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1. FC Köln vor Endspiel in Heidenheim„An letzten Spieltagen passieren die wundersamsten Sachen“

Lesezeit 5 Minuten
Timo Schultz geht mit viel Zuversicht in den letzten Bundesliga-Spieltag.

Timo Schultz geht mit viel Zuversicht in den letzten Bundesliga-Spieltag.

Schultz betont den guten Geist seiner Mannschaft und plant bereits die Relegation.

Grundsätzlich ist der Vortrag des Personal-Bulletins vor einem Bundesligaspiel eher eine Randnotiz wert: Spieler A fällt aus, während Spieler B wieder fit ist und man bei den Spielern C bis F noch abwarten muss. Am Wochenende fällt dann in der Regel Spieler G kurzfristig aus. Sehr vage also das alles, doch als Timo Schultz am Donnerstag gefragt wurde, ob Max Finkgräfe und Luca Waldschmidt spielfähig seien für das Bundesliga-Finale am Samstag (15.30 Uhr) beim 1. FC Heidenheim, lieferte er praktisch im Vorbeigehen einen Beweis seiner Zuversicht. „Ob es für Heidenheim reicht oder erst für nächste Woche, steht noch nicht fest“, sagte der Trainer des 1. FC Köln, ohne auch nur zu blinzeln.

Das war ein beachtlicher Satz, denn es ist derzeit offen, ob es für den 1. FC Köln in dieser Saison eine weitere Wettkampfwoche geben wird. Wie ebenfalls noch nicht entschieden ist, ob Schultz weitere Wochen als Trainer am Geißbockheim erleben wird. Denn der 1. FC Köln muss am Samstag nicht nur in Heidenheim gewinnen, um auf 30 Punkte zu kommen, die zwar ein jämmerliches Resultat der Saison 2023/24 bedeuteten. Die aber reichen könnten, um sich in die Relegationsspiele gegen Fortuna Düsseldorf zu retten.

Es ist keine normale Woche, es ist keine normale Situation. An letzten Spieltagen passieren die wundersamsten Sachen
FC-Trainer Timo Schultz

Allerdings müsste dafür noch Union Berlin daheim gegen Freiburg verlieren und Köln drei, wohl eher vier Tore Differenz gutmachen. Das ist alles sehr unwahrscheinlich, hat aber auch eine gute Seite: Würde es klappen, wäre es ein ausgemachtes Wunder. Und wer will so etwas nicht erleben?

Schultz jedenfalls geht die Sache mit kühlem Pragmatismus an. „Wir wissen, dass wir in vielen Eventualitäten denken müssen. Wir wissen aber vor allem, dass wir unser Spiel gewinnen müssen“, sagte der Ostfriese am Donnerstag. Er hofft auf den Zauber des letzten Spiels; auf eine Ausnahmesituation, in der plötzlich alles möglich ist. Der völlige Absturz ebenso wie der umfassende Triumph. „Es ist keine normale Woche, es ist keine normale Situation. An letzten Spieltagen passieren die wundersamsten Sachen“, beschreibt er.

Man werde nicht frühzeitig die Nerven verlieren, denn Wunder, so die Erfahrung des 46-Jährigen, entstünden „manchmal auch erst sehr spät im Spiel. Wir sind brutal zuversichtlich, wir haben einen riesigen Push bekommen durch das letzte Spiel. Das wollen wir nach Heidenheim mitnehmen.“

Vor einer Woche drehten die Kölner im direkten Duell mit Union Berlin einen frühen 0:2 Rückstand noch in einen 3:2-Sieg, dieses Resultat wird eines Tages von den Historikern einbezogen werden müssen bei der Beurteilung, wie gewaltig dieses Aufstiegswunder gewesen sein wird. Wenn es denn eingetreten sein sollte.

Die Kölner sind abhängig vom Resultat in Berlin, das wird sie zeitweise ablenken. Doch Schultz hat sich vorgenommen, seine Priorität auf den eigenen Sieg über Heidenheim zu legen. „Man kann sich nicht von den anderen Spielständen freimachen. Aber es ist mir relativ egal. Da werden jetzt keine acht Leute sitzen und permanent irgendwelche Spielstände durchgeben. Wir müssen es berücksichtigen, das gehört zur Professionalität. Aber für mich als Trainer liegt der Fokus ausschließlich auf unserem Spiel.“

Der Geist seiner Mannschaft hat den Trainer in den vergangenen Tagen beeindruckt. Jeff Chabot, das wäre tatsächlich mehr als nur eine Randnotiz wert vor dem 34. Spieltag, meldete sich am Donnerstag kränklich vom Training ab. Doch Schultz setzt auf den Innenverteidiger. „Jeff ist ein zäher Hund. Ich gehe davon aus, dass er morgen wieder zur Verfügung steht“, sagte er. Insgesamt beobachte er, dass seine Spieler nur noch sehr wenig Rücksicht auf sich selbst nehmen. „Alle sind im Training, egal, ob mehr oder weniger fit oder angeschlagen. Alle wollen dabei sein. Wir hatten eine Mega-Intensität auf dem Trainingsplatz, voller Energie. Es kann losgehen“, beschrieb Schultz.

Jeff Chabot verpasste am Donnerstag erkrankt das Training, doch Timo Schultz hofft auf seinen Abwehrchef.

Jeff Chabot verpasste am Donnerstag erkrankt das Training, doch Timo Schultz hofft auf seinen Abwehrchef.

Die Mannschaft wird per Flugzeug nach Augsburg reisen und von dort weiter auf die Ostalb. Auch die verletzten und gesperrten FC-Profis haben sich bereits um Plätze im Flieger beworben. Die Chance, bei einem leibhaftigen Wunder dabei zu sein, will niemand verpassen. „Alle wollen dabei sein, ihren Teil dazu beitragen und Energie in diese Gruppe geben. Das Gefühl als Trainer, wenn du eine solche Gruppe vor dir hast: Die nicht nur am Samstag bis zum Ende daran glaubt und das Ding noch umbiegt. Sondern die auch in der Woche zeigt, dass sie eine Einheit ist und unbedingt diesen Strohhalm greifen will. Das ist ein super Gefühl.“

Die Konstellation vor der Schlussrunde darf Schultz auch als persönlichen Bonus verbuchen. Die Kölner schienen in dieser Rückrunde mehrfach unrettbar verloren. Doch mit fünf Punkten aus den letzten drei Partien haben sie sich ihre Chance erkämpft. „Es geht bis zum letzten Spieltag um alles, das ist schon ein kleiner Erfolg. Wenn wir die Relegation erreichen, ist das ein noch größerer Erfolg“, sagt Schultz.

1. FC Köln erwartet Tausende mitreisende Fans

Tausende Fans werden die Kölner begleiten, weit mehr, als das Kontingent von etwas mehr als 2000 Gästetickets erwarten lassen würde. Die FC-Profis nehmen das alles auf, Schultz wirkte beinahe euphorisch bei der Aussicht, dieses große Duell spielen zu dürfen. Und dann noch zwei weitere. „Wenn das am Wochenende ein gefühltes Heimspiel wird, zeigt das nur, wie sehr auch die Fans an uns glauben. Wir fahren dahin, um das Spiel zu gewinnen. Und dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es weitergeht.“