AboAbonnieren

Kiels Filipovic über Duell mit Köln„Es ist das Schlimmste, was passieren konnte“

Lesezeit 4 Minuten
imago0041559081h

André Filipovic ist für die Fitness der Kiel-Profis verantwortlich.

KölnHerr Filipovic, wie geht es der Mannschaft von Holstein Kiel nach dem Drama am letzten Zweitliga-Spieltag und vor dem Relegations-Hinspiel gegen den 1. FC Köln am Mittwoch?

Am Sonntag war es ein Gefühl der Leere. Am Montag war es immer noch schwer. Aber der eine oder andere wirkte auch schon wieder gefasst und konnte den Rückschlag wegschieben. Wir sind uns alle bewusst, um was es geht. Und da bringt es gar nichts, sich in ein Loch zu vergraben, auch wenn es jeder gerne gemacht hätte. Ich sehe das so: Wenn mir vor vier Wochen jemand nach den ganzen Corona-Quarantänen gesagt hätte, dass wir es in die Relegation schaffen, hätte ich das direkt unterschrieben.

Dann hatte Kiel aber die große Chance auf den direkten Aufstieg.

Ja, wir hatten zwei Matchbälle an den beiden letzten Spieltagen. Da hat man gedacht: Du musst direkt aufsteigen – sonst ist es eine Niederlage. Aber am Ende haben wir es immer noch in der eigenen Hand.

Das Trainerteam musste Aufbauhilfe leisten.

Ole Werner hat eine sehr gute Ansprache gehalten, er hat die Saison Revue passieren lassen. Was viele vergessen: Wir haben eine historische Saison gespielt mit 62 Punkten, was bislang noch keine Kieler Mannschaft geschafft hat. Dazu das Halbfinale im DFB-Pokal. Es gab etliche Phasen in der Saison, wo uns gesagt wurde: „Es reicht nicht. Ihr seid nur Mittelmaß.“ Und dann sind wieder zurückgekommen. Dann kamen die Quarantänen, wo uns wieder alle abgeschrieben haben. Das muss man alles berücksichtigen. Ich hoffe, dass es auch bis in die Köpfe der Spieler vordringt. Bis nächsten Samstag müssen wir jetzt noch einmal alles mobilisieren. Wenn es dann nicht reicht, dann fahren wir in den Urlaub und sagen: „Wir haben alles versucht.“ Aber es wird sich niemand vorwerfen lassen können, dass wir nicht alles Menschenmögliche für einen Aufstieg getan haben. Und man muss sich klarmachen: Der Gegner ist der 1. FC Köln.

Zur Person

André Filipovic (39), geboren in Mutlangen bei Stuttgart, ist seit 2019 Athletiktrainer bei Zweitligist Holstein Kiel und promovierter Sportwissenschaftler. Von 2010 bis 2018 war er – mit Unterbrechung – Co-Trainer bei Fortuna Köln. (ckr)

Wie sieht es mit den Kräften bei Kiel aus?

Die letzten vier Wochen mit so vielen Spielen, die haben Körner gekostet. Jetzt kommen noch zwei Spiele in kurzer Zeit. Natürlich spielt die Kraft da eine Rolle. Aber ich glaube, dass es oben in der Birne entschieden wird: Wirst du mit dem ganzen Druck noch einmal deine Leistung abrufen können oder nicht? Wenn wir am Mittwoch gut ins Spiel reinfinden, dann ist das Körperliche auch kein Thema.

Hoffen Sie auf eine „Jetzt erst recht!“-Mentalität?

Das war schon in den vergangenen Wochen der Grundtenor im Klub, es ist so viel Scheiße gegen uns gelaufen. Aber es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist – auch wenn das Gefühl an den letzten beiden Tagen ein anderes war. Wir haben immer noch eine Riesen-Chance auf den Aufstieg, das ist machbar!

Das könnte Sie auch interessieren:

Für Sie als Wahl-Kölner ist das Spiel gegen den FC eine besondere Situation.

Der absolute Horror! Ich habe in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt: Das Schlimmste, was aus meiner Sicht passieren könnte, wäre eine Relegation gegen den 1. FC Köln. Emotional ist das schwer, mein ganzes Umfeld ist in Köln. Ich kenne kaum jemanden, der kein FC-Sympathisant oder FC-Fan ist. Und alle sagen mir: „André, ich bin immer für dich. Aber in dem Fall will ich, dass der FC drinbleibt.“ Ich kenne drei Spieler vom FC, die ich hier in Kiel oder Wolfsburg selbst trainiert habe. Mit Christian Osebold (FC-Physiotherapeut, d. Red.) habe ich sehr lange bei Fortuna Köln zusammengearbeitet, wir sind gute Freunde. Ich habe immer gehofft, dass der FC nicht absteigt. Aber wenn ich jetzt die Wahl habe – dann trifft es natürlich den FC. Mein Traum war es, in der Ersten Liga gegen den 1. FC Köln zu spielen. Das ist jetzt leider nicht mehr möglich.