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1. FC KölnDer stille Streit zwischen Stöger und Schmadtke

Lesezeit 4 Minuten
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Peter Stöger (l.) und Jörg Schmadtke

Köln – Die Eröffnung des neuen Fanshops im Hauptbahnhof sollte ein Allerweltstermin werden. Jonas Hector war da, der zurzeit verletzte Nationalspieler, dazu FC-Ikone Toni Schumacher und Alexander Wehrle, der Geschäftsführer. Es gab eine kleine Fragerunde, und einer der Besucher ergriff das Wort: Ob die Verantwortlichen kein „mulmiges Gefühl“ hätten, so kurz nach der Trennung von Trainer Peter Stöger. Er sei übrigens eines der „10.000 Mitglieder, die gerade aus dem Verein austreten“, sagte der Mann, bevor er sein Anliegen vortrug: Die Kölner Vereinsspitze solle die Trennung als „Versteckte-Kamera-Witz entlarven“ und sich entschuldigen. Alexander Wehrle überging die Aufforderung freundlich. Die Eröffnung des Fanshops sei von langer Hand geplant gewesen, von längerer Hand jedenfalls als die Trennung vom Cheftrainer. Es sollte heute nicht um Peter Stöger gehen.

Peter Stögers überragende Qualitäten

Dass sich ein Verein dafür entschuldigen soll, sich nach 14 Bundesligaspielen ohne Sieg von seinem Trainer getrennt zu haben, ist eine kuriose Situation, die vor allem die überragenden menschlichen Qualitäten des Österreichers dokumentiert.

Das öffentlich geäußerte Mitgefühl mit Stöger (51) ist groß, die Dankbarkeit gegenüber dem Rekordtrainer ebenso. Und es waren ja überragende Jahre: Der Aufstieg, danach die Tabellenplätze zwölf, neun und fünf. Das alles nach den erfolglosesten Jahrzehnten der Vereinsgeschichte. Es schien, als könne es für immer so weitergehen. Jörg Schmadtke und Alexander Wehrle leiteten die Geschäfte, der Verein wuchs, gesundete finanziell. Und der Trainer war unendlich umgänglich; grüßte jeden am Trainingsplatz. Lebte das Kölsche Gefühl.

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Stiller Streit: Peter Stöger (l.) und Jörg Schmadtke (r.) 

Stöger verlor auch in der Krise nie seine Freundlichkeit. Am Mittwochabend vor dem Europa-League-Spiel bei Bate Borissow absolvierte Stöger am 18. Oktober die Pressekonferenz der Uefa. Es war eine kurze Runde im Hotel Marriott von Minsk. Jörg Schmadtke lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und sah schlecht gelaunt aus. Als Stöger seine Ausführungen für die weißrussischen Journalisten beendet hatte, setzte er sich noch zu den mitgereisten Reportern aus Deutschland. Und plauderte ausgiebig über die Anreise, seine Mannschaft, den Gegner, die schwierige Lage. Entspannt, freundlich, verbindlich. Seit mehr als einem Monat waren die Kölner da schon Letzter. Schmadtke besah sich die gemütliche Plauderrunde für einen Moment. Dann verschwand er grußlos.

Erste „Schmadtke raus“ Rufe in Borissow

Am nächsten Abend lieferte der FC eine weitere schaurige Vorstellung ab. 0:1 verloren sie, und der Kölner Block in der Borissow-Arena rief: „Schmadtke raus“. Noch in der Nacht flog der Kölner Tross zurück in die Heimat, und auf dem Rückflug beklagte sich Schmadtke zwei Stunden lang bei seinem Geschäftsführerkollegen Alexander Wehrle darüber, dass er alles schuld sei. Und Stöger nichts.

Drei Tage später empfing der FC Werder Bremen. Wieder funktionierten die Kölner nicht. Spielten ohne Emotionen. Am Abend gab es ein weiteres langes Gespräch zwischen Wehrle und Schmadtke. Der frühere Torhüter ist ein schroffer Typ, doch er ist sensibler, als er scheint. Sich von einem Trainer zum Abschuss freigeben zu lassen, der kein Spiel gewinnt – dazu war er nicht bereit.

Er hatte Stöger einige Transferwünsche nicht erfüllt, die beiden Männer waren darüber schon im Sommer in einen stillen Streit geraten. Als die Serie der Erfolglosigkeit länger und länger geworden war, hatte Schmadtke einen Notfallplan vorbereiten lassen: Bruno Labbadia. Doch der war bereits einige Wochen zuvor im Präsidium durchgefallen; Werner Spinner soll das entscheidende Wort gesprochen haben. Ohnehin sah Schmadtke sich angesichts der ungebrochenen Popularität des Trainers außer Stande, Stögers Entlassung auch nur vorzuschlagen. Da soll er sich für „handlungsunfähig“ erklärt haben; die Begründung dafür, den Verantwortlichen den Verein vor die Füße zu werfen. Das war am Montagnachmittag, vier Tage nach den „Schmadtke raus“-Rufen von Borissow.

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Jörg Schmadtke wollte Bruno Labbadia als FC-Trainer installieren.

Nun bebt der Verein. Kein Sportchef, kein Trainer – die Situation erinnert an das schlimme Jahr 2012, das mit dem Abstieg endete. Was viele verschweigen: Auch damals musste erst Manager Volker Finke in Folge einer verkorksten Transferphase gehen. Dann der beliebte Trainer Stale Solbakken, weil er mit einer unfitten Mannschaft der Zweiten Liga entgegenstürzte.

Donnerstag gegen Roter Stern Belgrad

Die Situation, die nun als Schablone herhalten soll für Chaos und Unfähigkeit. Dabei gab es damals wie heute Gründe für die Maßnahmen – womöglich dieselben wie jetzt? Dass die Mannschaft nicht austrainiert ist, war in den vergangenen Wochen regelmäßig zu hören. Fitnesstrainer Yann-Benjamin Kugel sagte es ein wenig zu laut, worauf Stöger ihn freistellte. Doch auch in den Gesprächen mit Kandidaten auf den Managerposten hörten die Kölner zuletzt klare Urteile: Unfitte Mannschaft. Keine Aggressivität. Unverständliche Aufstellungen.

Am Donnerstag (21.05 Uhr) in Belgrad werden die Kölner einen extrem offensiven Ansatz wählen. Werden das Deckungssystem ändern und versuchen, Schwung aufzunehmen für die letzten Spiele vor der Winterpause. Bis Weihnachten haben sie die Chance, das Ticket für die weitere Teilnahme an Europa-League und Pokal zu lösen und sich in die Lage zu versetzen, in der Rückrunde angreifen zu können. Die Aussicht darauf ist vage. Aber wahrscheinlicher, als eine öffentliche Entschuldigung für die Trennung vom Trainer.