Leverkusen. – Peter Bosz ist ein Trainer, der sich den Übertreibungen des Resultats verweigert, auch wenn ihm ein prominenter Kollege ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. „Der Gegner war heute besser als wir“, erklärte Patrick Vieira nach dem Leverkusener 6:2-Sieg über sein Team von OGC Nizza zum Auftakt der Europa League. Der Niederländer Bosz nahm das Lob des französischen Weltmeisters von 1998 gern entgegen, war allerdings auch um Einordnung bemüht. Die Kritik nach dem schlichten 1:0-Sieg in Mainz hatte ihn offensichtlich ein wenig geärgert. „Nicht alles war vorher schlecht, nicht alles ist jetzt gut“, sagte Bosz, „die Wahrheit liegt immer in der Mitte.“
In der Mitte des Spiels, das einen so deutlichen Ausgang nahm, lagen auch die Schwächen an diesem Abend. Nach den frühen Traumtoren durch Nadiem Amiri (11.) und Lucas Alario (16.) hatte Bayer 04 den Tabellenvierten der französischen Ligue 1 fast nach Belieben mit Ballsicherheit und Offensiv-Pressing dominiert, bis das Gegentor von Guiri in der 31. Minute die Balance aus dem Spiel der Werkself blies. Erst durch das 3:1 durch Moussa Diaby (61.) kehrte die Souveränität in eine nach Mainz von Peter Bosz leicht veränderte Mannschaft zurück. Und am Ende war jeder Schuss ein Treffer. Die eingewechselten Karim Bellarabi (79., 83.) und Florian Wirtz (87.) mit seinem ersten Europapokal-Tor durften auch etwas fürs eigene Wohlbefinden tun, was vor allem beim zuletzt nicht grundlos zurückgestuften Bellarabi auch nötig schien.
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Auffällig war, dass Spieler Akzente setzten, die auf dem besten Weg waren, zu Enttäuschungen zu werden. Nadiem Amiri zeigte beim 1:0 seine Technik und Abschlussqualität. Exequiel Palacios bewies seine Pass-Fähigkeiten im engen Mittelfeld. Lucas Alario, der in Mainz das 1:0 erzielte, unterstrich, dass er zuverlässig Tore liefert, auch wenn er kein Systemspieler für Peter-Bosz-Fußball ist. Das sorgt in der Frühphase der Europa League für die nötige Lockerheit und gibt dem Trainer auch Zeit, den dringend zurückerwarteten Patrik Schick (derzeit im Individualtraining) an die Mannschaft heranzuführen.
"Genau das Resultat, das wir gebraucht haben"
„Ich wollte Kräfte schonen, aber ich wollte nicht zu stark rotieren. Es hat gut funktioniert“, befand Bosz. Am Montag im Bundesliga-Heimspiel gegen den FC Augsburg (20.30 Uhr, Dazn) wartet eine ganz andere Aufgabe als das Kreativspiel gegen die ganz auf Risiko und Offensive eingestellten Südfranzosen. Peter Boszs Vorgänger Heiko Herrlich wird seiner Mannschaft bei der Rückkehr in die Bay-Arena das disziplinierte Verteidigen von Räumen von der Mittellinie an nach hinten befehlen. Das wird für Bayer 04 ein körperlich und geistig anstrengendes Puzzlespiel.
Fußball ist allerdings manchmal ganz einfach. Ein gutes Resultat zur rechten Zeit wirkt oft mehr als die beste Analyse und Trainingsarbeit. Das weiß nach mühseligen Start-Wochen in der Bundesliga auch Lars Bender: „Das 6:2 war genau das Ergebnis, das wir jetzt gebraucht haben.“