AboAbonnieren

Erich Rutemöller wird 75„Der 1. FC Köln ist mein Herzensverein“

Lesezeit 6 Minuten
Erich Rutemöller1

Für Erich Rutemöller ist der FC der Herzensverein Nummer Eins.

  1. Eine große Party wird Erich Rutemöller nicht geben, wenn er am Samstag 75 Jahre alt wird.
  2. Wir blicken mit ihm auf eine bewegende Vergangenheit voller Fußball und legendärer Sprüche zurück.
  3. Das Gespräch führte Lars Werner.

Köln – Im September kehrte Erich Rutemöller als Berater des Vorstands zum 1. FC Köln zurück. Er trifft sich dabei aber nicht nur mit Horst Heldt oder Jörg Jakobs, sondern auch mit den Scouts oder den Verantwortlichen des Nachwuchsleistungszentrums. Im Interview spricht er über seinen Alltag im neuen Job, seine Zeit bei Fortuna Düsseldorf und über seinen legendärsten Spruch.

Herr Rutemöller, am Samstag werden Sie 75 Jahre alt. Wie blicken Sie auf diesen runden Geburtstag, und wie gehen Sie den Tag an?

Erich Rutemöller: Ich stehe natürlich zu der Zahl 75 – was bleibt mir auch anderes übrig (lacht). Mit Joggen und Gymnastik mache ich etwas gegen meine Rückenprobleme. Aber ich werde den Tag nur abends im familiären Kreis feiern. Eine größere Party hatte ich zum 70. – das brauche ich jetzt nicht mehr. Tagsüber werde ich nach Düsseldorf fahren. Dort tritt unsere U19 im Spitzenspiel bei Fortuna Düsseldorf an. 75 ist heute auch kein so besonderes Alter mehr. Wissen Sie, mein langjähriger Weggefährte Wildor Hollmann (Ehemaliger Rektor der Deutschen Sporthochschule in Köln, Arzt und Forscher, d. Red.) ist gerade 95 Jahre geworden. Der ist ein Phänomen, Wildor fängt täglich um 9 Uhr an zu arbeiten und hört nachts um 1 Uhr auf. Seine Vorlesungen sind weiterhin ein Genuss. Vor ihm habe ich großen Respekt.

Im September sind Sie als Berater des Vorstands zum 1. FC Köln zurückgekehrt. Wie gestaltet sich Ihr Alltag?

Mir bereitet der Job beim FC große Freude. Ich wohne ja in Steinwurf-Nähe zum Geißbockheim und bin sehr oft auf der Anlage. Ich treffe mich aber nicht nur mit den Sportlichen Verantwortlichen der Profis wie Horst Heldt oder Jörg Jakobs, sondern auch mit den Scouts oder den Verantwortlichen des Nachwuchsleistungszentrums. Zudem bin ich immer noch für die Fifa tätig. Ich komme gerade von einem einwöchigen Workshop aus dem Katar wieder. Für die Fifa arbeite ich in der Abteilung Technical Development, da geht es um die Ausbildung der Trainer, um die Ausbildung der Trainer-Ausbilder und um Talente-Entwicklung. Dort habe ich auch Arsène Wenger getroffen. In Doha konnten wir auch zwei der neuen WM-Stadien besuchen. Die waren überragend. Was die Infrastruktur angeht, macht den Kataris keiner etwas vor. Diese Reisen mache ich aber jetzt in Absprache mit dem FC.

Wie lange läuft Ihr Vertrag?

Vorerst über ein Jahr. Der FC ist mein Herzensverein, ich möchte einfach, dass es bei ihm läuft und er in sicheres Fahrwasser gerät. Da will ich ein bisschen mithelfen. Es ist wichtig, dass die Mannschaft zuletzt einen Lauf hatte, aber wir müssen dennoch höllisch aufpassen. Die anderen Klubs im unteren Teil der Tabelle schlafen nicht – das hat jetzt zum Beispiel Werder Bremen mit seinem Pokalsieg über Dortmund gezeigt.

Erich Rutemöller2

Erich Rutemöller ist auch beim FC-Training mit Markus Gisdol ganz nah dran.

Sie waren im November auch in die Suche nach einem neuen Trainer und Sportchef involviert. Was war da Ihre Rolle?

Der Vorstand hatte mich und Jörg Jakobs beratend eingebunden. Ich war bei den Gesprächen mit Markus Gisdol und Horst Heldt dabei. Vor allem in denen mit Markus. Den Horst kenne ich ja schon seit rund 30 Jahren, als ich damals FC-Trainer und Horst mein Spieler war.

Die Personalentscheidungen scheinen zu passen…

Das sieht so aus. Man spürt bei Horst förmlich, wie sehr er sich gefreut hat, zum FC zurück zu kehren. Der FC ist immer noch sein Verein. Bei Markus Gisdol gefällt mir seine fachliche, ruhige und sachliche Art. Jetzt gilt es, auch die Auswärtsbilanz zu verbessern. Am besten schon am Sonntag im Derby in Gladbach.

Zuvor waren Sie in ganz ähnlicher Funktion über drei Jahre lang für Fortuna Düsseldorf tätig. Kann man da so schnell den Schalter umlegen?

Ja, ich habe den FC ja trotzdem immer verfolgt. Ich möchte die drei Jahre in Düsseldorf auch überhaupt nicht missen. Das war eine super Zeit. Ich habe gerne mit Leuten wie Friedhelm Funkel (Ex-Trainer, d. Red.), Robert Schäfer (Ex-Vorstand), Reinhold Ernst (Ex- Aufsichtsratschef) und Frank Schaefer (Direktor des Nachwuchsleistungszentrums) zusammengearbeitet, den ich ja auch schon aus seiner Zeit beim FC kenne.

Wie beurteilen Sie die Entlassung von Friedhelm Funkel und deren Umstände?

Ich habe in den letzten Wochen und Monaten die Interna nicht mehr mitbekommen und zuletzt auch gar keinen Kontakt mehr zu Sportvorstand Lutz Pfannenstiel gehabt. Mir hat dieses unschöne Ende für Friedhelm einfach leidgetan – und dies auch noch zum Ende seiner großen Trainer-Karriere. Ich habe ihm das so auch mitgeteilt, und er hat mir daraufhin nett geantwortet.

Ihre Trainer-Karriere ist bereits seit einigen Jahren vorbei. Sie waren ja nicht nur beim FC oder Hansa Rostock Cheftrainer, sondern auch in Ländern wie dem Iran oder Afghanistan tätig. Welche Aufgabe war die spannendste?

Natürlich waren auch meine Stationen in der Bundesliga spannend, anderen waren auch mit Abenteuer verbunden. Im Iran war ich der Assistent von Nationalmannschafts-Trainer Ali Daei. Der war im Iran Volksheld. An die Arbeit mit ihm und an Länderspiele vor über 100.000 Zuschauern in Teheran denkt man noch lange zurück. Leider waren wir nicht so erfolgreich und verpassten die Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika. Die afghanische Nationalmannschaft habe ich auf ein Turnier auf den Malediven vorbereitet – das war schon kurios. Ich war zweimal in Nordkorea und einmal im Königreich Bhutan, dort habe ich im Auftrag der Fifa Trainer-Kurse gegeben. Die Politik war bei diesen Stationen für mich eigentlich nie ein Thema, bei mir standen immer nur der Sport und die Ausbildung im Vordergrund.

Als Ausbildungsleiter für die Erlangung der Fußballlehrerlizenz arbeiteten Sie viele Jahre für den DFB.

Das war die Zeit, die mich wohl am meisten geprägt und die mir am meisten gegeben hat. Aber seit meiner Tätigkeit hat sich sehr viel verändert.

Arbeiten junge Trainer anders als ältere?

Ich meine, man darf das nicht nur am Alter festmachen. Natürlich, Friedhelm Funkel zum Beispiel hat bei Fortuna eher als Trainer-Manager gearbeitet – so wie das auch in England der Fall ist. Aber schon viele jüngere Kollegen entwickeln früh ihren ganz eigenen Stil. Das hat nicht nur mit dem Alter zu tun.

Ordenewitz

Frank Ordenewitz (l) vom 1. FC Köln erhält die Gelbe Karte von Schiedsrichter Markus Merk während des Halbfinalspiels im DFB-Pokal gegen den MSV Duisburg am 07.05.1991 im Müngersdorfer Stadion in Köln. Später provozierte Ordenewitz die Rote Karte durch Wegschlagen des Balles, nachdem ihm sein Trainer Rutemöller mit dem legendären Ausspruch «Mach et, Otze» dafür sein Einverständnis gab.

Ein Interview zu Ihrem 75-jährigen Geburtstag darf natürlich nicht enden…

…ohne meinen Spruch „Mach et, Otze“ (*), ich weiß.

Der ist legendär.

Stimmt wohl. Ich stehe auch zu ihm. Otze habe ich jüngst erst bei einem Spiel der U21 des FC im Franz-Kremer-Stadion wiedergetroffen. Sein Sohn ist ja glühender FC-Fan. Otze erzählte mir, dass er jetzt gerade Opa geworden ist. Ich habe ihm dann ein paar FC-Strampler nach Hause geschickt. Ich fühle mich für das Ding von früher ja immer noch etwas schuldig (lacht).

Das könnte Sie auch interessieren:

(*) Im DFB-Pokalhalbfinale zwischen dem FC und dem MSV Duisburg am Mai 1991 (Endstand: 3:0 für Köln) erhielt Ordenewitz die Gelbe Karte, die ihn für das Finale (gegen Werder Bremen) gesperrt hätte. Daraufhin riet ihm der Trainer Rutemöller, einen Platzverweis zu provozieren, den Ordenewitz dann fünf Minuten vor Spielende für mutwilliges Ballwegschlagen erhielt. Die Pflichtsperre hätte er normalerweise in einem Ligaspiel absitzen können, doch der DFB schob dem einen Riegel vor und sperrte Ordenewitz nachträglich für das Endspiel. Erich Rutemöller sagte damals vor laufender TV-Kamera wörtlich: „Otze kam zu mir, und ich finde, man sollte ihm die Chance nicht nehmen, und da hab ich gesagt: ‚Mach et!‘“.