Ich habe ein paar Fotos von den verkleideten FC-Spielern gesehen. Da haben sich einige Jungs wieder Mühe gegeben – und andere vielleicht etwas weniger (lacht). Die FC-Sitzung und auch die Teilnahme am Rosenmontagszug sind tolle Ereignisse. Und diese Verbindung zum Karneval macht den 1. FC Köln ja auch irgendwie aus und ganz besonders. In Berlin gibt es übrigens auch eine Kölner Kneipe, die Ständige Vertretung. Wenn wir gegen den FC gewinnen, kann man da vielleicht ein bisschen feiern. Aber auch nur dann. Denn die Partie ist für beide Mannschaften wichtig.
Bei Ihrem Verein war zuletzt einiges los – nicht zuletzt durch den Rücktritt von Trainer Jürgen Klinsmann. Wie geht die Mannschaft mit den Ereignissen um?
Die Mannschaft hat das ganz gut weggesteckt und alles vernünftig eingeordnet. Solche Situationen wird man im Profi-Fußball auch immer mal wieder erleben. Auch meine letzte Saison 2017/18 beim FC war mit einem Trainerwechsel und dem Abstieg turbulent und unruhig. Der Rücktritt von Jürgen Klinsmann hat uns nicht belastet, aber sicherlich den einen oder anderen zum Nachdenken gebracht.
Außenstehende waren sehr überrascht. Sie auch?
Wir waren alle überrascht, keiner hat mit diesem Schritt von Jürgen Klinsmann gerechnet. Wir wurden zu einer Mannschaftssitzung eingeladen, die aber auch zuvor regelmäßig stattgefunden hatte. Und in dieser Sitzung hat uns Jürgen Klinsmann dann persönlich über seinen Entschluss informiert.
Wie haben Sie den Trainer Klinsmann in den knapp drei Monaten erlebt?
Er hat sehr akribisch gearbeitet. Er braucht ganz sicher ein gewisses Umfeld mit vertrauten Leuten, die er dann ja auch zu Hertha geholt hat. Ich habe selten so einen positiv gestimmten Menschen erlebt wie Jürgen Klinsmann. Er hat größten Wert darauf gelegt, dass ein guter Spirit in der Mannschaft herrscht.
Jetzt stehen auf einmal die bisherigen Co-Trainer Alexander Nouri und Markus Feldhoff in der Verantwortung.
Was den Trainingsbetrieb angeht, ändert sich für uns nicht so viel. Die beiden haben auch vorher schon das Training organisatorisch und taktisch geleitet. Jürgen Klinsmann war eher der Organisator, der dann natürlich auch die Ansprachen zur Mannschaft gehalten hat.
Mal unabhängig vom Klinsmann-Rücktritt: Warum hat Hertha in dieser Saison diese sportlichen Probleme?
Was die Qualität der Mannschaft angeht, dürften wir ganz sicher nicht im Tabellenkeller stehen. Im Gegenteil, die Mannschaft hat das Potenzial für die obere Tabellenhälfte. Warum wir dann in diesen Abwärtsstrudel geraten sind, das kann ich mir auch nicht ganz erklären. Es bringt aber auch nichts, dauernd zurück zu gucken. Wir können noch vieles aus eigener Kraft reparieren. Der Sieg am letzten Spieltag in Paderborn war ungemein wichtig für uns. Es würde uns sehr helfen, wenn wir gegen den FC gleich nachlegen.
Es war zuletzt oft die Rede davon, dass Hertha BSC ein „Big-City-Club“ werden soll. Die Realität ist noch eine andere.
Mal abgesehen von dem Begriff – warum soll man sich nicht hohe Ziele setzen? Vom Potenzial des Klubs und der Stadt ist noch viel mehr möglich. Ich finde es gut und richtig, dass der Verein Visionen und ehrgeizige Ziele hat. Der geplante Stadion-Neubau spielt dabei eine zentrale Rolle. Ich denke, dass wir allgemein auf einem guten Weg sind. Aber für uns alle geht es erst nur darum, die Saison ordentlich abzuschließen.
Die gestiegenen Ambitionen hängen auch mit dem Einstieg von Investor Lars Windhorst zusammen. Hat die Mannschaft Kontakt zu ihm?
Ja, wir haben Herrn Windhorst das eine oder andere Mal getroffen. Ich habe ihn als interessanten und interessierten Menschen kennengelernt. Natürlich erweitert sein Einstieg die Möglichkeiten des Vereins.
Sie spielen jetzt die zweite Saison für Hertha BSC. Was lautet Ihr persönliches Zwischenfazit?
Meine erste Spielzeit war nicht so einfach, meine schwere Verletzung (Muskelbündelriss, d. Red.) in der Vorrunde hatte mich zurückgeworfen. Dennoch spürte ich auch schon damals das Vertrauen der sportlichen Führung. Gegen Ende der Saison lief es dann besser für mich. Daran wollte ich in dieser Spielzeit anschließen – und das hat ganz gut geklappt. Ich denke, ich habe meinen Durchbruch in der Bundesliga geschafft. Aber darauf werde ich mich ganz sicher nicht ausruhen.
Was waren die Gründe, warum Sie den FC nach dem Abstieg 2018 verlassen hatten?
Das hatte nichts mit dem Abstieg zu tun. Die Kölner Verantwortlichen hatten mir nahegelegt, dass ich mir einen anderen Verein suchen sollte. Und mit Hertha BSC habe ich einen sehr guten Klub gefunden, bei dem ich den nächsten Karriere-Schritt machen konnte. Ich fühle mich im Klub und in der Stadt sehr wohl. Berlin ist vor allem für junge Menschen eine coole Stadt, die sehr viele Möglichkeiten bietet. Grundsätzlich lebt es sich hier als Fußballprofi ruhiger und anonymer als in Köln – aber das kann auch Vorteile haben. Köln ist lokaler und eine Fußballstadt, die mit dem FC lebt. Man kann aber beide Städte nur schwerlich miteinander vergleichen.
Verfolgen Sie die Saison des FC noch ausgiebig?
Ausgiebig vielleicht nicht, aber es ist doch logisch, dass mich der FC noch interessiert. Mich freut es, dass der Klub offenbar den Umschwung geschafft hat. Der FC hat sich in der Winterpause noch einmal gut verstärkt und wirkt viel gefestigter als in weiten Teilen der Hinrunde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der FC absteigt. Und ich bin überzeugt, dass auch wir nicht absteigen.