Der 1. FC Köln leistet trotz schwieriger Bedingungen seit Jahren eine starke Nachwuchsarbeit. Doch zu oft und zu billig verlor der Klub seine Talente an die Konkurrenz.
Gefunden, geformt und dann verloren?Dem 1. FC Köln droht erneut der Verlust seiner tollen Talente
Für den 1. FC Köln gab es den vergangenen Jahren nicht allzu viel Anlass, stolz auf das sportlich Erreichte zu sein. Doch im Nachwuchs hat sich der Klub einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Das Kölner Nachwuchsleistungszentrum gilt als Talenteschuppen, das junge Spieler erst findet, dann fördert, fordert und zu Hoffnungsträgern formt. Gleich 13 Spieler zählen derzeit zum Kölner Profi-Kader, die mindestens eine U-Mannschaft des FC durchlaufen haben. Eine beeindruckende Quote, die zwar auch mit der selbstverschuldeten Fifa-Transfersperre gegen den FC zu tun hat. Aber nicht nur.
Doch wieder einmal droht dem Bundesliga-Absteiger der frühzeitige Verlust von Talenten. Die Gründe sind nicht immer so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Das Resultat ist indes dasselbe: Der FC verlor in den vergangenen Jahren vom Klub ausgebildete Spieler erst emotional und dann teilweise deutlich unter Marktwert oder sogar ablösefrei an die Konkurrenz. Das sorgt für Frust. Nicht nur bei den Fans, sondern auch im NLZ. Nun könnte es bei einigen Spielern erneut so kommen.
Tim Lemperle
Anfang Januar stehen wohl Abschied und neues Ziel des Stürmers dann auch endgültig fest, der die Kölner spätestens im kommenden Sommer in Richtung Hoffenheim verlässt. Sowohl der FC als auch die Beratungsagentur (Rogon) des Spielers sind um Deutungshoheit bemüht und verbreiteten ihre Narrative in den Medien. Rogon sprach von einem fehlenden Angebot und warf Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller via „Sport Bild“ sogar vor, „keine Lust“ auf Vertragsgespräche mit Lemperles Seite gehabt zu haben. Keller verzichtete auf eine öffentliche Replik. Die Kölner wiederum lancierten, nur teilweise mit Erfolg, dass Lemperles Seite Absprachen ignoriert und nach der Rückkehr von der Leihstation Fürth bereits im vergangenen Sommer einen Wechsel (nach Belgien) in Erwägung gezogen habe. Rogon hat seit Jahren einen zweifelhaften Ruf in der Branche. Der FC will mit der Agentur aus Ludwigshafen nicht mehr zusammenarbeiten, Lemperle ist der letzte „Rogon-Spieler“ im Kader.
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Ein in der Branche bestens vernetzter Spielerberater sieht es so: „Am Ende liegt – wie so oft – die Wahrheit irgendwo in der Mitte.“ Unverständlich sei etwa, warum der FC es im vergangenen Sommer nicht geschafft habe, den im Juni 2025 auslaufenden Vertrag mit Lemperle zu verlängern. „Das macht man für gewöhnlich so: Man überzeugt den Spieler nicht nur vom Verbleib und versichert ihm, dass man auf ihn setzt. Man geht auch in Vorleistung und passt den Vertrag finanziell an. Allerdings nur unter der Prämisse, dass er den Kontrakt verlängert.“ Beim FC soll Lemperle weniger als 200.000 Euro Grundgehalt jährlich kassieren. Wenn der Angreifer bei der U21-Nationalmannschaft ist, dürfte er im Gespräch mit Kollegen registriert haben, dass das vergleichsweise wenig ist.
Jonas Urbig
Der Torwart wurde von den Verantwortlichen in höchsten Tönen gelobt und nach der Rückkehr von Leihklub Fürth umgehend zur neuen Nummer eins auserkoren. Doch als der Absteiger Ende Oktober in die Krise geriet und die Verantwortlichen vor dem Aus standen, nahm Trainer Gerhard Struber den 21-Jährigen aus dem Tor und setzte auf den früheren Stammtorhüter Marvin Schwäbe (29), der den Klub im vergangenen Sommer hatte verlassen sollen und wollen, aber keinen neuen Verein gefunden hatte. Urbigs Seite zeigte sich überrascht bis entgeistert, der FC bekam die Kurve.
Nach Informationen dieser Zeitung macht sich der Torhüter, der bis 2026 unter Vertrag steht, nicht nur intensive Gedanken über einen Wechsel im Sommer. Auch ein Winter-Weggang ist nicht ausgeschlossen. Kommt es zum Transfer, hätte der Kölner Kronprinz in Rekordgeschwindigkeit abgedankt, der FC aber immerhin eine Apanage kassiert. Die Ablöse könnte bei rund drei Millionen Euro liegen. Interessenten soll es im In- und Ausland geben. Darunter soll unwidersprochen der FC Bayern sein.
Max Finkgräfe
Der 20 Jahre alte Linksverteidiger, Senkrechtstarter der vergangenen Saison, hat seinen Stammplatz verloren und kommt in dieser Saison auf nur 138 Einsatzminuten. Der „Kicker“ berichtete jetzt von einem Interesse aus Stuttgart. Der VfB, so war zu erfahren, würde den Spieler aber nicht vor dem kommenden Sommer holen wollen. Zudem gibt es offenbar noch einige Mitbewerber, nach Informationen dieser Zeitung ist der SC Freiburg einer von ihnen. Das letzte Wort hat indes der FC, da Finkgräfe noch bis 2026 unter Vertrag steht.
Julian Pauli
Der Innenverteidiger hat in dieser Saison eine starke Entwicklung genommen. Und sollte zufrieden mit seiner Rolle als Stammspieler sein. Akuter Handlungsbedarf besteht bei Pauli wohl noch nicht, er steht am Geißbockheim (ohne Ausstiegsklausel) bis 2027 unter Vertrag. Doch an Interessenten dürfte es nicht mangeln. Vor allem aus England. Da Pauli in London geboren wurde, besitzt er neben dem deutschen den britischen Pass. Im Fall eines Transfers würde er kein Problem mit der Arbeitserlaubnis im Brexit-Land haben.
Marvin Obuz
Der dribbelstarke Rechtsaußen, der in der vergangenen Saison an RW Essen ausgeliehen war und überzeugt hatte, war vor der Saison voller Tatendrang. Und wurde erst von einer Verletzung ausgebremst, dann erhielt er trotz Lobs fast keine Chance. Mit nur 83 Minuten in allen Pflichtspielen ist der 22-Jährige nicht zufrieden. Ein Winter-Wechsel scheint möglich. Der wäre endgültig, da sein Vertrag 2025 ausläuft.
Damion Downs
Beim 3:1-Heimsieg des FC gegen Nürnberg sollen Scouts von Chelsea, Newcastle und Aston Villa im Kölner Stadion gewesen sein. FCN-Stürmer Stefanos Tzimas (18) war offenbar das Objekt der Begierde. Doch den Scouts von der Insel dürfte nicht entgangen sein, dass ein junger Kölner Stürmer mit einem Tor, einer Torvorlage und einem herausgeholten Elfmeter herausragte: Downs. Der 20-Jährige hat in dieser Saison eine enorme Entwicklung genommen und bereits sieben Tore erzielt. Auch bei ihm gerät der FC unter Zugzwang. An seiner Vertragssituation (bis 30. Juni 2026) hat sich nach Informationen dieser Zeitung nichts verändert.
Jan Thielmann
Ist mit 22 Jahren nicht nur gefühlt ein alter Hase beim FC. Der U21-Nationalspieler, der im Dezember 2019 in der Bundesliga debütierte, hat für Köln bereits 141 Pflichtspiele absolviert. Und kam bereits auf acht Positionen zum Einsatz, zuletzt wieder rechts im Mittelfeld. Thielmann (Vertrag bis 2026) identifiziert sich mit dem FC, doch auch er dürfte registriert haben: Den ersten Transfer, den die Kölner nach Ablauf der Sperre bekanntgaben, ist einer für seine bisherige Position: Jusuf Gazibegovic (24) ist der neue Rechtsverteidiger beim FC.