Leverkusen – Peter Bosz ist ehrlich. Er weiß nicht so genau, was gerade passiert. „Ich bin seit über 40 Jahren im Fußball dabei“, sagt der Trainer von Bayer 04 Leverkusen, „aber so ist es jetzt das erste Mal. Eine Pause mitten in der Saison. Spieler im Heimtraining, dann in Kleingruppen. Und jetzt, nach acht Wochen Unterbrechung, wieder normales Mannschaftstraining. Das ist komplett anders als alles, was ich kenne.“ Wichtig ist jedoch: „Es fühlt sich gut an. Das riecht wieder nach Fußball.“
Dieses Gefühl bestimmt beim Werksklub alles nach der Erlaubnis durch die Bundesregierung, mit der Bundesliga-Saison fortzufahren. Bis dahin hat der Niederländer seine Arbeit als Beschäftigungstherapie ohne Zielpunkt empfunden. „Du trainierst, aber du weißt nicht genau wofür. Zwei Monate lang. Die Spieler haben sich Mühe gegeben, aber die richtige Spannung war nicht immer da. Im Trainer-Team auch nicht. Jetzt haben wir eine Fokussierung. Jetzt ist es wieder Fußball.“
Bosz gibt ganz offen zu, dass er keine richtige Vorstellung davon hat, wie der Wettkampf nach dem Virus-Schock und der Folge anschließender Lähmung im Trainingsalltag aussehen wird. „Es sind viele Fragezeichen“, sagt der Niederländer, „ganz sicher weiß ich nur: Eigentlich sind wir noch nicht bereit. Die Spieler sind jetzt frisch. Aber sie sind nicht fit. Ein großer Unterschied.“
Zwar hat die Werkself bis Montag, 18. Mai, Zeit bis zur Partie in Bremen (20.30 Uhr, live auf DAZN). Aber von einem gezielten Trainingsaufbau konnte natürlich keine Rede sein. „Es war etwas ganz anderes, Übungen in Kleingruppen zu machen. Die Belastung ist nicht vergleichbar. Die Intensität anders. Da mussten wir sogar aufpassen, dass wir nicht zu viel gemacht haben.“
Wesentliche Teile des Spieles – Zweikämpfe, Standardsituationen, die harte Arbeit am Gegner – haben jedoch zwei Monate lang ganz gefehlt. „Im Fußball ist nichts vergleichbar mit dem Spiel elf gegen elf“, erklärt Bosz, „da sind alle Belastungswerte am höchsten. Wir dürfen jetzt auch keine Testspiele machen. Ich weiß nicht, wie es in Bremen sein wird.“ Am Montag wird Bayer 04 das vorgeschriebene Trainingslager beziehen. „Lieber wäre ich natürlich zu Hause“, sagt Bosz, „aber es muss sein.“ Medizinische Sicherheit steht über allem. Bisher waren alle Tests bei Bayer 04 negativ. „Ich kann garantieren, dass alle bei uns verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen und alles tun, um eine Ansteckung zu vermeiden“, sagt der Trainer, „aber niemand kann versprechen, dass es nicht doch einen positiven Fall geben wird.“
Aus seiner niederländischen Heimat, in der die Saison schon am 21. April abgebrochen wurde, erhält Bosz viele Nachrichten. „Alle wollen wissen, was in der Bundesliga los ist, wie wir das jetzt machen“, verrät er, „eines ist sicher: Alle werden auf uns schauen.“ Bei allem, was er nicht weiß, ist Bosz, der Geisterspiele eigentlich gar nicht mag, froh, einen Teil seiner gewohnten Normalität zurück zu haben. „Ich kann mich auf den nächsten Gegner vorbereiten. Werder Bremen. Ich kann darüber nachdenken, wie wir ihn schlagen werden. Ich liebe Fußball,alles, was damit zu tun hat. Und jetzt fühlt es sich wieder wie Fußball an.“