Am Geißbockheim kam es zur großen Aussprache. Das hat FC-Präsident Werner Wolf dem Oppositionellen angeboten. Und das will Dieter Prestin.
„Haben uns kritisch ausgetauscht“Präsident Wolf will Vorstandskritiker Prestin beim 1. FC Köln einbinden
Es ist eine bemerkenswerte Volte: Am Montag verfolgten Werner Wolf, der Präsident des 1. FC Köln, und Dieter Prestin im Franz-Kremer-Stadion gemeinsam das Bundesligaspiel der FC-Frauen gegen Leipzig (1:3). Von außen wirkte ihr Treffen harmonisch. Was für viele überraschend sein dürfte, schließlich hatte sich FC-Doublesieger Prestin zuletzt öffentlich als größter Kritiker des Vorstands und von Sport-Geschäftsführer Christian Keller hervorgetan. Mehr noch: Mit einem eigenen Team wollte er Wolf und seine Stellvertreter Eckhard Sauren und Carsten Wettich stürzen.
Der Vorstand wehrte sich gegen Prestins Anschuldigungen und dessen Vorgehen und attackierte seinerseits den Oppositionellen. Noch im Juni hatte Vizepräsident Wettich auf einer öffentlichen Veranstaltung erklärt, dass er „alles dafür tun“ werde, damit Prestin „nicht gewählt“ werde. Auch um die Herausgabe der Mitgliederdaten, die Prestin eingefordert hatte, entbrannte ein Streit. In den folgenden Monaten wurde es dann allerdings ruhig um Prestins „Team FC-Zukunft“, was auch daran lag, dass es seinen Präsidentschaftskandidaten Stefan Jung verloren hatte, der aus privaten Gründen zurückzog.
Große Aussprache am Geißbockheim
Jetzt die neue Entwicklung: Vor dem Leipzig-Spiel trafen sich der FC-Präsident und Prestin am Geißbockheim zur großen Aussprache. Wolfs Intention dürfte klar sein: Mit dem Rücken zur Wand will der 68-Jährige, der mit seinen Stellvertretern mehr denn je daran zweifeln muss, vom Mitgliederrat erneut zur Wahl vorgeschlagen zu werden, seinen größten in Erscheinung getretenen Kritiker in den FC einbinden.
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Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ äußert sich Prestin nun erstmals zum Treffen mit dem Kölner Präsidenten. „Anlässlich der Gründung des Clubs der Legenden habe ich natürlich auch mit Werner Wolf gesprochen. Ich empfinde diese Gründung als außerordentlich guten Schritt, da man sich nach langer Zeit von Seiten des FC entschieden hat, die Alt-Internationalen wieder einzubinden. Darum haben Werner Wolf und ich entschieden, uns zeitnah zu einem Vier-Augen-Gespräch zu treffen. Das ist nun erfolgt. Wir haben uns sehr kritisch ausgetauscht. Es ging um Fakten, nicht um persönliche Eitelkeiten. Das Gespräch verlief überaus entspannt und zielführend“, sagt Prestin.
Nach Information dieser Zeitung hat Wolf seinem Kritiker auch etwas Konkretes angeboten: Prestin soll sportlicher Berater des Vorstands werden. Kleines Problem: Mit Frank Schaefer (61) und Erich Rutemöller, der im Februar seinen 80. Geburtstag begeht, beschäftigt das Präsidium bereits zwei Berater. Auf Nachfrage will Prestin das Angebot nicht direkt bestätigten, aber er dementiert es auch nicht: „Auch wenn wir nicht in allen Punkten einer Meinung waren, haben wir vereinbart, dass wir Anfang Januar 2025 wieder ein Treffen ausmachen werden. Wie gesagt, geht es darum, dass ich meine Kompetenz einbringen kann, damit wir alle gemeinsam unseren FC wieder dahin bringen, wo er hingehört.“
Hat Wolf damit tatsächlich seinen bisherigen Gegenspieler eingefangen und ihn gar ruhiggestellt? Eher nicht. Denn Prestin, so lässt er durchblicken, hat klare Forderungen an Wolf und will, dass seine Kritik gehört wird und Vorschläge umgesetzt werden. Und er selbst will die Zukunft des Klubs maßgeblich mitgestalten. „Mein Ziel ist es nach wie vor, unseren FC mit meiner Sportkompetenz in einer verantwortlichen Position als Vizepräsident Sport nach vorn zu bringen. Ich bin mir sicher, dass das mit unserem Team und Netzwerk möglich ist. Werner Wolf wird sich dazu in der ersten Januarwoche bei mir melden.“ Der Hintergrund: Am 15. Januar lädt der amtierende Vorstand wieder zu einem Mitgliederstammtisch ein. Dort will auch Prestin anwesend sein. Im amtierenden Vorstand gibt es allerdings schon einen Vizepräsidenten, der für die sportlichen Belange verantwortlich ist: Eckhard Sauren.
Unabhängig davon, hat sich der frühere Abwehrspieler im Hintergrund mit seinem Team um Ex-Nationalspielerin und Weltmeisterin Sonja Fuss sowie dem früheren Rhein-Energie-Vorstand Thomas Breuer neu aufgestellt. „Wir sind, ähnlich wie der Mitgliederrat, in diversen Gesprächen. Sobald es etwas Neues zu vermelden gibt, werden wir uns natürlich melden“, sagt der gebürtige Hürther.
Kaum vorstellbar ist indes, dass Prestin bereit ist, sich in einer unveränderten Führungskonstellation beim Zweitligisten einzubringen. Mit Wettich war der Sportversicherungsmakler aneinandergeraten, Keller hatte er wiederholt scharf kritisiert. „Ich habe bisher mit Carsten Wettich nicht persönlich gesprochen, aber man sollte im Sinne des FC alle Eitelkeiten beiseiteschieben. Ich will und kann mein Know-how und meine Netzwerke einbringen, damit viele Fehler aus der Vergangenheit zukünftig nicht mehr passieren. Der FC muss endlich Top-Personen in allen Bereichen einsetzen. Hier geht es insbesondere um Qualität und Teamfähigkeit.“
Prestin bleibt bei Kritik an Keller
Sport-Geschäftsführer Keller, dessen Vertrag der Vorstand unlängst um ein weiteres Jahr bis zum 28. Februar 2026 verlängert hat, sieht Prestin weiterhin ebenso kritisch wie das Zustandekommen der Verlängerung. „Ich finde die Art und Weise der Kommunikation nicht in Ordnung. Christian Keller hat viele Entscheidungen getroffen, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Vielleicht kann man auch hier, zum Beispiel in einem persönlichen Gespräch, Hilfestellung leisten“, sagt Prestin.
Als sich jüngst die früheren FC-Stars im „Club der Legenden“ getroffen hatten, führte der Doublesieger auch ein längeres Gespräch mit Markus Rejek. Prestin zeigt sich überrascht, dass der Geschäftsführer Marketing spätestens zum Vertragsende im Juni beim Absteiger die Brocken hinwirft, wahrscheinlich aber deutlich früher. „Ja, der Schritt hat mich sehr überrascht“, entgegnet Prestin: „Markus Rejek hat mich von seinen Planungen, auch über das Jahr 2025 hinaus, überzeugt. Natürlich können persönliche Gründe eine Rolle gespielt haben. Aber dann hätte er sofort aufhören sollen und nicht erst am 30. Juni 2025. Meine Informationen sind leider andere, aber die möchte ich hier nicht erwähnen.“