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Nach 1:2 gegen Bayer 04Der 1. FC Köln hadert mit der Niederlage

Lesezeit 4 Minuten
Steffen Baumgart fasst sich am Mittwochabend vor der Kölner Ersatzbank mit enttäuschtem Blick an seine graue Schiebermütze, eine Hand hat der Kölner Trainer in der Hosentasche vergraben.

Steffen Baumgart sah am Mittwochabend trotz überzeugender Leistung eine Niederlage seines 1. FC Köln

Die Zahlen sprachen am Mittwoch deutlich dafür, dass der 1. FC Köln gegen Bayer 04 Leverkusen die überlegene Mannschaft gewesen war. Dennoch verlor der FC.

Thomas Kessler ist lange genug beim 1. FC Köln, um die örtlichen Rivalitäten zu pflegen. Gegen Bayer 04 Leverkusen etwa stand der heutige Leiter der Lizenzspieler-Abteilung schon zu Jugendzeiten im FC-Tor, von seinen vier Partien in der A-Junioren-Bundesliga gegen die Werkself gewann er nur eine – beim 5:1 im Mai 2004 im Jugendzentrum Kurtekotten traf damals Marius Laux, der heutige Teammanager der Kölner, zum Endstand.

Es gehört zum Wesen eines Traditionsvereins, dass Rivalitäten nicht nur auf den Rängen, sondern auch in den Tiefen des Klubs wirken, insofern ist der 1. FC Köln also gut aufgestellt. Und Kessler war nach dem 1:2 gegen Bayer 04 am Mittwochabend auch angemessen verärgert. „Ich habe schon viele Spiele mit dem 1. FC Köln gegen Leverkusen erlebt. Aber ich habe noch nie ein Spiel so unverdient verloren wie heute“, sagte der 36-jährige.

Thomas Kessler lobt den Kölner Aufritt

Kessler lieferte den geglückten Versuch, trotz einer Niederlage gleichzeitig die eigene Mannschaft zu loben und den Gegner geringzuschätzen. „Wir waren deutlich besser. Es war für uns überraschend, wie defensiv die Leverkusener gestanden und wie wenig sie für das Spiel getan haben. Wir wussten, dass es für sie nur über Konter gehen kann“, beschrieb der ehemalige Torhüter.

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Den Sieg hatte jedoch der Leverkusener Ansatz erbracht; nach der Kölner Pausenführung durch Benno Schmitz (30.) hatte zunächst Nadiem Amiri mit einem durch Kingsley Schindler ungeschickt abgefälschten Freistoß in der 65. Minute den Ausgleich besorgt. Sechs Minuten später war Moussa Diaby nach einem Konter über den gesamten Platz der Siegtreffer gelungen, die Werkself hatte damit die Kölner Befürchtungen erfüllt: Bereits vor der Partie hatte Baumgart angekündigt, trotz der Leverkusener Konterstärke die Wende zurück zum bedingungslos offensiven Fußball vollziehen zu wollen. Und erneut war aus einem aussichtsreichen eigenen Angriff ein Konter entstanden, der zum Gegentor geführt hatte.

Wir wollen am Samstag in Berlin auf die 20 Punkte vor der Winterpause kommen. Die Jungs müssen sich jetzt kurz schütteln. Aber sie wissen, dass sie alles abgerissen haben
Thomas Kessler

Doch anders als nach dem Spiel in Freiburg, als aus einer ähnlichen Aktion das 0:2 gefallen war, ging der FC am Mittwochabend in der Überzeugung vom Platz, auf der gezeigten Leistung aufbauen zu können. „Wir wollen am Samstag in Berlin auf die 20 Punkte vor der Winterpause kommen. Die Jungs müssen sich jetzt kurz schütteln. Aber sie wissen, dass sie alles abgerissen haben. Ich glaube, dass wir uns mit einer solchen Leistung am Samstag in Berlin auch belohnen werden“, sagte Kessler.

Die Spieler standen da noch unter dem Eindruck einer Partie, die sie zumindest mit Blick auf die Zahlen klar dominiert hatten. 560:399 Pässe, 19:10 Abschlüsse. Dazu zwei Lattentreffer und eine um zehn Prozentpunkte höhere Passquote als der Gegner. „Wir hatten sie unter Kontrolle, auch ihre Konter“, sagte Torhüter Marvin Schwäbe, der praktisch keinen schwierigen Ball zu halten bekommen hatte.

Thomas Kessler, ehemaliger Torwart des 1. FC Köln und heutiger Leiter des Lizenzspielerbereichs, beobachtet im Franz-Kremer-Stadion das Training der Kölner Mannschaft.

Thomas Kessler war 20 Jahre lang Spieler des 1. FC Köln.

Amiris Freistoß wäre wohl ohne Schindlers Hilfe in Schwäbes Armen gelandet. Doch der Torhüter hatte die Situation bereits abgehakt, eine von Schwäbes großen Qualitäten. „Ich will nicht großartig über Fehler reden. Er steht einen Meter hinter deren Sichtschutz und sieht den Ball auch sehr spät. Wenn er gerade stehen bleibt, kriegt er den Ball vielleicht auf die Brust. Aber wer weiß es?“, fragte Schwäbe in den Abend und schien gar nicht zu merken, dass er ein durchaus brisantes Thema angesprochen hatte.

Denn die Regeln verbieten es einem Spieler der angreifenden Mannschaft, bei der Ausführung eines Freistoßes näher als einen Meter an der Mauer zu stehen. Robert Andrich war derart nah an Schindler positioniert, dass sich die Spieler sogar berührten, von „einem Meter“ konnte daher kaum die Rede sein. Allerdings stand Schindler derart schlecht, dass er womöglich gar nicht Teil der Kölner Mauer war, als Amiri schoss.

Auch beim Konter zu Diabys Siegtreffer hätte Schindler eingreifen können, doch verpasste er den Bruchteil des Augenblicks, in dem er Diaby noch auf Kosten einer Gelben Karte hätte aufhalten können.

Steffen Baumgart gibt sich zuversichtlich

Dass die Partie gekippt war, nachdem Benno Schmitz verletzt vom Platz gegangen war, durfte als Beleg für die fehlende Tiefe im Kölner Kader gelten. Auch das wird Steffen Baumgart nicht davon abhalten, den grundsätzlichen Weg seiner Mannschaft mit der Besinnung auf den offensiven Stil beizubehalten. Gerade mit Blick auf die Partie am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Hertha BSC, in der die Kölner zum Jahresabschluss ihren noch immer komfortablen Abstand zur Abstiegsregion halten wollen. Der Trainer gab sich trotz des enttäuschenden Resultats zuversichtlich. „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht, das habe ich meiner Mannschaft auch gesagt. Es ist ärgerlich, dass du nach so einem Spiel mit so einer Leistung als Verlierer vom Platz gehst, aber so ist es manchmal. Die Jungs geben alles, sie spielen auch sehr guten Fußball. Darauf lässt sich weiter aufbauen.“