Leverkusen – Kurz vor Spielbeginn wurde es am Donnerstagabend laut in der Bay-Arena. Ohrenbetäubender Lärm sorgte dafür, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Er wurde allerdings nicht, wie bis vor kurzem in Fußballstadien üblich, von Menschen gemacht. Ein Wolkenbruch ging über der Spielstätte von Bayer 04 nieder und kündigte als natürliche Metapher an, was die Spieler später veranstalten sollten. Die Werkself schlug den OGC Nizza 6:2 in einem Spiel, wie man es auf Spitzenniveau selten sieht.
Am Verdienst des Leverkusener Sieges bestand kein Zweifel. Abgesehen von der halben Stunde zwischen 2:1 und 3:1 hatte Bayer 04 den Gast aus Südfrankreich gut im Griff und kreierte Umschaltsituationen in einer überraschenden Vielzahl. Damit hat der Bundesligist auch die Favoritenrolle in seiner Vorrundengruppe an sich gerissen. Kommenden Donnerstag geht es mit Spiel zwei bei Slavia Prag weiter.
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Trainer Peter Bosz hatte gegenüber dem grauen 1:0 in Mainz vor allem im Mittelfeld eine entscheidende Änderung vorgenommen. Der junge Argentinier Exequiel Palacios kam als Zentralspieler zum Einsatz. Erstmals in dieser Saison. Die sportliche Rolle des 22-Jährigen, den Bayer 04 letzten Winter für viel Geld aus Buenos Aires geholt hatte, war bis zu dieser Partie eher ungeklärt. Der Abend gab allerdings Aufschluss. Gegen die ultraoffensive Mannschaft von Patrick Vieira setzte Palacios die Kollegen mit schnellen Pässen gut in Szene.
Gute Quote von Lucas Alario
Die Traumtore erzielten aber andere. In der elften Minute spielte Leon Bailey den Ball nach einem Doppelpass mit Alario tief in den Strafraum, wo Nadiem Amiri auftauchte, den 37-jährigen Dante (früher Gladbach, Bayern, Wolfsburg) zur Salzsäule erstarren ließ und überlegt einschoss. Man hatte sich über die Schönheit des Treffers noch nicht zu Ende gewundert, da stand es schon 2:0. Lucas Alario war von Baumgartlinger am 16-Meter-Raum angespielt worden, entschied sich für ein Solo und knallte den Ball aus spitzem Winkel unters Gebälk, dass es nur so krachte. Es war im 102. Spiel für die Werkself sein 38. Tor, was bemerkenswert ist angesichts der Tatsache, dass darunter viele Kurzeinsätze mit wenigen Minuten waren.
Starke Grätsche von Palacios
Gegen ein Team, das ohne Visier angereist war, wollte sich Bayer 04 offenbar frühzeitig in einen Rausch spielen. Allerdings vernachlässigte man die zuletzt von Peter Bosz so gelobte Balance zwischen Offensive und Defensive. Nach einem Fehlpass im Aufbauspiel erzielte Amine Gouiri mit einem platzierten Schuss das 1:2 (31.). Danach erst wurde in Ansätzen klar, dass hier nicht eine wilde Experimentalmannschaft angereist war, sondern der aktuell Vierte der Ligue 1, zuletzt souveräner 2:0-Sieger in St. Etienne und in der Abschlusstabelle der abgebrochenen Vorsaison respektabler Fünfter. Es entwickelte sich eine Partie auf Augenhöhe, bei der Bayer 04 kurz vor der Halbzeit die Souveränität ein wenig verloren ging. Nach einer Stunde allerdings nutzte der Gastgeber jedoch einen schlampigen Pass des Torhüters Walter Benitez auf Morgan Schneiderlin. Palacios war hellwach, stahl ihm den Ball mit einer spektakulären Grätsche vom Fuß, Moussa Diaby stand alleine im Strafraum und hatte alle Zeit der Welt, das 3:1 zu erzielen (61.).
Joker Bellarabi und Wirtz stechen
Damit war die Partie entschieden. Nizza ließ jetzt alle Ordnung fahren, Peter Bosz begann spät, das Personal zu tauschen. Und die eingewechselten Kollegen Karim Bellarabi (Weitschusstore in der 79. und 83. Minute) und Florian Wirtz (aus kurzer Distanz nach Vorarbeit von Moussa Diaby) schraubten das Resultat auf 6:1, ehe Alexis Claude-Maurice in der 90. Minute für den Endstand sorgte.
„Vor der Halbzeit hatten wir Probleme, aber wir haben etwas geändert und dann verdient gewonnen“, sagte Lars Bender, „mich freut es für die Stürmer, die alle mal ran durften. So ein Sieg tut uns jetzt gut.“