Als Horst Heldt in Stuttgart Manager wurde, setzte der Verein auf den Nachwuchs und wurde auf Anhieb Deutscher Meister.
Der 1. FC Köln setzt auch auf die Jugend, doch gibt es Schwierigkeiten, die Jungprofis dauerhaft zu binden.
Noah Katterbach hat seinen Vertrag noch nicht verlängert, Schalke 04 soll großes Interesse am Linksverteidiger haben.
Köln – Horst Heldt hat schon einmal aus nächster Nähe erlebt, wohin es führen kann, wenn ein Verein auf Nachwuchs aus den eigenen Reihen setzt. Im Januar 2006 beendete Heldt beim VfB Stuttgart seine Spielerkarriere; Trainer Giovanni Trapattoni hatte ihn konsequent nicht mehr eingesetzt. Heldt wechselte aus der Kabine direkt in den Chefsessel und entließ, er war damals 37 Jahre alt, Trapattoni vier Wochen später. Dem VfB ging es nicht gut damals, allerdings hatte der Verein im Sommer 2004 die Deutsche Meisterschaft der B-Junioren gewonnen. Kapitän der Mannschaft damals war Sami Khedira, in der Defensive spielte Serdar Tasci. Beide debütierten in der Saison 2006/07 in der Bundesliga, der VfB stellte eine extrem junge Mannschaft zusammen. Roberto Hilbert, damals 22 Jahre alt, spielte seine erste Bundesligasaison, Christian Gentner ging als 21-Jähriger in die Saison, auch Mario Gomez war erst 21. Viele junge Spieler aus der Region waren das, Tasci und Gentner sind gebürtige Nürtinger, Gomez stammte aus dem Kreis Biberach, Khedira aus Stuttgart.
Auf Anhieb Meister
Es war Heldts erste vollständige Saison in der Verantwortung. Die junge Stuttgarter Mannschaft gewann die letzten acht Saisonspiele – und war plötzlich Deutscher Meister. Es sind Erfahrungen, die Heldt geprägt haben. „Es ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Plans, in Zukunft auf die Jugend zu setzen“, sagte Heldt neulich – wohl wissend, dass die Kölner B-Jugend im vergangenen Sommer Deutscher Meister wurde.
Im November übernahm Heldt den FC, damals steckte der Verein tief in der Krise. Doch schon bald gaben die Kölner ein Bekenntnis zur Jugend ab: Im Derby gegen Bayer 04 Leverkusen debütierte der 17-jährige Jan Thielmann und ist seitdem fester Bestandteil des Kölner Bundesligakaders. Schon unter Achim Beierlorzer hatten Noah Katterbach (18) und Ismail Jakobs (21) debütiert. Die Spieler aus der eigenen Jugend haben dem Kader nicht nur sportliche Substanz gegeben, als sich vermeintliche Stützen des Kaders endgültig als nicht mehr tauglich erwiesen. Die gemeinsame Herkunft stärkt zudem Identifikation und Zusammenhalt; es ist die innere Stärke des Kaders, auf die der FC setzt und die das System des Trainers Markus Gisdol trägt.
Heldt will nicht jammern
Heldt ist zufrieden mit Gisdols Arbeit. „Wir haben mit ihm einen Trainer, der in kürzester Zeit nachgewiesen hat, dass er sehr, sehr gern mit jungen Spielern arbeitet. Es geht darum, zu zeigen, dass der FC eine Idee verfolgt. Und die werden wir mit dem Trainer umsetzen“, sagt Heldt.
Um Jugendspieler von sich zu begeistern, sei vor allem wichtig, Beispiele zu liefern. „Das Wichtigste ist eine gewisse Durchlässigkeit. Dann sind wir in der Lage, konkurrenzfähig zu sein“, sagt Heldt. Der Kampf um die Talente ist kein einfacher, in der vergangenen Woche etwa war öffentlich geworden, dass Florian Wirtz (16) nach zehn Jahren in der Jugend des 1.FC Köln zu Bayer 04 Leverkusen wechselt. Der Abschied des Junioren-Nationalspielers auf die andere Rheinseite war bereits vor Heldts Ankunft beim FC entschieden. Das könne passieren; er habe „keine Angst, dass uns jetzt irgendjemand permanent unsere Spieler wegklaut“, sagte Heldt ohne Bitterkeit.
„Hauen und Stechen“
Es gebe zwar eine Übereinkunft der rheinischen Bundesligaklubs, einander keine Spieler abzuwerben. Doch beschränkt sich die wohl auf jüngere Jahrgänge. „In gewissen Altersbereichen ist ein Agreement sinnvoll“, räumt Heldt ein, doch grundsätzlich will er nicht jammern. Dafür sitzt er womöglich selbst zu sehr im Glashaus. „Das Rad dreht sich auch im Jugendbereich. Da geht es zu – da gibt es ein Hauen und Stechen. Aber wir sind Teil davon. Es ist alles nicht so dramatisch, wie es gemacht wird.“ An Wirtz habe nicht nur Bayer 04 Interesse gezeigt, im Gegenteil: „Keiner hat es nicht versucht“, beschrieb Heldt.
Thielmann hat seinen Vertrag beim FC bereits bis ins Jahr 2022 verlängert, das steht bei Katterbach und Jakobs noch aus. Beide sind noch bis Sommer 2021 an den FC gebunden, eine Einigung lässt auf sich warten. „Wir führen Gespräche mit Noah und seinem Beraterteam“, sagte Heldt zwar neulich. Doch vor allem Schalke 04 soll sich intensiv um Katterbach bemühen. Bei den Gelsenkirchenern hat in dieser Saison der mittlerweile 31-jährige Bastian Oczipka alle 20 Bundesligapartien auf der linken Abwehrseite über die volle Distanz, große Alternativen finden sich im Schalker Kader nicht. Katterbach wäre eine logische Verpflichtung.
„Keine Hektik, keine Nervosität“
Heldt hat sich zuletzt zurückhaltend zu den Verhandlungen mit Katterbach geäußert, Öffentlichkeit tut einem solchen Vorgang selten gut. Allerdings zog er eine Parallele zu Jhon Córdoba, dessen Vertrag ebenfalls im Sommer 2021 ausläuft. „Ich kann mich nicht vom Moment treiben lassen“, sagte Heldt angesichts der herausragenden Auftritte des Kolumbianers. Er wolle gern mit Leistungsträgern weitermachen, sehe jedoch nicht den Fortbestand des 1. FC Köln in Gefahr, sollte es nicht klappen. „Sollte es zu der Situation kommen, dass es keine Lösung gibt, haben wir einen Spieler, der eine sehr gute Leistung gebracht hat und die Möglichkeit, ihn auf dem Markt zu platzieren. Aber da ist keine Hektik angesagt und keine Nervosität. Wir haben einen Plan in allen Personalien, und die werden wir abarbeiten. Bei Noah ist das ähnlich.“