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Kölns begehrtes Torwart-Talent Urbig„Jonas hat einen klaren Karriereplan im Kopf“

Lesezeit 6 Minuten
1. FC Köln vs. Karlsruher SC, 7. Spieltag, 29.09.2024, 13.30 Uhr, Jonas Urbig (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Hat mit 21 Jahren bereits 58 Zweitliga-Spiele bestritten: FC-Torhüter Jonas Urbig

Kölns ehrgeiziger U21-Nationaltorhüter Jonas Urbig will in der kommenden Saison erstklassig spielen – mit dem FC oder einem anderen Klub.

Die vielen Verlockungen in der pompösen (Schein-)welt eines jungen Fußballprofis, die manchmal auch den Blick für das Wesentliche trüben können, sind ohnehin nicht seins. Jonas Urbig mag es bodenständig, eher ruhig, er ist sehr gefestigt. In seiner Freizeit spielt der Torhüter gerne Klavier oder geht mal in ein Café. Und früh ins Bett, er schläft in der Regel acht Stunden. Und zu einer Zeit, in der andere sich noch im Bett wälzen, legt er vor dem offiziellen Training auch schon mal eine Einheit im Kraftraum hin.

Jonas Urbig gilt beim 1. FC Köln als Musterprofi, der ungemein fokussiert auf seinen Job und seine Karriere ist. Zwar hat er auch einen eigenen Instagram-Account, der gehört ja irgendwie dazu, doch der ist nicht viel aufregender als das „Wort zum Sonntag“. Letzter eigener Beitrag, der erst fünfte in diesem Jahr, nach dem jüngsten 2:0-Heimsieg gegen Ulm: „Heimsieg – abgehakt. Drei Punkte – abgehakt. Zu Null – abgehakt.“ Garniert mit ein paar unspektakulären Fotos.

Der Torhüter Urbig ist dagegen spektakulär und spannend. Ohne Frage zählt der U21-Nationalspieler zu den größten Torwarttalenten in Deutschland, vielleicht ist er das größte Talent. Eines, das mit erst 21 Jahren bereits seine dritte Zweitliga-Spielzeit absolviert. Erst in Regensburg, dann in Fürth und jetzt in Köln hat er sich auf Anhieb als Nummer eins durchgesetzt. Ihm steht die Zukunft offen, er dürfte vor einer großen Karriere stehen. Womöglich, vielleicht wahrscheinlich, aber nicht in Köln. Da gibt man sich rund um das Geißbockheim gar keinen großen Illusionen hin.

1. FC Köln: Jonas Urbig ist im Visier der Top-Klubs

„Wir wissen, dass Jonas Urbig eines der größten Torwart-Talente des Landes ist. Die dementsprechend hohen Erwartungen, die wir vor der Saison an ihn hatten, hat er bisher erfüllt. Trotzdem ist seine Entwicklung noch nicht beendet und er hat noch Steigerungspotenzial. Seine Entscheidungsfindung unter Druck muss er beispielsweise noch verbessern, das haben Spiele wie in Düsseldorf gezeigt“, sagt Christian Keller, der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein überschwängliches Lob ist das nicht, eher ein recht nüchternes Fazit. Doch Keller hatte, obwohl noch nicht einmal der Cheftrainer für die neue Saison feststand, bereits früh auf den von seiner Leihe aus Fürth zurückgekehrten Urbig gesetzt und erklärt, dass nach dem Abstieg Urbig und nicht der bisherige und acht Jahre ältere Stammtorhüter Marvin Schwäbe als Nummer eins in die neue Saison geht.

Die war in der Tat noch nicht die optimale für Urbig, der die Spielzeit mit einem kapitalen Fehler im Spiel gegen den HSV (1:2) unglücklicher kaum beginnen konnte. Der sich dann aber überhaupt nicht davon verunsichern ließ. Urbig glänzt zwar nicht immer, zeigt hier und da Wackler, der Druck beim Traditionsklub ist schließlich auch ein anderer als in Regensburg oder Fürth. Aber er zeigt stets auch sein großes Potenzial als kompletter Torwart. Er ist stark auf der Linie, ebenso in der Strafraumbeherrschung und vor allem am Ball. Der beidfüßige Keeper erinnert da an den jungen Manuel Neuer, den er als ein Vorbild bezeichnete. Und vielleicht tritt Urbig einmal in dessen – zugegeben – große Fußstapfen. Der Weg ist indes noch weit.

„Für Jonas kann es in seiner Karriere ganz weit nach oben gehen, wenn er weiter beständig an seiner Entwicklung arbeitet. Jonas ist ein kompletter Torhüter, der alles mitbringt, der in allen Bereichen des Torhüterspiels herausragend talentiert und dazu für sein junges Alter auch mental ungemein stark ist“, weiß Keller natürlich, was für ein Talent der FC hat. Und das natürlich auch bei anderen Klubs, Top-Klubs, große Begehrlichkeiten weckt.

Dazu kommt, dass Urbig beim Zweitligisten nur noch einen Vertrag bis Juni 2026 hat. Eigentlich darf erst sechs Monate vor Ablauf eines Kontrakts über einen Wechsel gesprochen werden – soweit die Theorie. Doch Bayern München, so berichteten unter anderem die Springer-Medien, soll den jungen Kölner Torwart nicht nur intensiv beobachtet, sondern auch mit seiner Seite Gespräche geführt haben. Auch bei anderen Top-Klubs in Deutschland und Vereinen in der Premier League steht Urbig auf dem Zettel. Da dieser ab dem kommenden Sommer nur noch ein Jahr beim FC unter Vertrag steht, wäre trotz seines Potenzials die Ablöse überschaubar. Brancheninsider taxieren sie bei einem Wechsel innerhalb Deutschlands auf sechs Millionen Euro, die Engländer dürften bereit sein, mehr zu zahlen. Verliert der FC also erneut ein großes Talent?

Die Kölner könnten zwar auch ihr Veto einlegen, würden im Folgejahr aber finanziell komplett leer ausgehen. Nach Informationen dieser Zeitung gab es allerdings weder zwischen Urbigs Seite und Bayern noch anderen Klubs Gespräche. Jedenfalls noch nicht. Zudem würde der Torhüter auch nur zu einem Verein wechseln, in dem er auf Anhieb große Chancen hätte, die Nummer eins zu sein. Bei der A-Nationalmannschaft ist das auf absehbare noch nicht der Fall, deshalb soll sich Urbig derzeit bestens mit der U21-Auswahl des DFB arrangieren können.

Beim FC hat Urbig seinen Stammplatz sicher – allerdings in Liga zwei. Die Kölner würden zwar liebend gerne den Vertrag mit dem Keeper verlängern, sind allerdings auch nicht naiv. Und aufseiten des Torwarts, so war zu erfahren, gibt es derzeit keine Bereitschaft, Vertragsgespräche mit dem FC aufzunehmen. Denn noch nicht einmal die zukünftige Liga-Zugehörigkeit der Kölner ist geklärt. Fest steht hingegen: Urbig hat einen klaren Karriereplan. Und der sieht für die kommende Saison den Durchbruch in einer ersten Liga vor, heißt es. Selbst bei einem Kölner Aufstieg sei nicht gesagt, dass Urbig bliebe. Aber eben auch nicht ausgeschlossen.

Jonas ist ein sehr ehrgeiziger Typ, der einen klaren Karriereplan im Kopf hat. Sein Ziel ist es, im nächsten Entwicklungsschritt in der Bundesliga zu spielen.
Christian Keller, Kölns Sport-Geschäftsführer, über Urbig

Die Kölner versuchen, sich zu gelassen zu geben. Zu den Gerüchten um Urbig entgegnet Keller: „Wir bleiben da ganz ruhig, Jonas hat bei uns einen laufenden Vertrag. An uns ist noch kein Verein herangetreten.“ Doch auch Keller rechnet zukünftig mit konkreten Anfragen: „Aber man muss kein Prophet sein, dass das bei einem Torhüter seines Potenzials irgendwann passieren wird. Jonas ist ein sehr ehrgeiziger Typ, der einen klaren Karriereplan im Kopf hat. Sein Ziel ist es, im nächsten Entwicklungsschritt in der Bundesliga zu spielen. Am liebsten wäre allen, dass dies mit dem 1. FC Köln der Fall ist.“

Und was seine Karriereplanung angeht, ist Urbig breit aufgestellt. Bereits seit einigen Jahren arbeitet er mit dem Kölner Unternehmen Gokixx zusammen, für das auch Matthias Sammer tätig ist. Es unterstützt insbesondere junge Profifußballer bei der Beratung, Vermarktung und Vermittlung von Dienstleistern wie Spielerberatern. Roof ist die Agentur, die sich bei Urbig um Vertragsangelegenheiten kümmert. Sie zählt zu den größten der Branche, die die Karrieren von Kai Havertz, Serge Gnabry oder von Torhüter Marc-André ter Stegen vorantrieb. Und natürlich hat auch das Wort von Vater Kurt Urbig großes Gewicht, früher selbst ein Torhüter.

Kompletter Umbruch im FC-Tor?

Möglich ist sogar, dass sich der 1. FC Köln demnächst im Tor komplett neu aufstellen muss. Der enttäuschte Schwäbe sollte und wollte die Kölner bereits im Sommer verlassen, fand aber nicht den für ihn passenden Verein. Das Ziel des bisherigen Stammtorhüters ist es, so war zu erfahren, den FC jetzt in der Winter-Transferperiode zu verlassen. Schwäbe, der vor etwas mehr als einem Jahr noch im Dunstkreis der Nationalmannschaft war, beruft sich auf die Wechsel-Zusage der Kölner. Und auch Nachwuchs-Torhüter Jonas Nickisch (20), der derzeit noch nicht einmal im Regionalliga-Team zum Zuge kommt, drängt auf einen Transfer im Winter. Doch die wichtigste und spannendste Personalie ist die von Jonas Urbig, dem „Auserwählten“.