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FC-Kolumne Dauerkarte
Das Heimspiel des 1. FC Köln gegen VfL Wolfsburg weckt böse Erinnerungen

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Lesezeit 4 Minuten
Der FC-Torhüter Bodo Illgner konnte am 11. April 1995 im Müngersdorfer Stadion nur zusehen: Siegfried Reich schießt für den damaligen Zweitligisten VfL Wolfsburg das 1:0 gegen den 1. FC Köln im Pokal-Halbfinale.

Der FC-Torhüter Bodo Illgner konnte am 11. April 1995 im Müngersdorfer Stadion nur zusehen: Siegfried Reich schießt für den damaligen Zweitligisten VfL Wolfsburg das 1:0 gegen den 1. FC Köln im Pokal-Halbfinale. (Archivbild)

Es hätte so schön sein können: 1995 war der 1. FC Köln auf dem Weg Richtung Pokal. Doch dann kam Wolfsburg dazwischen. Damals noch Zweitligist.

Kein Heimspiel gegen Wolfsburg ohne die bösen Erinnerungen aus dem Jahr 1995. Damals war es aus Sicht des 1. FC Köln mal wieder an der Zeit für eine Teilnahme am Pokalfinale, immerhin war die Endspiel-Niederlage gegen Werder Bremen schon wieder vier Jahre her, der letzte Titelgewinn sogar satte zwölf Jahre. Das passte nicht ins Selbstbild des zu diesen Zeiten noch nie abgestiegenen Bundesliga-Gründungsmitglieds.

Wie passend, dass damals ein Zweitligist zum Halbfinale nach Müngersdorf kam: Der VfL Wolfsburg war in diesen Tagen zwar bereits durch den VW-Konzern alimentiert. Doch hatte man damals in Wolfsburg noch nicht den Entschluss gefasst, den Fußball zur Säule einer Marketingstrategie zu machen. Man operierte im vergleichsweise kleinen Rahmen.

Auch das hat sich in den vergangenen 30 Jahren geändert. Die Epoche, in der die Bundesliga scheinbar ausschließlich zu Marketingzwecken veranstaltet wurde, ist schon wieder vorüber. Heute ist man glatt froh, wenn der Fußball nur als Vehikel dient, um einen Energydrink unter die Leute zu bringen. Und nicht dazu missbraucht wird, das Wirken fragwürdiger politischer Systeme zu schönen.

Pokal-Halbfinale 1995: Als der Zweitligist Wolfsburg die Kölner Pokalträume platzen ließ

1995 spielte der VfL Wolfsburg noch in einem lieblos zusammengeschusterten Stadion in seiner niedersächsischen Industriebrache und beschäftigte Spieler wie Holger Ballwanz, René Deffke und Ulf-Volker Probst. Und Siegfried Reich, der an jenem Dienstag vor 36.000 Zuschauern nach 20 Minuten für Wolfsburg traf, was auf den Tribünen der alten Müngersdorfer Schüssel für genervtes Schulterzucken sorgte.

Das ist das Schwierige in der Bundesliga: Nicht nur gute Leistungen zu bringen, sondern auch ein Ergebnis einzufahren.
Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln

Der 1. FC Köln kassierte in diesen Zeiten grundsätzlich keine Gegentore in Pokal-Halbfinalspielen gegen Zweitligisten. Doch die Partie dauerte an, der Ausgleich mochte nicht fallen, und irgendwann beschlich ein paar Abiturienten auf der Tribüne das Gefühl, dass sie sich womöglich doch nicht mit dem Problem befassen müssten, dass das Pokalfinale des Jahres 1995 am selben Tag stattfinden würde wie ihr Abiball. Ich gebe zu: Wir hatten damals alles geplant, um praktisch mit dem Pokal in der Hand aus Berlin einzuschweben, um die Party in der Wolkenburg zu einer würdigen Eskalation zu führen.

Was wir nicht eingeplant hatten: Dass es zu diesem Finale mit Kölner Beteiligung am Tag des Abiballs des Georg-Büchner-Gymnasiums nicht kommen würde, weil der 1. FC Köln gegen Wolfsburg verlor.

VfL Wolfsburg gelang der Aufstieg – der Abstieg kam nie

Der 1. FC Köln verpasste das Endspiel und hörte bis zum heutigen Tag nicht damit auf, Endspiele nicht zu erreichen. Wolfsburg stieg drei Jahre später auf und nie wieder ab, wurde später Pokalsieger, Meister und spielt heute in einem hübschen Stadion in einer Stadt, die ein wenig aussieht, als habe ein leicht übermotivierter Achtjähriger seine Legofantasien ausgelebt.


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Üblicherweise enttäuscht der VfL, finanzieller Aufwand und sportlicher Ertrag stehen in der Regel im absurden Missverhältnis, und wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum sich Fußballdeutschland über Wolfsburg etwas weniger aufregt als über andere Fußballkonstruktionen hierzulande und in aller Welt. Zumal der VfL dem deutschen Fußball im Jahr 2009 immerhin den Moment bescherte, in dem der FC Bayern mal ganz, ganz schlecht aussah. So gewinnt man Sympathien.

VfL Wolfsburg zeigte sich bei Saisonauftakt robust und laufstark

Am Samstag wird der 1. FC Köln nun versuchen, nach dem 0:1 beim BVB immerhin seinen Heimspiel-Auftakt in die neue Saison glücken zu lassen. Wolfsburg startet wie immer als designierte Überraschungsmannschaft, nur ist traditionell unklar, ob der VfL trotz eines herausragenden Kaders wieder versagt. Oder ob es was wird mit der Qualifikation für das internationale Geschäft, das der Werksklub einer Weltmarke grundsätzlich immer erreichen muss.

Steffen Baumgart muss sich auf das Potenzial des Gegners vorbereiten, der jederzeit einfach zu funktionieren beginnen könnte. Vor einer Woche hatte Wolfsburg den Aufsteiger Heidenheim zu Gast, ging früh 2:0 in Führung und zeigte anschließend eine vor allem kämpferisch starke Leistung. Enorme Laufwerte, dazu ein robustes Spielverhalten. Es war ein solider Auftritt gegen einen Gegner, der im ersten Bundesligaspiel seiner Geschichte nicht viel zu bestellen hatte. „Es ist eine gewisse Anspannung da, weil wir wissen, was für eine Qualität auf uns zukommt“, sagte Steffen Baumgart am Donnerstag.

Der 1. FC Köln hat neue Möglichkeiten in der Offensive

Zumindest auf dem Trainingsplatz war in den vergangenen Tagen das Potenzial des Kölner Kaders zu sehen; mit den Rückkehrern Linton Maina und Steffen Tigges sowie Zugang Faride Alidou ist Köln besonders in der Offensive nun variabler besetzt als noch in der Vorbereitung. Allerdings wird sich die genaue Personallage erst am Mittag zeigen, wenn Steffen Baumgart seinen Kader benennt.

Am Samstagabend soll dann mehr herausgekommen sein als eine gute Leistung in einem Bundesligaspiel. Kölns Trainer will Punkte. „Das ist das Schwierige in der Bundesliga: Nicht nur gute Leistungen zu bringen, sondern auch ein Ergebnis einzufahren. Das haben wir gegen Dortmund definitiv nicht.“


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