Köln – Spieglein, Spieglein an der Wand – wer hat den schönsten Jubel im Kölner Land? Stürmer Jhon Córdoba, der seine Tore gerne mit einem ekstatischen Striptease feiert, lag in der Kategorie Torjubel lange Zeit in Führung. Das war auch nicht ganz so schwierig, denn bis zum 15. Spieltag gab es für den 1. FC Köln recht wenig zu feiern, zwölf Tore waren es genau genommen.
Doch nun hat Córdoba Konkurrenz aus den eigenen Reihen bekommen: Und zwar von Ismail Jakobs, dem beim bemerkenswerten 4:2-Sieg des 1. FC Köln bei Eintracht Frankfurt in der vierten Minute der Nachspielzeit sein erster Bundesligatreffer gelang. Wie zuvor Córdoba, riss sich auch das 20-jährige FC-Eigengewächs das Trikot vom Leib und präsentierte seinen trainierten Oberkörper. „Das ist Gänsehaut pur. Das werde ich nie vergessen“, schwärmte Jakobs nach dem Abpfiff.
Der Kölner Außenspieler hatte sich aber nicht nur auf die Partie in Frankfurt bestens vorbereitet und eine gute Leistung abgeliefert, sondern auch auf ein mögliches erste Tor im Oberhaus. Das verriet Jakobs nach dem Abpfiff – und das war schon ziemlich drollig: „Ich habe das schon zu Hause vor dem Spiegel geübt und mir vorgestellt, wie ich jubeln werde, wenn ich mein erstes Tor erziele“, sagte Jakobs, der nach dem herrlich herausgespielten Treffer von Noah Katterbach (18) gedrückt wurde, einem weiteren Youngster.
Bornauw beeindruckt
Wie schon beim Erfolg gegen Leverkusen (2:0), so setzte Trainer Markus Gisdol auch beim Comeback-Sieg nach 0:2-Rückstand in Frankfurt auf die Jugend. Erneut zahlte sich das aus. Am Mittwoch bereitete mit Jan Thielmann ein 17-Jähriger den so wichtigen Anschlusstreffer kurz vor der Pause von Jonas Hector vor. Dann traf Sebastiaan Bornauw, der erst 20-jährige Innenverteidiger, der derzeit den Eindruck vermittelt als könne er vor lauter Stärke Bäume in den Ardennen ausreißen, zum Ausgleich. Und nach dem 3:2 von Dominick Drexler folgte Jakobs Treffer.
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Die jungen Spieler „schärfen die Sinne der älteren“, sagte Gisdol, ergänzte aber auch: „Natürlich hat uns das frisches Blut gebracht. Aber ein Junger kann nicht funktionieren, wenn er von den Älteren nicht gut aufgenommen wird. Aber das klappt bei uns tadellos. Die Mischung macht es.“
Hectors Tor als „Dosenöffner"
Es war eine gut zusammengestellte Mischung mit Jakobs’ Krönung am Ende. Doch den Grundstein zum Erfolg hatte ein 29-jähriger Nationalspieler gelegt. „Das Tor von Jonas Hector vor der Pause war natürlich der Dosenöffner“, befand Dominick Drexler. Denn ohne den sehenswerten, aber entscheidend abgefälschten Schuss von Hector hätte der FC an diesem Abend wohl nicht mehr in die Partie zurückgefunden. Denn die hatte aus Kölner Sicht mal wieder so richtig schlecht begonnen. Der FC kassierte erneut zwei Gegentore nach Standard-Situationen.
Kölner Spieler laufen deutlich mehr
Doch dann bewiesen die Gäste bei einem angeschlagenen Gegner große Moral. Aber das war nicht der einzige Grund für den Sieg. Die Spieler investierten deutlich mehr als zuletzt. Der FC stellte lange Zeit die lauffaulste Mannschaft im Oberhaus, doch schon gegen Leverkusen spulten die Kölner insgesamt 116,44 Kilometer ab – ein Liga-Mittelwert. Beim Spiel in Frankfurt nahm der FC der Eintracht dreineinhalb Kilometer ab (116,25 zu 112,85). Und die Kölner zogen 286 Sprints an und übertrafen so ihre bisherige Bestmarke seit Daten-Erfassung (270 Sprints im März 2015 gegen Bremen).
Oft war die Rede davon, dass der FC durch falsche Trainingssteuerung konditionelle Nachteile hat. Doch es zeigte sich: Durch die Hereinnahme der lauffreudigen Nachwuchsspieler und deutlich mehr Entschlossenheit und Willen bei allen lassen sich diese Defizite wettmachen.
Und vorne ist endlich die Durchschlagskraft und Kaltschnäuzigkeit da, die dem FC lange abging. Sechs Tore erzielte er in zwei Partien. Bremen, der letzte Gegner in diesem Jahr, kassierte in diesen elf Gegentore. Die Aussichten sind folglich nicht so schlecht, dass 2019 für den FC doch noch ein Happy End parat hat.
Verantwortliche loben Kainz' Reaktion
Vom Tribünenhocker zum Glücksgriff: Der in der 62. Minute von Trainer Markus Gisdol eingewechselte Florian Kainz hatte mit zwei präzisen Torvorlagen zum 2:2 und 3:2 maßgeblichen Anteil an der Wende. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft mit meinen Assists helfen konnte. Der Trainer hat mir gesagt, dass ich auf der rechten Seite reinkomme, obwohl ich normalerweise links spiele, weil er will, dass ich von dort Bälle hinter die Abwehr spiele. Das ist mir zweimal ganz gut gelungen“, sagte der Österreicher, der gegen Leverkusen noch überraschend aus dem Kader verbannt worden war.
Sportchef Horst Heldt war zufrieden mit Kainz’ Reaktion auf den Denkzettel. „Er hatte in den letzten paar Wochen einen schweren Stand beim FC, aber er hat sich wieder ran gekämpft und war da, als er seine Chance bekommen hat.“ Und Trainer Markus Gisdol lobte: „Florian hat eine gute Reaktion gezeigt.“ (LW)