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Bundesliga-StartWie sich FC-Fans und Kölner Kneipen auf die Geisterspiele vorbereiten

Lesezeit 6 Minuten

Alle Hygienemaßnahmen wurden umgesetzt: Am Sonntag empfängt Wirt Carl Werz 20 FC-Fans im Alt Neppes.

  1. Am Wochenende ist es wieder so weit: Es darf in der Ersten und Zweiten Bundesliga wieder gekickt werden.
  2. Die Stadien bleiben aufgrund der Corona-Maßnahmen allerdings leer – Geisterspiele bestimmen den Fußball-Alltag.
  3. Wie bereiten sich Fans, Kneipen und die Polizei auf die Ausnahmesituation vor?

Köln – Die Aufforderung ist klar: Mundschutz an, Hände waschen und desinfizieren, Kontaktformular ausfüllen und einem Tisch zugewiesen werden – so steht es an der Eingangstür vom Alt Neppes an der Neusser Straße. 20 Gäste darf Wirt Carl Werz dort empfangen. Das ist auch beim FC-Spiel am Sonntag nicht anders.

Werz sitzt an einem Tisch mitten in seiner Kneipe, ein Glas Kölsch vor sich, den Mundschutz zum Kinn runtergezogen. „Spontan vorbeikommen am Sonntag ist nicht“, sagt er. Alle Plätze seien belegt. Am Boden und auf den Bänken sind die Abstände mit buntem Klebeband markiert. Die Tische hat er reduziert und auseinandergezogen. Den FC anfeuern, das könne man bei ihm – aber nur mit Abstand. Also: keine Umarmungen, kein Abklatschen.

Am Wochenende startet sowohl die erste als auch die zweite Liga nach einer Corona-Zwangspause mit dem 26. Spieltag in den Stadien – ohne Zuschauer. Grundlage für das grüne Licht der Politik war das umfassende Hygiene- und Schutzkonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL). Es beinhaltet: verpflichtende Corona-Tests, Begrenzung von Personen im Stadionumfeld auf rund 300 Menschen, klare Hygieneregeln.

Bundesliga im TV

Alle Samstagnachmittag-Partien der 1. Bundesliga werden im Free-TV auf Sky Sport News als Konferenz übertragen. Das Samstagabendspiel (Frankfurt-Gladbach) sowie die Sonntagsspiele (Köln-Mainz und Union-Bayern) sind im Abo auf Sky zu sehen. Das Montagsspiel (Bremen-Leverkusen) wird wohl auf Dazn übertragen.

Der Fußballsender Sky hat sich dazu entschlossen, zumindest an den ersten beiden Spieltagen sowohl die Samstagskonferenz der Ersten Bundesliga als auch die Sonntagskonferenz der Zweiten Bundesliga frei empfangbar zu übertragen. Da der 1. FC Köln aber am Sonntagnachmittag gegen den 1. FSV Mainz 05 spielt, ist er nur für Abonnenten des Bezahlsenders zu sehen.

Und auch ins Alt Neppes kommen am Sonntag nur Mitglieder des Fanclubs „FC-Fründe Alt Neppes“ rein. „Wir dachten, es ist eine faire Sache, beim ersten Spiel den Fanclub profitieren zu lassen“, sagt Werz. Drei der Plätze sind zudem den langjährigen Stammgästen versprochen. Für die übrigen Spiele wird jeweils die Hälfte des Fanclubs gelost, damit wieder Plätze für andere frei werden.

Was sagen die Fans?

Ein bisschen Freude gibt es schon. „Das bringt am Wochenende wenigstens etwas Normalität und Unterhaltung zurück“, sagt FC-Fan Ralf Putzki, der seit 20 Jahren eine Dauerkarte besitzt und 1973 zum ersten Mal im Stadion war – mit seinem Opa.

FC-Fan Ralf Putzki vorm Emirates Stadium des englischen Erstligisten FC Arsenal.

Doch ein Zwiespalt ist da. Ohne Vor-Ort-Jubel sei es nicht dasselbe. Fußball ohne Fans sei wie ein „Konzert ohne Band“, erinnert sich Putzki an das schale Erlebnis des ersten Geisterspiels gegen Mönchengladbach im März. „Da kamen keine Emotionen rüber.“ Am Sonntag wird der 51-Jährige vielleicht mal den FC-Reporter Ostrowski mit der FC-App ausprobieren, „für mehr Emotionen“.

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FC von zu Hause: So könnte der Jubel am Sonntag bei Familie Flesch aussehen.

Beate Flesch aus Frechen guckt zu Hause mit der Familie. „Ich wäre natürlich lieber im Stadion – das Feeling kommt im Fernsehen nicht so rüber“, sagt die 44-Jährige, die seit 1992 eine Dauerkarte besitzt. Immerhin: „Es geht endlich mal nicht nur um Corona.“

Was ist mit den Fangruppen?

Und wenn Fangruppen es doch nicht auf ihren Sofas aushalten und zum Stadion pilgern? Immerhin hatten einige den Wiederanpfiff ohne Fans harsch verurteilt. Auf der Homepage von Südkurve Köln e. V., „Dachverband der aktiven Fans des 1. FC Köln“, wettert man: „Die Wiederaufnahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspielen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Verantwortung.“ Eine Fortsetzung der Saison wäre „blanker Hohn gegenüber (...) denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellschaftsdienlich engagieren. Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne.“

Manch einer fürchtet deshalb, es könnte am Sonntag vor dem Spiel gegen Mainz in der Stadt und auf dem Weg zum Stadion Protestbanner geben. Rainer Mendel sieht das noch entspannt. Aktionen von Geisterspiel-Gegnern seien ihm nicht bekannt. „Unsere Fans wollen dem Verein nicht schaden“, sagt der Fanbeauftragte des 1. FC Köln.

Wie bereitet sich die Polizei vor?

Wie aus Polizeikreisen verlautet, stehen dennoch landesweit die Hundertschaften in Alarmbereitschaft. Besonderes Augenmerk legen die Beamten in NRW wohl auf das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04, das am Samstag um 15.30 Uhr angepfiffen wird.

Dass Fangruppen den Klassiker dazu nutzen könnten, sich mit Zustimmung oder Protest zu Wort zu melden, erscheint wahrscheinlich. Wo derlei Kundgebungen stattfinden könnten und in welcher Größe, darüber liegen der Polizei keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Wer sorgt für Ordnung?

Die KVB wird am Sonntag ganz normal nach Fahrplan fahren, sagt KVB-Sprecher Matthias Pesch. Eine Fahrt nach Müngersdorf mache für FC-Fans am Sonntag auch keinen Sinn: Bis zum Stadion wird man wegen Absperrungen nicht vordringen können, so FC-Sprecher Tobias Kaufmann. „Wir gehen nicht davon aus, dass sich Fans in die Nähe des Stadions begeben werden“, so Kaufmann.

Vorsichtshalber sorgt man dennoch mit einer großen Zahl Ordnern vor: Nach dem Konzept der DFL für den Sonderspielbetrieb sind bis zu 64 Ordner im Stadion möglich, davon 50 im Außengelände. Der FC wird alle einsetzen.

Auch der Ordnungsdienst der Stadt Köln ist am Sonntag in Müngersdorf im Einsatz. Es lägen allerdings keine Informationen vor, dass sich Fangruppen vor dem Stadion versammeln wollen. Bei konkreten Hinweisen wird der Ordnungsdienst auch Wirte in der Innenstadt kontrollieren.

Was machen die Fußballkneipen?

Peter Ritter, Inhaber von Gottes Grüne Wiese, befürchtet, dass die zu erwartende Masse gar nicht kontrollierbar wäre. Die Fußball-Kneipe im Belgischen Viertel bleibt deshalb geschlossen. „Wir können uns nicht vorstellen, dass wir die Maßnahmen so umsetzen können, dass es verantwortbar wäre – nicht in der kurzen Vorbereitungszeit“, sagt Ritter. Gerade zum FC-Spiel oder zum Derby am Samstag würden viele Fans kommen, von denen er aber nur rund 20 einlassen könnte. „Dann entstehen Menschenansammlungen auf dem Bürgersteig und das wollen wir vermeiden. Geschlossene Rollladen sind da hoffentlich das richtige Signal.“

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Jürgen Werner hat in seiner Joe Champs Sportsbar am Rudolfplatz etwas mehr Platz. „Normale Umsätze werden wir aber nicht erreichen“, sagt der Betriebsleiter. Von 25 Hockern an der Theke seien nur noch sechs übrig geblieben. Werner empfiehlt deshalb, zu reservieren.

Der Biergarten am Aachener Weiher wird die Spiele zwar Open-Air übertragen, das Zielpublikum für dieses Wochenende sei aber ein anderes: „Wir freuen uns auf Familien. Wir wollen hier keine große Fußball-Party“, sagt der Geschäftsführer Josef Rayes. Sein Hauptaugenmerk liege darauf, alle Hygienemaßnahmen umzusetzen. Es bringe nichts, wenn nächste Woche alle wieder schließen müssten. „Es ist unsere Verantwortung, dass die Gäste, die kommen, in einem sicheren Umfeld ein Bier in der Sonne genießen können und vielleicht nebenbei ein bisschen Fußball schauen.“