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Leverkusener Torhüter-DuellWarum Xabi Alonso zwischen Matej Kovar und Lukas Hradecky wechselt

Lesezeit 3 Minuten
Matej Kovar (l.) und Lukas Hradecky

Matej Kovar (l.) und Lukas Hradecky

Leverkusens Trainer Xabi Alonso lässt Lukas Hradecky und Matej Kovar abwechselnd ran.

Es ist bisher nicht überliefert, ob Xabi Alonso in seiner Kindheit Pfadfinder war. Das Motto der Organisation ist jedenfalls auch sein Motto, so viel ist sicher. „Allzeit bereit“ – das fordert er von seinen Spielern, seinen Mitarbeitern, vermutlich am meisten aber von sich selbst. Der neueste Schachzug, der zu diesem Motto passt, ereignete sich am vergangenen Samstagabend.

Der Trainer von Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen setzte Kapitän und Stammtorhüter Lukas Hradecky im Ligaspiel gegen Gladbach auf die Bank – völlig überraschend. Schließlich spielt der finnische Nationalkeeper eine gute Saison, hatte gerade erst in der Vorwoche beim 3:2-Sieg in Leipzig mehrere Paraden gezeigt. Für ihn stand Matej Kovar im Tor – und blieb ohne Gegentor.

Was bewog Alonso zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme? Er erklärte:„Die Idee war, dass Matej spielt, um Spielzeit für das nächste Pokalspiel und ein besseres Gefühl dafür zu bekommen.“ Kovar war im Sommer von Manchester United zur Werkself gestoßen. Allein dieser Umstand spricht dafür, dass der Tscheche nicht vorhat, dauerhaft auf der Bank zu verweilen. Auch in Manchester ist man auf Kovars Entwicklung gespannt, deshalb hat sich der englische Klub eine Rückkaufklausel beim Fünf-Millionen-Euro-Deal gesichert. Kovar durfte in dieser Saison dann auch bei den Pokalspielen in Sandhausen und gegen Paderborn sowie in fünf Gruppenspielen in der Europa League ran.

Matej Kovar bekam gegen Gladbach wenig zu tun

In der kommenden Woche, zehn Tage nach dem 0:0 gegen Gladbach, steht das Pokal-Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart an. Dazwischen liegt noch das Ligaspiel in Darmstadt. „Da wird Lukas wieder im Tor stehen“, betonte Alonso, der somit ein durchaus wildes Wechselspiel durchführt – auf einer Position, bei der die meisten Trainerkollegen lieber auf Kontinuität setzen. Die Idee mit der Spielpraxis ging dann auch nur so halb auf. Kovar bekam gegen sehr defensiv eingestellte Gladbacher kaum etwas zu tun. Drei Bälle musste er halten, was er tat, wobei er einen davon etwas unglücklich nach vorne abprallen ließ, was allerdings keinen Schaden nach sich zog.

Die Vermutung liegt nahe, dass Alonso diese Überraschungen durchaus noch mit einem anderen Hintergedanken einstreut: Sinne schärfen. Hradecky ist ein sicherer Rückhalt, ein erfahrener Profi. Doch auch ihm schadet es nicht, das Konzentrationslevel in jeder Sekunde in Training und Spiel hochzuhalten – allzeit bereit zu sein. Und: Hradecky ist 34 Jahre alt, Kovar ist elf Jahre jünger. Dass sich die Spielanteile in mittelfristiger Zukunft also womöglich noch mehr in Richtung des Tschechen entwickeln werden, scheint nicht ausgeschlossen.

Besonders interessant ist auch ein anderes Detail: Hradecky ist Kapitän der Mannschaft. Eine Maßnahme wie am vergangenen Samstag könnte also auch Einfluss auf die hierarchischen Strukturen einer Fußballmannschaft haben. Es wirkt allerdings so, als wäre das im aktuellen Leverkusener Team ausgeschlossen. Was wiederum zu einem Großteil an Alonso liegt. Entscheidungen des Trainers anzuzweifeln, ist keine Option. Der Spanier hat sich absolute Glaubwürdigkeit erarbeitet. Die Führungsspieler schwärmen unisono von ihm. Solange der Erfolg anhält, wird sich das auch nicht ändern.

Und so lief Hradecky beim Start in die Trainingswoche am Dienstagnachmittag nach getaner Arbeit mit einem Lächeln vom Platz. Sie scheinen sich in Leverkusen alle bewusst zu sein, dass in dieser Spielzeit die mehr als 30-jährige Titelsehnsucht endlich gestillt werden könnte. Da ist es nicht verkehrt, zwei Torhüter im Kader zu haben, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen antreiben. Hradecky darf am Samstag wieder unter Beweis stellen, wie wichtig er ist, Kovar am darauffolgenden Dienstag.

Schrecksekunde bei Florian Wirtz

Eine kleine Schrecksekunde gab es auch im Training: Florian Wirtz ging nach 45 Minuten vom Platz. Der Klub gab aber Entwarnung: Wirtz habe nur einen Schlag auf die Hüfte erlitten, ein Einsatz in Darmstadt sei nicht in Gefahr.