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Kommentar zum FC-AusKader voller Schein-Leistungsträger mit sagenhaftem Salär

Lesezeit 4 Minuten
Beierlorzer_FCS

Achim Beierlorzer am Dienstagabend in Völklingen

  1. Die FC-Mannschaft hat beim Spiel in Völklingen komplett versagt – ein Rückschlag epischen Ausmaßes.
  2. Trainer Achim Beierlorzer droht an einem Kader zu scheitern, der nach falschen Maßgaben erneuert wurde.
  3. Sollten die Kölner am Sonntag auch in Düsseldorf verlieren, drohen Konsequenzen.
  4. Unser Kommentar.

Köln – Achim Beierlorzer kennt das aus seiner Zeit am Gymnasium: Wenn die Schüler das Ziel nicht erreichen, muss der Lehrer nach den Ursachen dafür suchen. Lag es an den Schülern, die nicht aufgepasst hatten, als er es ihnen erklärte? Lag es am Leistungsvermögen? Oder an den Umständen? Ein Lehrer will keine Fünfen verteilen, schließlich ist der Erfolg der Klasse auch sein Erfolg, und weil ein Lehrer zu seinen Schülern besser früher als später ein persönliches Verhältnis aufbaut, schmerzt ihn der Misserfolg jedes einzelnen. Allerdings gibt es auch den Moment, in dem der Misserfolg der Klasse zu dem des Lehrers wird.

Nämlich genau dann, wenn die Klasse in ihrer Gesamtheit versagt, selbst die Besten den Ansprüchen nicht genügen. Dann beginnt der gute Lehrer, die Ursachen des Versagens bei sich zu suchen. War die Aufgabe zu Komplex? Waren die Mittel, die er zur Bewältigung der Aufgabe ersonnen hatte, die falschen? Hat er die Lösungswege schlecht erklärt? Oder haben seine Schüler womöglich gar kein Interesse daran, sich anzustrengen, weil ihnen Erfolg mit der Klasse weniger bedeutet als ein gutes Image auf dem Pausenhof?

Dramatische Pressekonferenz

Achim Beierlorzer ist bereits seit einiger Zeit nicht mehr als Lehrer aktiv, dennoch schien er am Dienstagabend in Völklingen zu überlegen, was der Lehrer Achim Beierlorzer unternähme, wären die Profis des 1. FC Köln eine Schulklasse und das 2:3 gegen den 1. FC Saarbrücken eine Klassenarbeit, in der die Schüler nicht einmal ihren Namen richtig geschrieben hatten. Auf der Pressekonferenz sagte er in einem Akt der Hilflosigkeit, die Mannschaft habe doch „Bescheid gewusst“. Dann fiel ihm der Name seines Rechtsverteidigers Benno Schmitz nicht mehr ein. Es war ein Drama.

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Klar ist: An der Schwierigkeit der Aufgabe hat es nicht gelegen; selbst ein überdurchschnittlicher Regionalligist bleibt ein Regionalligist, diese Vereinfachung ist zulässig, selbst wenn Dirk Lottners Mannschaft gerade einen Lauf hat. Die Umstände waren ebenfalls regulär; der Platz in Ordnung, und im schummrigen Schein der mobilen Flutlichtanlage mussten beide Mannschaften spielen. Beierlorzers Lösungsweg für die Aufgabe, die ein Spiel gegen Saarbrücken darstellte, war keine Raketenwissenschaft. Man hatte dem Gegner in einem Allerweltssystem mit Mittelfeldraute und zwei Stürmern beikommen wollen. Dass das nicht funktionierte, lag kaum am System. Denn eine Bundesligamannschaft muss einen Regionalligisten in jeder Formation schlagen. Man kann dem Trainer nicht vorwerfen, dass er die Sache überkomplex angegangen wäre.

Schein-Leistungsträger

Beierlorzer ist nicht allein verantwortlich für die schwerste Niederlage seiner bisherigen Laufbahn. Er droht an einem Kader zu scheitern, der zwar in den vergangenen Jahren erneuert worden ist. Der allerdings nach wie vor voller Schein-Leistungsträger ist, die ihr sagenhaftes Salär nach einem Jahr in der Zweiten Liga nun wieder voll kassieren, ohne eine entsprechende Bedeutung für die Mannschaft zu haben – und zu teuer sind, um sich von ihnen zu trennen. Anthony Modeste war zwar am Abstieg nicht beteiligt, und einen Mann seiner Klasse zum Nulltarif zurückzuholen, war ein richtiger Gedanke. Doch auch der Franzose versagt bislang überwiegend – und verbreitet dennoch das trügerische Gefühl, alles werde schon bald wieder sein wie in diesem fabulösen Jahr unter Peter Stöger, das sich für den 1. FC Köln mehr und mehr als ein Schicksalsschlag epischen Ausmaßes erweist. Die Erneuerung des Kaders – sie ist offenbar mit den falschen Schwerpunkten in Angriff genommen worden.

Das Thema Veh

Diese Feststellung muss sich Armin Veh gefallen lassen, dessen ungeklärte Zukunft eines der großen Themen am Geißbockheim ist. Die personelle Besetzung der mittlerweile fast gesamten Profi-Abteilung ist nach seinen Vorstellungen geschehen. Die von ihm kritisch gesehene Gremienstruktur ist verschlankt worden und steht vor weiteren Reformen. Viele Menschen, deren Wort im Verein Gewicht hat, sind Vehs Charme erlegen.

Der Verein hat sich seinem Sportchef eigentlich viel zu sehr zu Füßen gelegt, um von ihm verlassen zu werden. Doch Veh lässt die Fragen zu seiner Zukunft offen. Der Vorstand, der grundsätzlich erklärt hatte, mit Veh weitermachen zu wollen, wird seine Haltung überdenken müssen, bevor es in der nächsten Länderspielpause im November ans Verhandeln geht.

FC_enttäuscht

Die FC-Spieler schleichen vom Platz.

Am Sonntag spielt der FC in Düsseldorf; es ist das Duell zweier Mannschaften, die mit sieben Punkten aus neun Spielen sehr mäßig gestartet sind. Eine Niederlage bedeutete, dass die Kölner Zwischenbilanz nach zehn Spieltagen dramatisch ausfiele: In der Bundesliga im Keller, aus dem Pokal ausgeschieden.

Achim Beierlorzer hat noch am Dienstagabend gesagt, dass die Kölner am Sonntag unbedingt gewinnen müssen. Denn er weiß selbst gut genug: Nach einer Niederlage gegen die Fortuna wird es vorerst nicht mehr um die langfristige Entwicklung des 1. FC Köln gehen. Sondern um eine schnelle Lösung für diese Mannschaft. Um ihn.