AboAbonnieren

1. FC Köln nach NiederlageFC-Sportchef Keller verteidigt den Kader weiter

Lesezeit 6 Minuten
Christian Keller, Geschäftsführer 1. FC Köln.

Christian Keller, Geschäftsführer 1. FC Köln.

Die Niederlage gegen Kaiserslautern hat sich der FC selbst zuzuschreiben. Baumgart muss erstmals die Trainer-Frage beantworten.

Dieses Pokal-Aus war ein echter Wirkungstreffer. Im Bundesligaspiel beim mit starken Individualisten gespickten Spitzenteam Leipzig hatte der 1. FC Köln am vergangenen Samstag zwar auf ganzer Linie enttäuscht (0:6), aber er hätte wohl auch in Normalform nichts Zählbares aus Sachsen mitgebracht. Doch die Niederlage in der zweiten Pokalrunde am Dienstagabend beim Zweitliga-Sechsten 1. FC Kaiserslautern (2:3) hatte sich der FC ganz alleine selbst zuzuschreiben. Weil er viel zu spät aufgewacht war. Weil er über eine Stunde lang nicht die richtige Einstellung zum Pokalfight im Tollhaus Betzenberg fand und den Gegner zu Toren einlud.

Selten hatte man die Protagonisten des FC so konsterniert gesehen wie nach dem Abpfiff in der Pfalz. Nach dem 0:3-Rückstand durch Tore von Richmond Tachie (19.), Kenny Prince Redondo (47.) und des überragenden Marlon Ritter (65.) war die Kölner Aufholjagd nach den Einwechslungen der Rekonvaleszenten Jan Thielmann und Mark Uth zu spät gekommen, ihre Tore (Thielmann, 71., Uth, 81.) reichten nicht mehr zu Wende. Mitten in dieser Aufholjagd hatte FC-Kapitän Florian Kainz auch noch glatt Rot gesehen, was die Aufgabe nur noch schwieriger machte.

Timo Hübers: „Die Enttäuschung ist groß“

Zudem blieb tief in der Nachspielzeit nach einem Duell von FCK-Keeper Julian Krahl gegen Steffen Tigges den Gästen ein Elfmeter verwehrt, die nach dem Pokal-Aus mit sich und der Welt haderten. Doch das konnten und wollten die Kölner freilich nicht als Hauptgrund für den K.o. anführen.

„Die Enttäuschung ist groß. Ich ärgere mich extrem über die drei Gegentore und wie wir die Situationen verteidigt haben. Unsere Leistung hat heute in vielen Phasen nicht gestimmt“, sagte Innenverteidiger Timo Hübers. Und Torhüter Marvin Schwäbe, der selbst nicht seinen besten Tag erwischt und zumindest beim Freistoß-Tor von Ritter nicht gut ausgesehen hatte, befand: „Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Wir wussten, was auf uns zukommt. Wir wussten, dass wir viel Ballkontrolle haben werden und das Spiel machen müssen. Die Lauterer waren effizient und haben ihre Chancen leider Gottes direkt genutzt.“

Doch die Kölner hatten sich wieder einmal auch selbst geschlagen. In den entscheidenden Zweikämpfen ließen sie sich von den Pfälzern viel zu billig den Schneid abkaufen. Mehrere vermeintliche Führungsspieler stecken im Formtief, allen voran Dejan Ljubicic, Florian Kainz oder Davie Selke können ihr Potenzial derzeit nicht abrufen. Auch der lange so gelobte Innenverteidiger Jeff Chabot lässt sich mittlerweile von der Verunsicherung anstecken.

Ein Grauen bleibt zudem das extrem unpräzise, ideenlose Kölner Offensivspiel, die bisher nicht ohne Grund die wenigsten Treffer aller Bundesligisten erzielt haben. Stoßstürmer Selke hatte bis zu seiner Auswechslung nur 19 Ballkontakte und keinen einzigen Abschluss, dafür aber einen fatalen Ballverlust vor dem 0:1. Doch dem Angreifer muss man auch zugutehalten, dass der FC auch am Halloween-Abend gruselige Flanken schlug. Von 23 Flanken kamen gerade einmal neun Prozent (!) beim eigenen Mitspieler an. Dies ist eine indiskutable Quote für die Kölner. Was die Anzahl der Flanken angeht, sind diese zwar weiterhin die Könige im deutschen Profifußball, bei der Ausführung verwandeln sie sich allerdings in Bettler.

Christian Keller verteidigt den Kader weiter

Auch Christian Keller, der Sport-Geschäftsführer, zeigte sich nach dem Aus äußerst enttäuscht. „Ohne die Leistung des Gegners geringschätzen zu wollen: Als Bundesligist musst du dich in diesem Spiel definitiv durchsetzen. Wir sagen oft: Der Gegner hat eine höhere Qualität als wir. Gegen Kaiserslautern war es sicherlich so, dass wir die individuell klar besser besetzte Mannschaft auf dem Platz hatten. Das habe ich aber lange nicht gesehen. Kaiserslautern hat sehr viele Räume angeboten – am Schluss hat man gesehen, wie es geht. Auch mit zehn Mann waren wir besser als in den ersten 65 Minuten“, sagte der Sportchef und kam zu dem Fazit: „Dass wir verloren haben, hatte nichts mit der Qualität in den Beinen zu tun, der eine oder andere hat sicherlich zu viel nachgedacht.“ In der Summe habe der FC einfach nicht das gebracht, was er leistungstechnisch bringen könne. Keller verteidigte also auch nach diesem Auftritt den Kader, den er zu verantworten hat. Verwunderlich war das natürlich nicht.

Der 1. FC Köln klammert sich an die Fähigkeiten von Trainer Steffen Baumgart, der es irgendwie richten muss, der nach zwei für ihn tollen Jahren in der dritten Saison nun zunehmend aber auch selbst in der Kritik steht. „Wir sind aus dem Pokal raus und einfach in einer Scheiß-Situation. Die wird aber auch nicht besser, wenn ich hier irgendeinen Scheiß erzähle.“ Baumgart wirkte angefasster als sonst und war sicherlich auch selbst negativ überrascht, dass seine emotionale Ansage an die Mannschaft tags zuvor nicht die erhoffte Wirkung gezeigt hatte.

Baumgart muss erstmals die Trainer-Frage beantworten

Weit nach Mitternacht war es, da musste Baumgart während der Pressekonferenz auch erstmals die Trainer-Frage beantworten: „Es ist klar, dass von außen alle unruhig sind und keine Zufriedenheit da sein kann. Dafür läuft die Hinrunde einfach nicht gut genug“, stellte der Trainer klar, zeigte sich aber überzeugt, dass er die Rückendeckung der Verantwortlichen hat: „Wenn Sie mich jetzt nach meiner Situation fragen: Meine Situation hat sich nicht verändert. Wir sind klar im Umgang und wissen, was wir gemeinsam wollen. Der Druck kommt eher von außen, aber nicht von innen.“

Am Samstag geht es gegen den FC Augsburg

Viel Zeit bleibt Baumgart nicht, sein Team wieder aufzurichten und in die Verfassung zu bekommen, dass es am Samstag (15.30 Uhr) in der Lage ist, den FC Augsburg daheim zu bezwingen. Doch der hat nach dem Trainerwechsel von Enrico Maaßen hin zu Jess Thorup die Opferrolle abgestreift und präsentiert sich deutlich besser und stabiler. In Heidenheim und gegen Wolfsburg drehten die Augsburger die Spiele noch und kamen zu zwei Siegen in Folge.

Viel macht nicht Hoffnung, aber deutlich wurde, dass bei den Kölnern nach der Einwechslung von Mark Uth und Jan Thielmann auf einmal viel mehr Zug und Qualität im Spiel war. Das sah auch Baumgart so: „Dass die beiden zurück sind, das macht mir wirklich Hoffnung. Hoffen wir, dass sie auch gesund bleiben und ihre Leistung stabilisieren können. Beide gehen vorneweg, sie waren der Faktor in den letzten 25 Minuten.“

Zumindest Uths Wortmeldung klang nicht wie eine Durchhalteparole, vielmehr hat der Offensivspieler nach fast einem Jahr Leidenszeit große Lust auf Fußball: „Wir können uns nicht aufgeben. Man hat ja gesehen: Wenn wir tatsächlich Fußball spielen, sieht es auch ganz gut aus, und wir können die Tore machen. So müssen wir weitermachen.“ Ratsam wäre indes, auch mal von Anfang an die notwendige Leistung abzurufen. Vielleicht mit einem Mark Uth dann in der Startelf.