Köln – Der verbale Konter saß. Und vielleicht hatte sich Horst Heldt diesen im Vorfeld auch so zurecht gelegt. Als der Sportchef des 1. FC Köln auf die jüngste Spitze von Bayer Leverkusens Klubchef Fernando Carro in Richtung des FC angesprochen wurde, antwortete Heldt sehr süffisant: „Den kenn' ich nicht. Ich glaube, den kennt außerhalb von Leverkusen niemand. Ich kenne Rudi Völler, ich kenne den Trainer. Aber einen Herrn Carro? Den kennt man nicht.“
Carro hatte bei der Branchen-Messe Spobis in Düsseldorf einen deutlichen Seitenhieb in Richtung FC verteilt, der in Köln gar nicht gut ankam: „Es gibt Vereine wie Atlético Madrid, die kommen in der Champions League zu uns und wissen gar nicht, dass in Köln auch Fußball gespielt wird.”
Bei Bayer 04 herrscht derzeit offenbar innerliche Genugtuung, dass der Klub entgegen eines Agreements zwischen den rheinischen Spitzenklubs bei der Nichtabwerbung von Talenten Florian Wirtz (16) dem FC abspenstig machen konnte. Und zwar direkt, der Wechsel des Ausnahmetalents geht nicht erst im Sommer, sondern bereits in der Winterpause über die Bühne. Darüber einigten sich beide Verein am Freitag.
Heldt bemühte sich aber, dass die Atmosphäre zwischen den Kölnern und Leverkusenern nicht weiter vergiftet wird. Und kartete auch nicht gegen den Wirtz nach: „Wir wünschen Florian alles Gute. Wir wollen denjenigen, der auf seinem Platz spielt. Es gab viele Vereine, die gerne Florian verpflichtet hätten. Keiner hat es nicht versucht. In gewissen Altersbereichen ist es sinnvoll, so ein Agreement aufrechtzuerhalten“, sagt Heldt und legte nach: „Jeder, ich betone jeder hat versucht, Florian zu bekommen. Das sind auch Vereine in unmittelbarer Nähe gewesen.“ Und damit offenbar auch Borussia Mönchengladbach. Denn Borussias Sportchef Max Eberl hatte erklärt, dass er das Agreement gerne beibehalten möchte.
Zum Wirtz-Transfer hatte Eberl gesagt: „Da ist etwas passiert, was keiner von uns gerne sieht.“Dass Wirtz sofort nach Leverkusen wechselte, begründete Heldt ebenfalls: „Wir wollen weiter auf die Jugend setzen und ausbilden. Ein Vereinswechsel ist ein gutes Recht eines Spielers. Er hätte uns im Sommer verlassen und hätte in der Jugendmannschaft einen Platz blockiert." Der FC wird jetzt zuzüglich zur Ausbildungsentschädigung in Höhe von 60.000 Euro auch noch eine Ablöse erhalten.
Markus Gisdol hielt sich beim Thema Wirtz zurück, für ihn zählt die Vorbereitung auf das nächste Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr) gegen den SC Freiburg. Neuzugang Toni Leistner (29, Innenverteidigung) wird höchstwahrscheinlich noch nicht zum Kader zählen, das ließ der FC-Trainer durchblicken: „Ich weiß nicht, ob wir ihm einen Gefallen tun würden, ihn am Sonntag dazu zu nehmen. Vom Typ wäre er sicher sofort bereit zu spielen."
Der Kölner Trainer zeigte sich sehr zufrieden mit der Transferperiode und den Zugängen Leistner, Mark Uth und Elvis Rexhbecaj. Der Verein habe das so umgesetzt, wie sich das Trainerteam das gewünscht habe. „Die Kaderdichte wurde nach oben geschraubt, das Trainingsniveau erhöht“, befand Gisdol.
Heldt wirbt um Respekt für Leistner
Zwar hatte der 1. FC Köln vergeblich um Weltmeister Benedikt Höwedes gebuhlt und bekam am Ende „nur“ einen Spieler von den Queens Park Rangers aus der zweiten englischen Liga, doch Heldt warb darum, dass man Leistner eine echte Chance geben und ihn mit Respekt behandeln sollte. Ein Ranking sei unzulässig. Zudem hätte Leistner in London Duftmarken gesetzt: „Toni Leistner war da Kapitän, hatte Vertrag und sein gemachtes Nest dort. Sein Ziel Bundesliga zu spielen, das trieb ihn an. Er geht in Konkurrenz, will sich beweisen. Das gefällt mir. Diese Attribute können uns in der Saison helfen“, sagte Heldt.
Gisdol erklärte auch, dass der zuletzt chancenlose Spanier Jorge Meré nun nicht automatisch Nummer vier in der zentralen Abwehr sei. „Wir haben unsere Innenverteidigerpositionen sehr ausgewogen besetzt. Bornauw und Leistner kommen aus der Zweikampfhärte, Czichos und Meré decken eher die spielerische Komponente ab. Ich bin froh, dass wir alle vier haben."
Mittelfeldspieler Vincent Koziello wird dagegen den FC noch am Freitag definitiv verlassen. Der Franzose absolviert gerade den Medizincheck beim französischen Zweitligisten FC Paris. Der zuletzt ebenfalls ausgemusterte Niklas Hauptmann, der sich keinem neuen Verein anschloss, wird laut Coach Gisdol wieder ins Training der Profis zurückkehren.