Das siebte Jahrzehnt des 1. FC Köln war geprägt von Aufstieg und erneutem Niedergang des Traditionsvereins.
75 Jahre 1. FC KölnDas siebte Jahrzehnt: Historischer Erfolg und erneuter Rückschlag
Das siebte Jahrzehnt des 1. FC Köln begann so unruhig, wie schon die zehn Jahre davor verlaufen waren. Der FC hielt sich nach dem Aufstieg 2008 unter Trainer Christoph Daum in der Liga. Der Portugiese Petit und Pedro Geromel aus Brasilien stabilisierten die Defensive, Köln bemühte sich um einen seriösen Fußball.
In der Winterpause verkündete der Verein Lukas Podolskis Rückkehr zur neuen Saison. Dennoch machte Daum im Juni überraschend von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und verließ Köln mit dem Hinweis darauf, er wolle „nicht bei einer Bank“ arbeiten. Daum fehlte in Köln die Perspektive – er wechselte einmal mehr in die Türkei, zu Fenerbahçe. Es kam Zvonimir Soldo, ein in jeder Hinsicht defensiver Mann. Köln wurde mit dem wortkargen Kroaten Dreizehnter und schien auf bestem Weg, sich im gesicherten Mittelfeld der Ersten Liga zu etablieren, was nach den Jahren im Fahrstuhl nicht die schlechteste Aussicht war.
Doch zur Saison 2010/2011 fand der FC den Selbstzerstörungsknopf wieder – und drückte ihn beherzt. In den ersten neun Spielen gelang nur ein Sieg, was zu Soldos Entlassung führte. Frank Schaefer übernahm, und Köln erlebte eine legendäre Mitgliederversammlung, anlässlich derer Manager Michael Meier für jedes Wort ausgebuht wurde.
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Vizepräsident Friedrich Neukirch, der Wolfgang Overath in diesen Jahren das öffentliche Sprechen oft abnahm, scheiterte bei allem Charme kläglich daran, die Stimmung auch nur halbwegs zu retten. Wenige Wochen später war Meiers Mission beim FC zu Ende, es folgte Volker Finke. Und der FC wurde wieder hysterisch. Im April 2011 warf Schaefer hin, zuvor hatte er bereits erklärt, nicht über die Saison hinaus FC-Trainer bleiben zu wollen. Doch der aufrechte Fußball-Lehrer ertrug die Einstellung seiner Spieler nicht mehr, die mehr eine Ansammlung außer Kontrolle geratener Egos waren als eine Fußballmannschaft.
Dennoch reagierte Finke wenig verständnisvoll. Die Mannschaft sei wohl schlecht zusammengestellt, das schon. Aber „Kindergeburtstagsharmonie“ brauche es nun auch wieder nicht. Finke gab sein Comeback als Trainer, gewann die drei ausstehenden Saisonspiele und verpflichtete anschließend Stale Solbakken zur neuen Saison. Der Norweger brachte die Mannschaft mit einer nicht ganz ausgereiften Taktik und viel zu geringem Trainingspensum in einen Zustand, der es seinem Nachfolger nicht mehr ermöglichte, noch etwas zu retten. Die Mannschaft war schon allein körperlich nicht mehr in der Lage, sich noch gegen den Abstieg zu wehren.
Im November hatte der Vorstand um Wolfgang Overath den Mitgliedern ihren Verein bereits ohne Warnung vor die Füße geworfen. Im April übernahm Werner Spinner einen Klub, der wirtschaftlich vor dem Aus stand und sportlich wieder einmal am Boden lag. Am letzten Spieltag der Saison 2011/12 hüllten die Fans die Südtribüne in schwarzen Rauch, stürmten den Innenraum und jagten die Spieler aus dem Stadion. Das Shirt mit seiner Abschiedsbotschaft, das Lukas Podolski in seinem letzten Spiel für den FC unter dem Trikot trug, bekamen die Zuschauer nicht zu sehen. Es tauchte später bei der Ausstellung zum 70. Geburtstag des Vereins im Olympiamuseum auf.
Holger Stanislawski übernahm die Mannschaft, verpasste allerdings den sofortigen Wiederaufstieg und trat zurück, weil ihm alles zu viel wurde. Im Frühjahr 2013 stand der 1. FC Köln damit ohne Chefcoach, ohne Sportdirektor, ohne Geld und ohne Mannschaft da. Zum Auftakt der Vorbereitung begrüßte Torwarttrainer Alexander Bade zehn Feldspieler. Erst drei Tage später präsentierte der FC den neuen Trainer: Peter Stöger, einen Österreicher, der gerade mit Austria Wien sensationell österreichischer Meister geworden war, nun aber lieber in der Zweiten Bundesliga arbeiten wollte.
Peter Stöger kommt aus Österreich und erobert die Kölner Herzen
Ein Mann, der die Stadt Köln verstand, der bei den Fans ankam und eine sichere Hand bewies, als es darum ging, den Kader einerseits bei Laune zu halten, andererseits aber auch zu Leistung zu mahnen. Hinzu kam Jörg Schmadtke als Manager, und von diesem Tag an war klar, wo beim 1. FC Köln die Macht lag: Schmadtke und Stöger bildeten ein kraftvolles Duo, dem es gelang, Spieler vom 1. FC Köln zu überzeugen und die Basis zu legen für eine nachhaltige Konsolidierung. Das Präsidium schaffte es, den Verein noch tiefer in der Stadtgesellschaft zu verwurzeln. Die Karnevalssitzung des 1. FC Köln wurde zu einem der großen gesellschaftlichen Events in der Stadt, die Mitgliederzahlen gingen durch die Decke. Der FC stieg als Zweitliga-Meister auf.
Die Leute feierten in den Folgejahren die Ränge zwölf und neun, als habe der FC die Meisterschaft gewonnen. Man war genügsamer geworden und bereit, Stöger unendlichen Dank entgegenzubringen. Dann kam der größte Erfolg seit 25 Jahren: Am letzten Spieltag der Saison 2016/17 trafen die Kölner im eigenen Stadion auf Mainz 05, und weil restlos alles passte, landeten sie auf dem fünften Platz. Die Rückkehr nach Europa war geglückt, die Stadt feierte einen ganzen Sommer lang. Doch noch in der Sommerpause gab es interne Schwierigkeiten. Peter Stöger deutete an, er fühle sich ausgebrannt, die Kommunikation mit Jörg Schmadtke schlief ein. Die Transfers verliefen nicht nach Wunsch, dabei gab es viel zu tun: Anthony Modeste hatte 25 Tore zum Erfolg beigesteuert, Stögers Spielsystem war abhängig von einem herausragenden Torjäger. Wo die Tore herkommen sollten, die Modeste nach seinem Abschied nach China nun nicht mehr schießen würde, blieb offen.
Zwar ermahnte der Vorstand Trainer und Geschäftsführer, sich auszusprechen, und nach einem Gespräch zwischen Stöger und Schmadtke in der Frühphase der Saison signalisierten beide ihren Bossen, alles sei ausgeräumt. Doch das war glatt gelogen. Schmadtke fehlte der Mut, den ungebrochen populären Stöger fortzuschicken. Stattdessen trat der Geschäftsführer nach dem 0:0 gegen Werder Bremen selbst zurück, weil er keine Lust hatte, verantwortlich gemacht zu werden für eine Lage, die er als Geschäftsführer zu verantworten hatte. Er ging – mit mehr als drei Millionen Euro Abfindung.
Als Peter Stöger vor dem Spiel gegen Schalke 04 öffentlich beklagte, dem FC seien die Werte abhandengekommen, standen auch beim Trainer die Zeichen auf Abschied. Der Österreicher stellte intern klar, dass die Partie unabhängig vom Ausgang seine letzte als FC-Trainer sein werde. Und obwohl weder Vorstand noch Geschäftsführer Wehrle einer Auflösung zugestimmt hatten, teilte Stöger noch auf dem Platz seinen Spielern mit, dass es vorbei war. Wieder einmal stand der FC ohne Trainer und Sportdirektor da.
Der Vorstand setzte nach der Flucht des Duos Schmadtke/Stöger alle Hoffnung in Horst Heldt, doch der Ex-Kölner konnte sein Versprechen nicht halten, sich bei Hannover 96 wegzuekeln. Erst mit Armin Veh kehrte im Dezember die Ruhe zurück – und mit Trainer Stefan Ruthenbeck die Hoffnung. Der gebürtige Kölner startete mit Niederlagen gegen Belgrad, Freiburg und den FC Bayern. Um am 17. Spieltag mit einem 1:0-Sieg über Wolfsburg die Punkte zu verdoppeln. Dennoch folgte der nächste Abstieg.