Mit seinen beiden Treffern entschied Davie Selke das Spiel gegen Bayer 04. Am Freitag könnte er seinen Ex-Klub tiefer in den Abgrund stoßen.
Nach Gala in LeverkusenDavie Selke richtet den Blick bereits auf Hertha BSC
Davie Selke verließ das Spielfeld am Freitagabend auf der entfernten Seite, daher musste er den halben Platz umrunden, eher er sich an der Kölner Bank abmelden konnte. Also schlenderte der Stürmer los, zunächst die Gerade entlang, wo er tüchtig beschimpft wurde vom Leverkusener Anhang. Selke winkte gelassen, schien vollends zu ruhen trotz des Zorns von den Rängen. Dann bog er auf die Nordseite der Arena ein, wo die FC-Fans den Mann des Abends feierten. Selke nahm die Emotionen auf, badete im Jubel, den er mit seinen Treffern in der 14. und 36. Minute ausgelöst hatte. Und war eine halbe Stunde später doch wieder ganz bei sich, als er von seinen Erlebnissen sprach: Er genieße den Austausch mit den Fanlagern „ganz allgemein“, sagte er mit einem Lächeln: „Danach ist es auch gut. Es war ein Derby, da gehört etwas Extra-Emotionalität dazu.“
Steffen Baumgart hatte die Lage vor dem Spiel nicht weiter angefacht, im Gegenteil habe er seine Leute in der Vorbesprechung dazu angehalten, die Ruhe zu bewahren, berichtete der Trainer später. Die Versuche seines Mittelstürmers, den Gegner aus der Fassung zu manövrieren, hatten dem 51-Jährigen nicht gefallen. „Ich bin in der ersten Halbzeit ein paarmal mit Davie ins Gespräch gegangen, weil ich nicht wollte, dass er sich durchs Provozieren eine Gelbe Karte abholt“, sagte Baumgart. Doch Selke ist keiner, der wegen ein paar Scharmützeln die Kontrolle verliert. Seinen Gegnern fiel es jedenfalls deutlich schwerer, die Fassung zu wahren.
„Das ist der Grund, aus dem ich hier bin“
Die Freude im Kölner Block hatte Selke später beeindruckt. „Man hat gesehen, was es den Menschen bedeutet. Es war brutal. Heute sind wir alle Derbysieger, das ist mir ganz, ganz wichtig. Wir haben alles wegverteidigt, das ist nicht ohne bei der Leverkusener Umschaltqualität. Ich bin megahappy, dass die Dinger reingeflogen sind.“ Selke sprach von „super Flanken. Das ist genau der Grund, aus dem ich hier bin. Es hat super funktioniert“, befand der 28-Jährige, der erst im vergangenen Winter von Hertha BSC nach Köln gewechselt war.
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Selke hatte in Berlin zuletzt wenig Spielzeit gehabt, nur einen Treffer in den 15 Partien vor der Winterpause erzielt. Und auch in Köln dauerte es eine Weile, ehe dem in Stuttgart geborenen Sohn eines Äthiopiers und einer Tschechin das erste Tor gelang: Zum zwischenzeitlichen 1:4 beim fürchterlichen 1:6 in Dortmund, da war Selke schon seit zwei Monaten FC-Profi. Sein 2:0 beim 3:1-Sieg in Hoffenheim bedeutete vier Wochen später bedeutete bereits einen leichten Trend zum Besseren.
Die beiden Treffer gegen Leverkusen am Freitagabend, die im weiteren Verlauf des Spieltages bedeuteten, dass Köln nun auch rechnerisch den Klassenerhalt geschafft hat, ließen ihn nun endgültig beim FC ankommen. „Ich spüre hier großes Vertrauen. Es tut mir gut, das ist für Stürmer enorm wichtig. Ich genieße es, hier zu sein“, bekannte Selke.
Nicht alles im Spiel war nach den Wünschen des Angreifers verlaufen. Als sein Trainer nach einer guten Stunde die ersten Wechsel vollzog, war Selke nicht dabei. Dennoch erschien er an der Seitenlinie und meldete bei Steffen Baumgart an, dass er ebenfalls bereit sei für den Feierabend. Doch Baumgart schickte den Spieler mit einem nicht nur metaphorischen, sondern tatsächlichen Tritt in den Hintern zurück auf den Rasen. Auch darüber konnte Selke später lachen. „Ich habe gesagt: Trainer, ich habe Krämpfe. Da hat er gesagt: Geh wieder rein“, beschrieb er. In der 71. Minute war seine Schicht dann tatsächlich vorüber: „Ich war froh, dass er mich runtergeholt hat. Ich war relativ am Limit.“
Seit dem Sieg gegen Leverkusen ist der Kölner Klassenerhalt vollendet. Doch erwähnte Thomas Kessler noch, dass sich am Saisonziel namens „40 Punkte“ nicht geändert habe. Überhaupt könnte die Saison darauf hinauslaufen, dass es am letzten Spieltag auch vom 1. FC Köln abhängt, wer Deutscher Meister wird. Denn dann gastiert der FC Bayern in Müngersdorf und trifft auf eine Kölner Mannschaft, der es darum geht, ihre langjährigen Spieler Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri mit dem größtmöglichen Sieg zu verabschieden, vor Zuschauern in aller Welt.
Doch bereits an diesem Freitag sind die Kölner am anderen Drama dieser Saison beteiligt, wenn sie die verzweifelt gegen den Abstieg kämpfende Mannschaft von Hertha BSC im Rhein-Energie-Stadion empfangen. Und damit jene Fußballer, die noch im November Selkes Kollegen waren. „Ich gucke natürlich auch nach Berlin. Es ist komisch, zu sagen, dass ich hoffe, dass sie es noch schaffen, wenn wir noch gegen sie spielen“, sagt der Stürmer. Er wird einen Weg finden müssen.