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Kommentar

Kellers Vertrag
Die Folgen der Führungsschwäche beim 1. FC Köln

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Lesezeit 3 Minuten
FC-Geschäftsführer Christian Keller und Präsident Werner Wolf beim Mitgliederstammtisch im Juni 2024

FC-Geschäftsführer Christian Keller und Präsident Werner Wolf beim Mitgliederstammtisch im Juni 2024

Statt aus einer Position der Stärke eine Entscheidung zu treffen, spielte der Vorstand des 1. FC Köln auf Zeit – und wurde nun von den Entwicklungen überrannt.

Es sei dem 1. FC Köln zu wünschen, dass die Mannschaft am Mittwoch im Pokal-Achtelfinale mehr taktisches Geschick an den Tag legt als die Führung des Vereins, in dessen Trikot sie aufläuft.

Der Klub sah sich am Dienstag inmitten der Vorbereitung auf ein wichtiges Spiel seiner Profis dazu gedrängt, die Vertragsverlängerung ihres Geschäftsführers Christian Keller um ein Jahr zu verkünden. Darin stecken gleich mehrere Botschaften: Offenbar fühlte man sich derart unter Druck, dass man die Nachricht nicht weiter zurückhalten konnte. Zudem musste man angesichts der verheerenden Kommentarlage und des Unmuts in den Gremien von der zuletzt so offensiv vertretenen Haltung abweichen, die Vertragslaufzeiten der Geschäftsführer geheim zu halten.

Eine Verlängerung um nur ein Jahr ist alles andere als ein Vertrauensbeweis an den umstrittenen Geschäftsführer, der stets an großen Projekten arbeitet, in seinen Kernaufgaben jedoch auf eine niederschmetternde Bilanz blickt – darüber jedoch seine Zuversicht nie verloren hat. Bereits im vergangenen Dezember, als es das Cas-Urteil und die Trennung von Trainer Steffen Baumgart zu erklären galt, sprach eben Keller von „Tag 1“, während der Rest des Vereins das Ende der Welt gekommen sah, zumindest vorübergehen. Auch nach dem Abstieg und dem damit verbundenen Millionenschaden schaffte es Keller, seinen Optimismus vor sich herzutragen.

Doch das reichte nicht, um den Verein grundsätzlich zu überzeugen. Deswegen schreckte der Vorstand vor einer starken Entscheidung zurück: Eine Vertragsverlängerung mit Christian Keller bis Februar 2026 hätten sie im Sommer vollziehen – oder die Konsequenzen aus dem Abstieg ziehen und Keller entlassen müssen.

So gerieten sie in schwere Turbulenzen – und letztlich unter Zeitdruck. Der Saisonstart geriet holpriger als erhofft, die Mitgliederversammlung wurde zum Desaster.

Mit der Idee, einen eigenen Kandidaten für den Mitgliederrat aufzustellen, bewiesen Werner Wolf und seine Mitstreiter bereits, dass ihnen das Bewusstsein für den Ernst der Lage fehlte. Und es kam noch schlimmer: Nicht nur ließen die Mitglieder im September ihren Kandidaten klar durchfallen. Auf Anregung des Mitgliederrats hin verweigerten sie dem Vorstand zudem die Entlastung.

Keine Chance auf eine langfristige Entscheidung

Der Klub steckte seitdem endgültig in der Führungskrise: Wie sollte ein Vorstand, der absehbar im Sommer 2025 nicht mehr nominiert wird, eine langfristige Entscheidung auf der Geschäftsführerposition vornehmen?

Der Zeitpunkt für eine seriöse Entscheidung war endgültig verpasst, als die „Sport Bild“ aus höchsten Vereinskreisen darüber informiert wurde, dass beim 1. FC Köln ein Sportchef amtierte, dessen Vertrag in wenigen Wochen ausläuft.

Zumindest operativ ist der 1. FC Köln nun vorerst handlungsfähig. Doch der Preis war hoch: die Indiskretion über Kellers Vertragslage, am Samstag dann Kellers seltsame Erzählung von einem Handschlag-Deal, jetzt die Veröffentlichung zur Unzeit. Einmal mehr hat die Führungsschwäche dafür gesorgt, dass der Klub einen getriebenen Eindruck hinterlässt. Und das in einer Phase, in der nicht nur zahlreiche Spielerverträge auslaufen. Sondern in der auch endlich wieder Profis verpflichtet werden dürfen.