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Analyse zum Kölner 2:1 gegen BochumGänsehaut-Momente und neue Hoffnung nach irrem FC-Finish

Lesezeit 6 Minuten
Steffen Tigges, Stürmer des 1. FC Köln, jubelt nach dem erlösenden Ausgleich kurz vor Schluss über sein erstes Saisontor.

Steffen Tigges, Stürmer des 1. FC Köln, jubelt nach dem erlösenden Ausgleich kurz vor Schluss über sein erstes Saisontor.

Der 1. FC Köln stemmt sich gegen sein Schicksal und dreht in der Nachspielzeit dank seiner Joker die Keller-Partie gegen den VfL Bochum.

Der 1. FC Köln kann nach einem Last-Minute-Erfolg gegen den VfL Bochum weiter auf den Klassenerhalt hoffen. Die Mannschaft von Timo Schultz gewann in einer irren Schlussphase noch mit 2:1 und steht damit nur noch vier Punkte hinter den Bochumern und einem direkten Nichtabstiegsplatz. Der Abstiegskrimi in der Analyse.

Das Wichtigste zuerst: Einwechselspieler Steffen Tigges und Luca Waldschmidt erlösen den 1. FC Köln

Was für eine dramatische Nachspielzeit! Was für ein irres Finish! Und was für ein – zumindest gefühlter – Sprung aus der Gruft! Als Luca Waldschmidt nach dem Ausgleich nur eine Minute zuvor tatsächlich auch noch zum 2:1-Siegtreffer eingeköpft hatte, gab es in Müngersdorf kein Halten mehr.

Die Kölner Bank stürmte den Platz, der Siegtorschütze drehte zum wilden Jubellauf ab. Das Rhein-Energie-Stadion explodierte förmlich. Der 1. FC Köln hatte sein Heimspiel gegen den Keller-Konkurrenten VfL Bochum doch noch komplett gedreht und mit 2:1 gewonnen. Dank seiner Joker: Steffen Tigges mit seinem ersten Tor für den FC seit dem 20. Mai 2023 (damals beim 1:1 in Bremen) und Waldschmidt nach Flanke des erst in der 84. Minute eingewechselten Benno Schmitz trafen noch zum unfassbar wichtigen Heimsieg.

Hätten die lange Zeit enttäuschenden und gelähmt wirkenden Kölner nicht mehr getroffen, hätte ihr Rückstand auf den FSV Mainz 05 bereits vier Punkte betragen, Bochum wäre sogar mit zehn Punkten Vorsprung enteilt. Doch jetzt ist die Situation anders: Der FC hat einen Zähler Rückstand auf die Mainzer, die den designierten Absteiger Darmstadt mit 4:0 bezwangen. Und Bochum ist jetzt nur noch vier Punkte entfernt.

Am kommenden Samstag tritt die Mannschaft von Trainer Timo Schultz, der mit seinen Wechseln ein absolut glückliches Händchen bewiesen hatte, beim FC Bayern an. Und sollte der FC doch tatsächlich beim vogelwilden Rekordmeister gewinnen, dann hätte er nicht nur einen Coup gelandet, sondern den Nachbarn und Rivalen Bayer 04 Leverkusen, der erst am Sonntag gegen Bremen spielt, bereits vorzeitig zum Meister gemacht. Sachen gibt’s…

Die Tore: Joker von Timo Schultz stechen in der Schlussphase

Bochum ging in der 53. Minute durch Felix Passlack in Führung. Nach einem Ballverlust von Jan Thielmann schickte Kevin Stöger Moritz Broschinski auf links in die Tiefe. Der VfL-Stürmer legte quer auf den mitgelaufenen Passlack. Der von Max Finkgräfe noch abgefälschte Schuss landete im linken Toreck.

In der Nachspielzeit folgte der Kölner Doppelschlag: Nach einer gefährlichen Ecke von Florian Kainz an den ersten Pfosten beförderte Steffen Tigges per Kopf den Ball ins lange Eck zum 1:1 (91.). Großer Jubel beim FC, doch es wurde rund eine Minute später noch viel besser: Nach einer präzisen Flanke von Benno Schmitz (die Wiedergeburt des „kölschen Cafu“) an den Fünfer stieg Luca Waldschmidt hoch und köpfte den Ball ins rechte Toreck zum 2:1-Siegtreffer.

1. FC Köln – VfL Bochum: Das war gut

Die Moral der Kölner, die sicherlich von vielen schon abgeschrieben waren, und die Wechsel von Schultz. Neben den Torschützen brachten auch Denis Huseinbasic und Faride Alidou Schwung.

1. FC Köln – VfL Bochum: Das war schlecht

Spielerisch war der Vortrag der Kölner über weite Strecken eine Enttäuschung am Rande der Zumutung. Das Bemühen war dem FC zwar nicht abzusprechen, doch vor allem im Offensivspiel gelang wenig bis nichts. Es war ein schwaches Spiel zweier Mannschaften mit einer überaus schwachen Passquote, das sich allerdings aus Kölner Sicht noch ein überragendes Ende aufgespart hatte.

Zudem gibt es wohl einen Wermutstropfen: Davie Selke droht womöglich das Saisonaus. Der Stürmer musste nach 68 Minuten ausgewechselt werden und konnte mit seinem linken Fuß nicht mehr auftreten. Es war jener Fuß, den er sich im Januar gebrochen hatte. „Das sah schrecklich aus“, schilderte Mitspieler Steffen Tigges. Selke soll am Sonntagvormittag in der MediaPark-Klinik untersucht werden.

Mann und Moment des Spiels

Luca Waldschmidt, der jüngst erst aus seiner langen Verletzungspause zurückgekehrt war, sorgte mit seinem Tor für einen Gänsehaut-Moment in Müngersdorf, der – Spoiler – sogar gestandene Männer auf den Tribünen zum Weinen brachte. So etwas gab es in Köln gefühlt eine Ewigkeit nicht mehr.

Das sagen die Trainer und Spieler

Timo Schultz (1. FC Köln): „Jeder hat gesehen, dass es für beide Teams um sehr viel ging. Wir sind zwar permanent angerannt und hatten auch Abschlusssituationen, sind aber nicht gefährlich genug gewesen. Am Ende haben wir die Fesseln nochmal abgelegt. Es spricht für meine Mannschaft, dass sie in der Nachspielzeit zwei Tore macht. Wir sind sehr happy über den Sieg, ich denke, das muss ich niemandem erzählen. Das Stadion und die Zuschauer hatten heute einen Riesenanteil, dass wir das Spiel noch gedreht haben. Die Fans haben immer wieder kleinste Anlässe genutzt, um uns zu pushen. Bei jeder Ecke. Bei jedem Einwurf. Ich glaube, nicht in jedem Stadion wäre so ein Finish möglich gewesen. Aber mit diesen Fans im Rücken ist das möglich. Wenn man der Mannschaft eins nicht nehmen kann, dann ihren tollen Charakter. Sie opfern sich auf und schmeißen sich in alles rein. Es wird unser größtes Faustpfand sein, dass wir als Gruppe ganz eng zusammen sind am Geißbockheim. Für die kommende Phase sind wir bereit.“

Thomas Letsch (VfL Bochum): „Im Moment herrscht eine große Leere. Das tut weh und dementsprechend ist bei uns allen aktuell die Stimmung.“ Eine mögliche Trainerdiskussion und das Thema Rückendeckung im Verein wollte Letsch nicht kommentieren. „Darüber mache ich mir ehrlich gesagt im Moment keine Gedanken. Ich bin einfach nur enttäuscht, dass wir hier ein Spiel verloren haben. Alles andere interessiert mich gerade relativ wenig.“

Steffen Tigges (FC-Torschütze): „Für solche Momente lebt man als Spieler: Dass man reinkommt und das Spiel in eine andere Bahn lenkt. Wir haben die Rettung in der eigenen Hand. Wir haben nach Bayern fast nur noch direkte Konkurrenten.“

1. FC Köln – VfL Bochum: Das sagen wir

Dieses Spiel kann dem FC einen mentalen Kick im Abstiegskampf geben. Und beim VfL Bochum, der einen wahren Anti-Lauf hat und nach dem 2:2 gegen Darmstadt erneut einen Sieg aus der Hand gab, wiederum kann es zum Knacks führen. Zur Wahrheit gehört indes auch: Bis zum Finish hatte es beim 1. FC Köln ganz düster ausgesehen, die Abstiegsangst war förmlich zum Greifen.

Bis dato war der Kölner Mannschaft die Unterstützung ihrer Fans immer sicher, trotz mancher spielerischen Grausamkeit hatten sie ihren FC immer wieder angetrieben. Doch als dem Schultz-Team nichts mehr gelingen wollte und es so aussah, als ob Bochum den Sieg über die Zeit bringen würde, drohte die Stimmung zu kippen. „Wir wollen euch kämpfen sehen“, skandierten viele Fans unüberhörbar. Aber das tat die Kölner Mannschaft dann auch. Als der Ausgleich fiel, trieben die Anhänger den FC dann wiederum zum Sieg.

Es war ein Moment, der eine bisher furchtbare Saison doch noch zu einem versöhnlichen Ende bringen könnte. Der FC hat sein Schicksal wieder in der eigenen Hand. Natürlich, Mainz 05 macht derzeit einen besseren Eindruck als die Kölner, zudem muss der FC noch beim FSV antreten. Aber es ist ja auch nicht ausgeschlossen, dass das Schultz-Team in Mainz gewinnt. Und Bochum muss diesen Nackenschlag erst einmal verkraften, vielleicht überholen am Ende sogar noch Mainz und Köln den VfL. Das wurde erst durch das wahnsinnige Finish in Müngersdorf möglich.