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Kölner erstmals für DFB-Kader nominiertDie unglaubliche Karriere des Yann Aurel Bisseck

Lesezeit 4 Minuten
Ein Spieler trägt ein Trikot des 1. FC Köln.

Am 26. November 2017 debütierte Yann Aurel Bisseck für den FC gegen Hertha BSC.

Bereits mit 16 Jahren lief der Innenverteidiger für den FC auf. Damit ist er bis heute der jüngste Kölner Bundesliga-Debütant.

Dass Yann Aurel Bisseck vor einer großen Karriere stehen könnte, schien vor siebeneinhalb Jahren zwar nicht ausgemacht, aber absolut vorstellbar. Damals, am 26. November 2017, verhalf der damalige FC-Trainer Peter Stöger dem gebürtigen Kölner mit gerade einmal 16 Jahren bei der 0:2-Niederlage gegen Hertha BSC zum Bundesligadebüt. Ein Traum wurde für den Abwehrspieler wahr, der sämtliche Nachwuchsteams des FC durchlaufen hatte. Und es war zudem eine wunderbare Geschichte für das NLZ des Klubs.

Zu diesem Zeitpunkt war der großgewachsene Verteidiger nach Dortmunds Nuri Sahin sogar der zweitjüngste jemals eingesetzte Bundesligaspieler. Und folglich der jüngste des FC. Er galt als Ausnahmetalent und erhielt zwei Jahre später die Fritz-Walter-Medaille des DFB in Bronze. Am Donnerstag ist Bisseck, mittlerweile 24 Jahre alt, erstmals für die Nationalmannschaft nominiert worden. Der Abwehrspieler von Inter Mailand gehört dem Aufgebot von Bundestrainer Julian Nagelsmann für die Länderspiele in der Nations League gegen Italien (20. und 23. März) an.

Ein ungewöhnlicher Karriereverlauf

Ein weiterer Traum hat sich bereits mit der Berufung erfüllt. Sollte Bisseck auch noch gleich beim ersten Spiel in Mailand zum Einsatz kommen, dann hätte er auch noch im Stadion seines Klubs, dem legendären Giuseppe Meazza, debütiert. Viel mehr geht nicht. Dass es mit der Nominierung bis März 2025 dauerte, liegt vor allem daran, dass sich die Karriere von Bisseck seit seinem Profidebüt nicht so entwickelte, wie es zunächst den Anschein hatte.

Nachdem der Abwehrhüne beim FC keine Rolle gespielt hatte und größtenteils bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga West zum Einsatz gekommen war, folgten Leihstationen bei Holstein Kiel, dem niederländischen Zweitligisten Roda Kerkrade und Vitoria Guimarães in Portugal. Ein ungewöhnlicher Karriereverlauf. Durchsetzen konnte sich Bisseck aber nie, was auch mehreren Verletzungen geschuldet war. Doch dann folgte die entscheidende Wende. Die Entscheidung, 2021 vom FC fest in die dänische Superliga zu wechseln, wurde für Bisseck zum Glücksfall: Bei Aarhus GF entwickelte sich der Innenverteidiger rasant und wurde zum absoluten Stammspieler. Das veranlasste den fünfmaligen Meister dazu, ihn fest zu verpflichten.

Meister mit Inter Mailand

Bisseck, dessen Eltern aus Kamerun stammen, spielte sich in den zwei Jahren in Aarhus weiter in den Vordergrund. Und wurde zum Kapitän der U21-Nationalmannschaft. Im Sommer 2023 folgte dann ein Meilenstein: Für eine Ablösesumme von sieben Millionen Euro wechselte der Kölner zu Inter Mailand. Mit den Nerazzurri gewann der 1,96-Mann 2024 die Meisterschaft und gehört mittlerweile zum Stammpersonal.

Das alles honorierte Nagelsmann jetzt. „Aktuell sehe ich ihn als einen sehr, sehr guten Spieler, der viel mitbringt, der unsere Mannschaft hinten auch bereichern kann und bin sehr gespannt, wie er am Montag aufdribbeln wird. Wir sehen sehr viel in ihm und halten große Stücke auf ihn“, lobte Nagelsmann, der Bisseck telefonisch nicht sofort erreicht hatte: Der Spieler war gerade beim Training. „Als ich seinen Namen dann in der Kabine auf dem Display gelesen habe – das war ein krasser Moment. Er hatte mir auf die Mailbox gesprochen, dass ich dabei bin – ich habe mich dann natürlich nochmal zurückgemeldet“, berichtet Bisseck gegenüber „Sport1“.

Als ich seinen Namen dann in der Kabine auf dem Display gelesen habe – das war ein krasser Moment.
Yann Aurel Bisseck über den Anruf von Julian Nagelsmann

Die Berufung sei eine „riesige Ehre“ und gehöre „definitiv zu den glücklichsten Momenten meiner bisherigen Karriere.“ Dass der Abwehrspieler, der bereits im Alter von sechs Jahren zum FC gewechselt war, sein Potenzial nicht in Köln zur Entfaltung bringen konnte, ist für Thomas Kessler, dem Leiter der Kölner Lizenzspielerabteilung, kein Ärgernis – im Gegenteil: „Es freut mich natürlich, dass ein Spieler aus der FC-Akademie erstmals für die Nationalmannschaft nominiert wurde. Ich habe ihn als jungen Spieler erlebt, der seine ersten Schritte hier gemacht hat, der aber nicht so weit war, das in seiner Entwicklung zu festigen.“

Ein Fußballspieler hält einen Pokal in den Händen.

Inter-Spieler Yann Aurel Bisseck zeigt sich freudestrahlend mit dem Meisterpokal der Serie A.

Zur Saison 2020/21 hatte der FC zwar den Vertrag mit Bisseck bis 2023 verlängert. Doch der Klub schien mit seinem einstigen großen Versprechen nicht mehr viel anfangen zu können. Bisseck wurde erneut ausgeliehen – diesmal an Guimarães. Zur Wahrheit gehört indes, dass damals wohl keiner von einer derartigen, sagenhaften Entwicklung Bissecks ausgehen konnte. Denn als der von Verletzungen heimgesuchte Verteidiger für Guimarães nur noch in der zweiten Mannschaft in der dritten Liga auflief, soll er sogar drüber nachgedacht haben, ganz mit dem Profifußball aufzuhören. Um dann Medizin zu studieren, er gilt schließlich als kluger Kopf.

Die Entwicklung zeige, so Kessler, wie wichtig es für einen jungen Verteidiger sei, Erfahrung zu sammeln. „Er ist immer noch der jüngste Bundesligaprofi, den der FC je hatte. Für den Jungen ist das eine schöne Geschichte und aus dem kölschen Herzen hinaus: Herzlichen Glückwunsch.“ Doch für den FC sind die Erfolge von Bisseck stets auch mit einem lachenden und weinenden Auge verbunden. Als der Abwehrspieler im Sommer 2023 von Aarhus nach Mailand wechselte, kassierte der FC dank einer Weiterverkaufsbeteiligung mit, die der Klub mit Aarhus ausgehandelt hatte. Eine Summer von etwas über einer Million Euro soll in die Kölner Kassen geflossen sein. Mittlerweile wird der Marktwert des einstigen FC-Talents auf rund 30 Millionen Euro taxiert.