Jonathan Tah ist bei Bayer 04 zum unverzichtbaren Abwehrchef gereift. Nun soll davon auch die Nationalelf profitieren.
„Ich habe darauf länger gewartet“Wie Jonathan Tah der Nationalmannschaft helfen will
27 Jahre ist Jonathan Tah mittlerweile alt. Sein erster Bundesliga-Einsatz liegt fast genau zehn Jahre zurück - im August 2013 für den Hamburger SV. Der 1,95-Meter-Mann war zu dieser Zeit die große Nachwuchshoffnung für die deutsche Innenverteidigung der Zukunft - auserkoren als Nachfolger für verdiente Spieler wie Per Mertesacker, Benedikt Höwedes oder Mats Hummels. Es hat etwas länger gedauert, als geplant, aber 245 Bundesliga- und 16 Länderspiele später scheint er in der Verfassung zu sein, den damaligen Erwartungen gerecht werden zu können.
2023 war bisher das Jahr von Jonathan Tah. Unter Trainer Xabi Alonso wurde er bei Bayer 04 Leverkusen immer stabiler und souveräner, als Abwehrchef half er der Werkself entscheidend dabei, eine eigentlich schon verkorkste Saison noch zu retten. Mit Stolz präsentierte er in der Sommerpause eine Trophäe der Uefa: Tah wurde in die Europa-League-Elf der Spielzeit 2022/2023 gewählt.
Auch in der neuen Saison überzeugt Tah in einer fantastisch organisierten Bayer-04-Mannschaft, erzielte zudem noch zwei Treffer. Der Lohn: Nationaltrainer Hansi Flick berief den gebürtigen Hamburger für die anstehenden Länderspiele gegen Japan und Frankreich in den DFB-Kader. Umso bedeutender wird die Berufung, wenn man miteinbezieht, dass diese beiden Partien wohl über die Zukunft von Hansi Flick beim DFB entscheiden werden.
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Letztes Länderspiel im Juni 2022
Sein bisher letztes Länderspiel machte Tah im Juni 2022, das WM-Desaster in Katar im Winter verfolgte er nur auf der Couch. Er freue sich über die Berufung, sagt Tah und schiebt hinterher: „Um ehrlich zu sein: Ich habe darauf auch länger gewartet.“ Tah wirkt in diesen Tagen sehr gereift, auf und neben dem Platz - und er bringt etwas mit zur Nationalelf, das gewiss nicht schaden kann: Selbstbewusstsein. „Ich möchte dort die Energie mitbringen, mit der ich von Bayer 04 weggegangen bin. Ich werde alles reinhauen, um die Spiele so erfolgreich wie möglich zu gestalten“, sagt er. Dass sein Ziel ist, bei der Europameisterschaft 2024 im eigenen Land dabei zu sein, muss er gar nicht erwähnen.
Um das zu erreichen, will Tah vor allem auch bei Bayer 04 weiter überzeugen. „Wir machen es echt gut, spielen Erwachsenen-Fußball“, sagt er nach drei Bundesligasiegen zum Saisonstart. „Unsere Idee kommt deutlich rüber und wir drücken sie jedem Gegner auf. Deswegen macht es sehr viel Spaß.“
Nach den Länderspielen wartet das große Bundesliga-Topspiel. Bayer 04 reist als Tabellenführer zum Zweitplatzierten FC Bayern München. Tah beschreibt, dass es ein anderes Gefühl sein wird, nach München zu fahren, als in den Jahren zuvor: „Ich glaube, wir sind sehr gefestigt. Die Mannschaft hat sich verändert, es sind mehr erfahrene Spieler dabei. Wir machen es gerade sehr gut und sollten mit viel Selbstvertrauen nach München fahren. Das dürfen wir haben. Wir haben den Anspruch, auch dort zu gewinnen.“
Es war lange nicht klar, ob Tah in dieser Spielzeit überhaupt noch für Leverkusen auflaufen würde. Schließlich hatte er mehr als deutlich seinen Wechselwunsch hinterlegt. Sein Traum von der Premier League sollte in Erfüllung gehen. Eine im Vertrag verankerte Ausstiegsklausel von rund 18 Millionen Euro wurde bis Juli aber nicht gezogen. Es gab zwar auch danach noch Interesse, aber nicht von einem der englischen Top-Clubs, die sich Tah als Ziel ausgemalt hatte. „Es war immer ein Hin und Her“, erzählt er, „aber ich wusste, was ich hier habe. Also war klar, dass viel kommen muss, damit ich den Schritt weg mache.“
England-Transfer war klarer Wunsch
Dass er den Wunsch hegt, auf die Insel zu gehen, kommunizierte der Abwehrchef genauso offen, wie den Fakt, dass es für ihn aber auch keine Strafe wäre, weiter das Bayer-Kreuz auf der Brust zu tragen. Die Verantwortlichen rechneten ihm seine Transparenz hoch an. Zumal Tah natürlich auch mitbekommen hat, wie Alonso und Sportgeschäftsführer Simon Rolfes den Kader umgebaut haben.
„Ich habe in der Vorbereitung schon gemerkt, was hier entsteht, wie es sich entwickelt - jetzt auch in den Spielen“, betont er. „Daher war es nicht so, dass ich das Gefühl hatte, ich wäre in einer absolut schlechten Situation, sondern das komplette Gegenteil. Ich freue mich, bei Bayer 04 zu sein und in so einer Mannschaft mit diesem Trainer spielen zu können. Es macht gerade sehr, sehr viel Spaß.“ Den will er jetzt auch zur Nationalelf transportieren. Jeder weiß, wie dringend sie Spaß gebrauchen kann.