erfahrungen können Führungsspieler wachsen: Wer den Erfolg des gesamten Ensembles im Blick hat, erhebt öfter mal die Stimme. Eine Eigenschaft, die für Torhüter klassischerweise nicht unwichtig ist.
Der FC wird im Laufe der Saison klären müssen, welchem Torhüter er welche Perspektive bieten kann. Im Winter haben die FC-Verantwortlichen noch alle Karten in der Hand. Das Arbeitspapier von Marvin Schwäbe läuft noch bis 2027, mit Urbig ist eine Verlängerung des bis 2026 laufenden Vertrags offen. Wie gut das Blatt der FC-Verantwortlichen letztlich sein wird, hängt von der Frage ab, ob man kommende Saison Erstligist oder Zweitligist ist.