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1. FC KölnSkhiri der gefeierte Mann – Modeste bleibt das Kopfkino erspart

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FC-Neuzugang Ellyes Skhiri (r.) dreht nach seinem Siegtor jubelnd ab, Simon Terodde kommt zum Gratulieren.

  1. Der Neuzugang entzückt mit seinem spektakulären Tor in der Nachspielzeit.
  2. Trainer Achim Beierlorzer und Jonas Hector rüttelten die Mannschaft in der Pause wach.
  3. Nach den ersten Punkten ist beim FC vor der Länderspielpause die Erleichterung spürbar.

Freiburg – Vom Glück geküsst war der 1. FC Köln in den vergangenen 23 Jahren bei Pflichtspielen in Freiburg eigentlich nie. Am Samstag schien im Glutofen des Schwarzwald-Stadions wieder fast alles gegen die mit zwei Niederlagen in die Saison gestarteten Gäste zu laufen, denn das Unglück nahm scheinbar seinen Lauf. Ein eigenes Tor war kurz vor der Pause nach Videobeweis aberkannt worden, im Gegenzug bestrafte sich der FC durch ein Eigentor aus unbedrängter Position von Rafael Czichos selbst. Die Kölner Spieler waren konsterniert, die Freiburger und erst recht ihre Zuschauer euphorisch. Am wohl letzten Hitze-Tag des Jahres sprach erneut fast alles für den Sport-Club, der seit besagten 23 Jahren daheim keine Niederlage gegen die Kölner mehr kassiert hatte.

Der FC fügt sich diesmal dem Schicksal im Breisgau nicht

Aber statt sich dem Schicksal zu fügen, zeigte der FC im zweiten Durchgang große Moral und stemmte sich gegen die Niederlage. Kapitän Jonas Hector, in der Öffentlichkeit nicht als Lautsprecher bekannt, schwang sich noch auf dem Platz zum Wortführer auf. „Jonas hat schon in der Pause vorgegeben, dass wir gewinnen wollen“, sagte Teamkollege Dominick Drexler.

Trainer rüttelt Spieler wach und stellt taktisch um

Nationalspieler Hector und danach Trainer Achim Beierlorzer („Jetzt erst recht, das war die Devise“) in der Kabine rüttelten die Spieler wach, der Coach stellte zudem um. Der FC attackierte fortan den gegnerischen Aufbau mit drei Spielern. Und Beierlorzers Mannschaft bestand den Charaktertest. Auch dank Ellyes Skhiri.

Alles zum Thema Ellyes Skhiri

Als sich wohl die meisten Zuschauer und Protagonisten auf beiden Seiten bei gefühlten 40 Grad in der Sonne mit einem Unentschieden abgefunden hatten, dass sich der FC durch eine Leistungssteigerung und das formidable Kopfball-Tor von Anthony Modeste (52.) bereits verdient hatte, nahm der Neuzugang sein Herz in die Hand und wurde durch eine enorme Energieleistung zum Matchwinner. Bereits den Ausgleich hatte der Tunesier mit einer maßgeschneiderten Flanke vorbereitet. Doch der Höhepunkt sollte noch folgen.

Skhiri lässt alle stehen und schließt Solo perfekt ab

Skhiri kam in der 92. Minute kurz hinter der Mittellinie an den Ball. Und dann rannte der Tunesier in Forrest-Gump-Manier los, profitierte erst von einem schweren Stellungsfehler von SC-Verteidiger Nico Schlotterbeck, ließ dann noch weitere Freiburger stehen und hämmerte aus spitzem Winkel den Ball in die Maschen. Ein Tor, das sich für die Kölner und ihren Anhang wie eine Explosion des Glücks anfühlte. Es geht doch, der FC kann also noch in der Bundesliga ein Spiel gewinnen.

„Der hat lange Beine, der kann das"

„Der hat lange Beine, der kann das – das wusste ich“, scherzte Modeste in Richtung Skhiri. Für Drexler war es der „Wahnsinn“, was sein neuer Teamkollege da fabriziert hatte, „solch einen Typen brauchst du in der Mannschaft.“ Und der eingewechselte Simon Terodde befand: „Dass er sich dann nach so einem Spiel bei solchen Temperaturen noch mal den Ball schnappt. Ich dachte schon: Wann spielt er denn endlich ab? So war ich froh, dass er den einfach hereingeschossen hat.“

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Es war auch gut, dass Skhiri mehr seiner Intuition vertraute und den Verstand etwas ausschaltete. „Ich wollte eigentlich zu Tony spielen“, gab der 24-Jährige zu. Aber dann habe sich die Türe geöffnet. „Ich bin weitergelaufen und habe einfach geschossen. Das Spiel war sehr schwer, es war sehr heiß. Aber ich habe noch die Energie für diesen Lauf gefunden und freue mich, dass die Mannschaft davon profitieren konnte.“ Das ganz Schwierige hatte Skhiri damit ziemlich einfach erklärt.

Bereits jetzt spricht einiges dafür, dass Sportchef Armin Veh mit dem Neuzugang aus Montpellier ein guter Griff gelungen sein könnte. „Dass er am Ende die Kraft zu so einem Lauf hat, war für mich nicht verwunderlich. Das ist wichtig und war kein Zufall“, sagte Veh. Skhiri sei laufstark, dass habe er schon in Frankreich gezeigt.

Modeste bleibt das Kopfkino erspart

Und dieser Lauf sorgte für kollektives Aufatmen im Kölner Lager vor der Länderspielpause. „Wenn du keine Punkte vor der Länderspielpause gehabt hättest, wäre das Kopfkino losgegangen. Deswegen war es so wichtig, dass wir heute gewonnen haben“, sagte Modeste. 2017/18 hatte der FC ohne den nach China transferierten Top-Torjäger Modeste die Saison mit fünf Pleiten begonnen, sich vom Katastrophen-Start nie wirklich erholt und stieg am Ende trostlos ab.

Heuer macht die Mannschaft einen anderen Eindruck. Und deshalb durfte Trainer Beierlorzer durchaus zu Recht konstatieren: „Wir sind auf dem richtigen Weg, haben dafür jetzt die ersten drei Punkte verdient. Das war sehr wichtig.“

Testspiel ohne Fans und Medien in Eindhoven

Vor der Länderspielpause am kommenden Wochenende hat der 1. FC Köln ein Testspiel vereinbart: Der Aufsteiger tritt am Mittwochmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit beim PSV Eindhoven an. Nicht mit dabei sein werden die Nationalspieler Jonas Hector (DFB), Noah Katterbach (DFB U19), Ellyes Skhiri (Tunesien), Sebastiaan Bornauw (Belgien U21), Florian Kainz (Österreich) und Darko Churlinov (Mazedonien).

Kingsley Ehizibue ist in Freiburg aufgrund von Schwindelgefühlen zur Pause ausgewechselt worden. Der Verteidiger hatte einen Schlag von Nils Petersen abbekommen und wirkte benommen.