FC-Vizepräsident Toni Schumacher spricht im Interview über die aktuelle Kölner Siegesserie, seine Hoffnungen auf den Klassenerhalt und die Abschiede von Trainer Peter Stöger und Manager Jörg Schmadtke.
Köln – Der FC hat nach drei Siegen in Folge den Anschluss ans rettende Ufer hergestellt. Sind Sie überrascht?
Nein. Ich bin derjenige gewesen, der schon mit nur zwei Punkten gesagt hat, dass wir nicht absteigen.
Im Sinne von: Wir sind noch nicht abgestiegen? Oder von: Wir steigen nicht ab?
Im Sinne von: Wir steigen nicht ab. Wenn es um solche Themen geht, denke ich weniger wie ein Vizepräsident, sondern ich merke, dass noch sehr viel Spieler in mir steckt. Ich könnte mit mir nicht vereinbaren, dass man bei so vielen noch zu vergebenen Punkten sagt, dass man sowieso absteigt. Das geht nicht. Das wäre ja Kapitulation. Das passt nicht zu meiner Natur. Ich gehe lieber in den Angriffs-Modus über. Die Jungs haben die Kurve gekriegt, der neue Trainer Stefan Ruthenbeck trifft den Nerv der Spieler. Das macht uns große Hoffnung.
Der FC muss jetzt auch nicht jedes Spiel gewinnen.
Stimmt, wobei wir schon nach wie vor außergewöhnlich gut punkten müssen. Ich finde es deshalb gut, dass der Trainer ausgerufen hat, dass jedes Spiel ein Endspiel ist. Das lebt er so vor und er findet da vor der Mannschaft genau die richtigen Worte.
Die hatte Peter Stöger am Ende vielleicht nicht mehr gefunden. Hat sich der Verein zu spät von ihm getrennt?
Nach der Trennung bin ich zu vielen Fanklubs gefahren. Und überall habe ich zu Beginn dieselbe Frage gestellt: Wer hätte Peter Stöger länger behalten, wer hätte sich früher von ihm getrennt und wer wäre mit ihm sogar in die Zweite Liga gegangen, falls das möglich gewesen wäre? Meist war ein Drittel der Anwesenden für jeweils eine der drei Möglichkeiten. Fazit: Du kannst es zwei Dritteln nie recht machen. Wir haben bis zum Schluss gehofft, dass der Peter es noch schafft. Er hat hier lange Zeit einen sehr guten Job gemacht. Aber irgendwann hat es leider nicht mehr gepasst. Fußball ist ein Ergebnissport, und wenn die Ergebnisse nicht stimmen, dann passiert auch etwas im Verhältnis zwischen Trainer und Team. Trotzdem hatten wir eine außergewöhnliche Situation, weil es gegen Peter ja weder von den Medien noch von den Fans starke Kritik gegeben hat. Trotz zwei Punkten aus 13 Spielen. Das macht so eine Entscheidung natürlich nicht einfacher.
Sie haben vor nicht allzu langer Zeit gesagt, dass Sie sich wünschen, Peter Stöger würde der Arsène Wenger des FC werden.
Das ist er doch geworden. Er ist zu demjenigen Trainer geworden, der am längsten beim FC im Amt war. Natürlich wäre es noch schöner gewesen, wenn für den Rekord nicht fünf Saisonstarts gereicht hätten, sondern es acht oder mehr geworden wären. Aber dafür musst du einfach Ergebnisse abliefern. Und die haben am Ende gefehlt.
Eine Woche nach dem Aus in Köln wurde Stöger als Trainer von Borussia Dortmund vorgestellt. Offenbar waren der BVB und Stöger schon länger in Kontakt.
Ich weiß es nicht genau, Michael Zorc hat es ja nur angedeutet.
In sechs Tagen schon kommt Peter Stöger mit seinem neuen Verein nach Köln. Was erwarten Sie?
Das wird besonders, das ist doch logisch. Aber für uns geht es um drei extrem wichtige Punkte, darauf konzentrieren wir uns und das steht für uns im Vordergrund. Ich persönlich habe solche Situationen früher als Spieler immer geliebt. Peter wird damit schon professionell umgehen – so wie wir ihn kennen.
Stöger wirkte am Ende in Köln nicht mehr so kraftvoll wie in den Jahren zuvor. Er selbst hatte ja bereits im Sommer davon gesprochen, nach der vergangenen Saison „leer und urlaubsreif“ gewesen zu sein. Hat es Sie deshalb noch mehr gewundert, dass er so schnell nach Dortmund gegangen ist?
Du kannst ja keinem in den Kopf reingucken. Die meisten Trainer nehmen sich nach solch einer intensiven Zeit eine Auszeit.
Gab es auch eine Entzweiung von Trainer und Mannschaft?
Entzweiung ist nicht das richtige Wort. Aber dass es nicht mehr so gepasst hat, wie es nötig gewesen wäre, das war in dem Gespräch mit dem Mannschaftsrat schon deutlich zu spüren.
Hätten die Spieler da nicht auch mal den Mund aufmachen sollen?
Es ist kein Spieler zu uns gekommen und hat sich beschwert. Und öffentlich verbrennt sich doch heute eh keiner mehr den Mund. Neulich war ich mit Bernd Cullmann und Stephan Engels essen. Da haben wir genau über solche Themen gesprochen. Einmal hatte uns Schorsch Keßler (Georg Keßler, 1986 Trainer beim FC, d. Red.) drei Tage freigegeben. Da haben wir Führungsspieler zu ihm gesagt: Trainer, drei Tage frei, das geht einfach nicht.
Wir müssen noch auf den Abgang von Manager Jörg Schmadtke Ende Oktober zu sprechen kommen. Hätte er nicht durchhalten müssen?
Die Entwicklung hat uns überrascht und schwer getroffen. Ich bin jemand, der in Krisen erst recht kämpferisch wird. Aber es ging nicht mehr weiter, und wir haben die Lösung gefunden, die für den Klub am besten war.
Sie haben reagieren müssen und neue Leute geholt. Sind Sie zufrieden mit Ihrer Wahl?
Zunächst einmal mussten wir uns überhaupt klar darüber werden, wie wir reagieren. Es reicht ja nicht, einfach nur die Verantwortlichen wegzuschicken. Man muss erstmal analysieren, was man inhaltlich ändern will. Wir hatten ja lange keine Hinweise darauf, wo die Ursachen lagen. Es geht nicht darum, sich reinzuwaschen, natürlich sind wir als Vorstand verantwortlich und ich halte gern die Birne hin. Aber es ist eine Erklärung dafür, warum wir nicht sofort auf die Krise reagiert haben.
Was würden Sie darauf wetten, dass der FC in der Liga bleibt?
Ich glaube fest daran. Aber gewettet habe ich habe nur immer als Spieler, dass Karl-Heinz Rummenigge kein Tor gegen mich schießt. Und Elfmeterschützen habe ich immer Wetten angeboten, dass ich ihren Ball halte. 500 Mark.
Und?
Ich bin ganz gut damit gefahren (tatsächlich traf Rummenigge in 22 Spielen gegen Toni Schumacher nur neunmal; Schumachers Bilanz gegen Rummenigge ist mit zehn Siegen, drei Unentschieden und neun Niederlagen positiv, d. Red.). Nur Paul Breitner, den konnte man beim Elfmeter nie rausbringen. Obwohl ich alles versucht habe (lacht).
Sie wirken kämpferisch. Wie empfinden Sie die Stimmung im Präsidium?
Ich habe meinen Kollegen voraus, dass ich schon so oft aufs Maul bekommen habe. Ich habe ja sogar schon als Puppe am Galgen gehangen. Für Werner Spinner ist diese in Teilen völlig unsachliche Kritik vollkommen neu gewesen. Er kommt aus der Konzernwelt und hat beim FC jahrelang Erfolg mitverantwortet. Für jemanden, der solche Anfeindungen nicht so oft mitgemacht hat, ist es nicht einfach, als Schuldiger hingestellt zu werden. Es ist ja auch nicht okay. Er hat keine hundertprozentigen Torchancen vergeben. Er hat nicht auf dem Platz gestanden.
Aber Sie wollen die Amtszeit in dieser Konstellation zu Ende bringen?
Absolut, ja. Ich werde nicht nervös, wenn 200 Leute „Vorstand raus“ rufen. Und zur Einordnung: Ein Teil derjenigen, die das rufen, waren nicht unbeteiligt bei den Vorfällen von Belgrad.
Und nach 2019?
Das kommt auch darauf an, wie fit wir uns alle fühlen.
Stünden Sie im Fall der Fälle als Präsident bereit?
Es ist nicht mein Sinnen und Trachten, Präsident des 1. FC Köln zu werden.
Warum nicht?
Ich bin ein Krieger. Immer noch. Diplomatische Antworten sind nicht meine Art. Und ich fürchte, dass man in dem Amt mehr Diplomat sein muss, als ich es sein möchte.