Köln – Die Mitarbeiter im Fanshop am Geißbockheim müssen leider passen: Steffen Baumgarts graue Schiebermütze, die Gatsby Cap „Pin“, die ist mehr oder weniger seit dem Testspiel gegen Fortuna Köln nicht mehr zu bekommen. Zwischendurch war sie mal da, dann aber auch jeweils sofort wieder vergriffen. Die Produktionskapazitäten seien selbstverständlich erhöht worden, man gebe sich alle Mühe. Doch vorerst sieht es danach aus, als bestehe vor Ende Oktober wenig Hoffnung, eine zu bekommen.
Die Partie gegen Fortuna Köln war die Premiere der Schiebermütze. Sieben Wochen ist das 4:0 im Südstadion nun her, damals war Baumgart gerade vier Tage mit seiner neuen Mannschaft zusammen, doch die Bereitschaft, sich für den neuen Trainer zu begeistern, war schon damals überall spürbar. Mittlerweile haben die Kölner vier Pflichtspiele absolviert, von denen sie drei gewonnen haben. Jeweils trug Baumgart seine Mütze, längst hat man ihm die 72 draufgeflockt, sein Geburtsjahr. Die Spieltagsmütze ist in Rekordzeit zum Klassiker geworden.
Steffen Baumgart überwindet die Skepsis beim 1. FC Köln
Steffen Baumgart, der 49-jährige Rostocker, ist in Köln willkommen geheißen worden wie lange kein Trainer mehr. Die tiefe Skepsis, die nach mehr als 20 Jahren im Fahrstuhl zwischen den Ligen Teil des Kölner Markenkerns ist – Baumgart hatte sie überwunden, noch bevor das erste Spiel absolviert war. Der Umgang mit Fans und Mannschaft scheint sich für Baumgart sehr natürlich anzufühlen. Er selbst jedenfalls findet das alles nicht allzu besonders: „Grundsätzlich wird viel übertrieben“, sagte er in dieser Woche im Podcast „Der Sechzehner“.
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Die Kölner spielen mit sagenhafter Intensität, nur der FC Bayern zeigt noch höhere Laufleistungen. In allen Parametern, die im Fußball Arbeit in Zahlen darstellbar machen, liegen die Kölner unter den Top-3: Sprints, intensive Läufe. Dazu kommen Mut und Leidenschaft, gezaubert wird wenig.
Baumgart will sich einen 1. FC Köln gar nicht anders vorstellen: „Der Verein hat eine solche Wucht und eine Power, da muss man sich auch entsprechend bewegen“, findet er: „Fußball bedeutet Arbeit, Mentalität und Laufbereitschaft, und das in erster Linie. Das Spielen kommt an zweiter Stelle.“ Seine Spieler, das seien ja alles gute Fußballer, sonst spielten sie nicht in der Bundesliga. Allerdings haben die Kölner nun mit beinahe demselben Personal sechs Punkte aus drei Spielen geholt, das sich und die Fans in den vergangenen Jahren noch von Spiel zu Spiel quälte.
Bessere Arbeiter, stärkere Athleten
Baumgart hat aus den Kölnern keine besseren Fußballer gemacht. Aber bessere Arbeiter, stärkere Athleten. Und er vermittelt den Spielern das Gefühl, dass jeder gebraucht wird. Der Fußball sei derart athletisch geworden, da sei es nicht mehr denkbar, mit einem Kern von 13, 14 Feldspielern durch die Saison zu kommen. Baumgart wechselt viel, er vertraut seinen Leuten. „Die Jungs können das“, sagt er oft und meint das ernst.
Als er Dejan Ljubicic unmittelbar vor dessen Bundesligadebüt gegen Hertha BSC darüber informierte, dass er auf der zentral-offensiven Mittelfeldposition spielen werde, wo er noch nie in seinem Leben aufgelaufen war, erklärte Baumgart dem Österreicher deutlich seine Rolle: Berlins Boateng zur Last fallen, Tempo machen – vielleicht noch ein paar feine Bälle spielen, mehr nicht. Ljubicic zeigte ein herausragendes Spiel – im neuen Team, auf einer ungewohnten Position. „Manchmal glaubt der Trainer mehr an den Spieler als der Spieler selbst“, sagte Baumgart dazu. Es ist eine Erklärung dafür, dass die Kölner Mannschaft derzeit so hervorragend funktioniert: Jeder weiß, was er zu tun hat. Und wo er beim Trainer dran ist.
Vertrauen ins Personal des 1. FC Köln
Weiteres Personal hat Baumgart in dieser Transferphase nicht mehr bekommen, er stört sich nicht daran. Er neige nicht dazu, Spieler anderer Vereine grundsätzlich als besser zu empfinden als die eigenen, im Gegenteil: „Die Spieler, die nachhaltig Leistung bringen, das sind immer die Spieler, die lange im Verein sind, den Verein lieben und eine ganz besondere Power reinbringen.“ Auch deswegen liegen ihm Profis wie Timo Horn, Jonas Hector, Rafael Czichos und auch Anthony Modeste so am Herzen. Auf die könne man sich verlassen, sagt Baumgart, daher sein Rat: „Nicht immer nur die feiern, die mal kommen.“
Der Glaube ist stark bei den Kölnern. Er wolle seine Idee unabhängig von den Resultaten etablieren, erst recht gegen die Spitzenteams, Baumgart selbst sagt: „Auf Dauer wirst du mit diesem Fußball mehr gewinnen als verlieren“, hinzu kommt, dass angesichts der Rückkehr der Fans eine Ausrichtung von Vorteil ist, die der Heimelf eine Torszene nach der anderen beschert. Anlässlich der Heimsiege bebte Müngersdorf. Die Menschen waren hingerissen. Baumgart will mehr davon. Nach zwei Monaten beim FC steht eins für ihn fest: „Der Verein hat es verdient, wieder andere Zeiten zu erleben.“