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FC-Vizekapitän Marco Höger„Der Kampf um den Klassenerhalt bleibt ein steiniger Weg“

Lesezeit 4 Minuten
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Marco Högers Vertrag beim 1. FC Köln läuft in diesem Sommer nach fünf Jahren aus. 

KölnHerr Höger, Sie gehören als Vizekapitän dem Mannschaftsrat des 1. FC Köln an, der nach dem „Spacken“-Ausspruch von Dominick Drexler ein Treffen mit den Ultras vermittelte. Warum hat das Gremium die Initiative ergriffen?

Marco Höger: Ein Mannschaftsrat ist auch für solche Themen da, dafür sind wir gewählt. Drex hat einen Spruch gemacht, der nicht fallen darf und in keiner Weise unser Bild der Fans widerspiegelt. Aber er ist ein fester Bestandteil der Mannschaft. Wir stehen hinter ihm. Bei uns bin ich der Mittelsmann zwischen Mannschaft und Fans. Für uns im Mannschaftsrat war klar, dass wir tätig werden und Schadensbegrenzung betreiben müssen. Drex war ebenfalls der Meinung. In Absprache mit der Geschäftsführung haben wir uns dann mit den Ultras für Samstagabend verabredet. Wir wären zu dem Treffen auch bereit gewesen, wenn wir das Derby in Gladbach nicht gewonnen hätten.

Hat es Sie geärgert, dass das Video aus dem Mannschaftsbus überhaupt öffentlich wurde?

Das darf natürlich nicht passieren. Die Medienabteilung macht vor jeder Saison darauf aufmerksam, dass Videos aus der Kabine, dem Bus in der Mannschaft zu bleiben haben – das sind Interna. Wir haben darüber gesprochen, und ich bin mir sicher, dass das nicht noch einmal passiert und uns allen eine Lehre war.

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Es hieß, Drexler habe bei dem Treffen „höllische Angst“ gehabt.

Das war kein Tribunal, die Atmosphäre war in Ordnung – sicherlich auch begünstigt durch den Derby-Sieg. Drex hat sich glaubhaft bei den Fans entschuldigt. Ihm tut das alles ungemein leid, er war am Boden zerstört. Wer ihn kennt, der weiß, dass er sich voll und ganz mit dem FC identifiziert.

Haben die Ultras zu viel Macht?

Das kann ich nicht beurteilen. Nach all den Jahren im Profi-Fußball ist es so, dass man sich manchmal etwas mehr Ruhe und Gelassenheit wünscht. Auf der anderen Seite will ich die Emotionen nicht missen, die ich bei Traditionsvereinen wie dem FC und Schalke schon erlebt habe. Und da gehören die Ultras dazu. Im Kampf um den Klassenerhalt geht es nur zusammen als echte Gemeinschaft. Ich denke, wir haben uns mit dem Treffen aufeinander zubewegt.

Raul

Auf Schalke spielte Marco Höger mit der spanischen Stürmerlegende Raúl zusammen.

Der Mannschaftsrat verhandelt mit dem Klub wieder über einen neuen Gehaltsverzicht. Wie ist da der Stand?

Wir sind uns unser Verantwortung bewusst. Es ist nicht immer ganz einfach, knapp 30 Mann unter einen Hut zu bekommen. Wir haben allerdings eine unkomplizierte Mannschaft. Ich bin mir sicher, dass wir wieder eine Lösung finden.

Sind sich Profi-Fußballer bewusst, dass sie gerade privilegiert sind?

Ja, ich sehe es als Privileg an, in der Pandemie weiterhin unserer Arbeit nachgehen zu können. Ich habe viele Freunde, bei denen das nicht der Fall ist und die mit der Situation brutal zu kämpfen haben. Es gab und gibt immer ein paar Fälle, die für Kopfschütteln sorgen, aber die große Mehrheit der Spieler weiß ihre Situation zu schätzen.

Nach dem 0:5 in Freiburg hatte der Mannschaftsrat das Gespräch mit Horst Heldt gesucht. Warum war Trainer Markus Gisdol nicht dabei?

Wir waren da in einer ganz schwierigen Situation und mussten etwas ändern. Es war eine ganz offene Aussprache. Es ging um sportliche, aber auch um zwischenmenschliche Themen. Zwei Tage später gab es dann ein ganz ähnliches Gespräch mit dem Trainer, das haben die Medien allerdings nicht mitbekommen (lacht).

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Kapitän Jonas Hector (l.) mit Vizekapitän Marco Höger 

Offenbar haben die Gespräche ja gefruchtet.

Ich denke auch. Wir haben uns insgesamt gesteigert, aber es war in einigen Spielen etwas Glück dabei. Ich will den Derbysieg gegen Gladbach gar nicht kleinreden. Aber wir wissen auch, dass uns Gladbach mit der großen Rotation entgegengekommen ist. Auch wir Spieler können das einordnen. Wir wissen, dass der Kampf um den Klassenerhalt weiterhin ein steiniger Weg bleiben wird.

Sie spielten zuletzt sportlich keine Rolle mehr. Warum?

Die Frage nach dem Grund kann ich als Spieler nicht beantworten. Natürlich bin ich mit der Situation nicht zufrieden. Trotzdem versuche ich, der Mannschaft jeden Tag im Training mit meiner Erfahrung und meinen Qualitäten zu helfen.

Warum haben Sie den FC nicht in der Winter-Transferperiode verlassen? Sie sollen ja Angebote gehabt haben.

Aus der Türkei und weiteren Ländern gab es wie schon im Sommer Anfragen. Das Gesamtpaket hat mich aber nicht überzeugt, um in unsicheren Corona-Zeiten den FC zu verlassen. Ich bin Kölner, meine Familie lebt hier, und der FC ist der Verein meines Herzens. Ich hätte zudem allein gehen müssen, da meine Verlobte einen festen Job bei der Stadt hat.

Im Sommer läuft Ihr Vertrag aus. Wie geht es dann weiter?

Ich bin offen für alles und werde das in Ruhe mit meiner Verlobten besprechen. Im Juni wollen wir heiraten, dann entscheiden wir. Ich will noch zwei, drei Jahre weiterspielen. Vielleicht bekomme ich ja einen Vertrag bei Inter Miami. Bei Sonnenschein jeden Tag zu trainieren und mit David Beckham einen Kaffee zu trinken – das hätte schon was (lacht).