Bayer 04 Leverkusen erstrahlt als erster, ungeschlagener Bundesliga-Meister. Angeführt vom Spieler der Saison, Florian Wirtz, peilt die Mannschaft das Triple an.
„Woche wird einzigartig“Bayer 04 startet die Triple-Jagd - Auszeichnung für Wirtz
Mehr als einen Monat konnte sich der feststehende Meister Bayer 04 Leverkusen darauf vorbereiten, endlich die Schale in den Händen zu halten. Als Lukas Hradecky am späten Samstagnachmittag die Trophäe gen Himmel reckte, brach die ausverkaufte Bay-Arena noch einmal in Ekstase aus. Es war unschwer zu erkennen: Dieser Moment markierte das Ende einer langen Sehnsucht, die von vielen Misserfolgen und noch mehr Häme begleitet wurde. Nun hat die Beschreibung „Vizekusen“ endgültig ausgedient.
Dass es die Werkself durch das 2:1 gegen den FC Augsburg auch noch geschafft hat, den Bundesligatitel ohne eine einzige Niederlage zu gewinnen, macht dieses Ereignis noch einzigartiger.
Weil die Mannschaft genau wusste, welche Bedeutung der Erfolg für die Anhänger hat, brachte Hradecky die Schale auch umgehend nach der offiziellen Zeremonie in die Kurve – und das wortwörtlich. Der Kapitän überreichte das wertvolle Edelmetall an die Vorsänger der Ultras in der Nordkurve. Die präsentierten die Schale noch einmal dem Rest der Anhänger aus nächster Nähe. Hradecky erklärte später, die Geste sei ein Dankeschön für die Unterstützung gewesen.
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Lukas Hradecky schwärmt von den Bayer-Fans
Und das gar nicht mal auf das Meisterjahr bezogen, sondern vielmehr auf die Zeit, als es gar nicht gut lief. „Ich weiß noch, was vor zwei Jahren war. Wie sie uns gepusht und hinter uns gestanden haben. Ich vergesse sowas nicht“, sagte der Finne, der dann lächelnd zugab, auch „kurz Angst“ um die Schale im Fan-Gewusel gehabt zu haben: „Aber sie haben sie alle mit Respekt behandelt. Sie sind besser damit umgegangen als ich mit dem Ball.“
Nach den Feierlichkeiten in der Arena ging es für die Spieler mit ihren Familien ins „Bayer-Kasino“ zu einer kleinen, internen Meisterfeier. „Jeder ist Profi genug“, meinte Kapitän Hradecky, „um nicht bis sechs Uhr morgens zu feiern.“ Unisono waren sich die Leverkusener einig, dass man das Erreichte wohl erst mit ein wenig Abstand wirklich realisieren und einordnen könne.
Derjenige, der am klarsten in der Analyse war, war wieder einmal der Trainer. „Diese Mannschaft hat sich in der Geschichte verewigt. So etwas ist nicht nur in Deutschland eine Ausnahme, sondern in Europa“, sagte Xabi Alonso, der zuvor auch mit den Fans auf dem Podest in der Kurve gefeiert hatte. „In Spanien gab es noch nie eine Mannschaft, die ungeschlagen geblieben ist. Wir erinnern uns an die Invicibles, an Arsenal in England vor 20 Jahren. Und in 20 Jahren werden wir zurückschauen und sagen: Wir haben es damals geschafft.“
Dann können die Protagonisten auch auf weitere gebrochene Rekorde zurückblicken. Zusammen mit dem VfB Stuttgart hat sich die Werkself als erstes Team der Bundesliga-Historie um 40 Punkte gegenüber der Vorsaison verbessert. Mit mittlerweile 51 Pflichtspielen ohne Niederlage hat Leverkuse den bisherigen europäischen Rekord von Benfica Lissabon aus dem Jahr 1965 (49) verbessert. Hinzu kommen zahlreiche Vereinsbestmarken. Nie holte Leverkusen in einer Saison mehr Siege (28) und mehr Punkte (90), schoss mehr Tore (89), kassierte weniger Gegentreffer (24), schaffte mehr Siege in Folge (zehn) oder absolvierte mehr Spiele ohne Gegentor (16). Außerdem war die Werkself das erst zweite Team in der Ligageschichte, das nach einer Führung keinen Punkt mehr abgab.
Zwei Spiele noch zur Perfektion
Jetzt fehlen nur noch zwei Spiele, um sich mit einer wirklich absolut perfekten Saison in die Geschichtsbücher einzutragen. „Es geht in eine extrem wichtige, aber auch geile Woche. Jetzt wollen wir das Triple auch holen“, sagte Jonas Hofmann. Läuft alles perfekt, werden die Leverkusener Spieler am Sonntag bei der Abschlussfeier mit den Fans in und um die BayArena neben der Meisterschale noch zwei Pokale mitbringen. „Wenn wir jetzt noch zwei Trophäen holen, müssen wir schauen, welcher Flieger uns noch mitnimmt, damit es nicht so schwer wird“, scherzte Granit Xhaka.
Am Dienstagmorgen hebt aber erstmal das Flugzeug nach Dublin ab, wo tags darauf das Endspiel in der Europa League gegen den italienischen Klub Atalanta Bergamo wartet (21 Uhr/RTL). „Mit dieser Stimmung, mit dieser Energie gibt es Gründe, optimistisch zu sein. Vier Tage, zwei Finals – unglaublich“, betont Alonso vor der Partie. Laut Stürmer Patrik Schick sei es schwer zu sagen, ob Leverkusen zurzeit die beste Mannschaft weltweit sei, „weil wir nicht in der Champions League spielen“, aber die Werkself sei sicherlich „im Moment das formstärkste Team in Europa“. Alonso warnte dennoch: Atalanta, Fünfter der Serie A, ist für ihn „einer der härtesten Gegner in Europa“. Am Samstagabend steht noch das Pokalfinale im Berliner Olympiastadion gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern an (20 Uhr/ARD), in das Bayer 04 als eindeutiger Favorit gehen wird. „Diese Woche wird einzigartig“, sagte Alonso.
Mit einem großen Schub wird Florian Wirtz in die beiden Endspiele gehen. Der 21-Jährige, der nach seinen Oberschenkelproblemen wieder fit ist, wurde am Montag von der DFL zum „Bundesliga-Spieler der Saison“ ausgezeichnet. Er folgt auf den Ex-Dortmunder und jetzigen Spieler von Real Madrid, Jude Bellingham. Nationalspieler Wirtz steuerte zum Meistertitel von Bayer 04 elf Tore und elf Vorlagen bei.