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LeverkusenEinst Supertalent, jetzt zweite Wahl: Der Absturz des Jonathan Tah

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Jonathan Tah

Leverkusen – Jonathan Tah ist die Sorte Fußball-Profi, nach der sich jeder ambitionierte Bundesliga-Klub sehnt. Er ist talentiert und erfahren zugleich, gehört zum Kreis der Nationalmannschaft, ist gestählt durch viele Spiele in der Champions League. Mit 24 Jahren. Seit 2015 zählt der 1,95-Meter-Hüne Tah zum Stammpersonal von Bayer 04 Leverkusen. Er hat seitdem 185 Spiele für den Werksklub absolviert. Seine Zukunft schien glänzend, der Himmel war die Grenze. Niemand konnte ahnen, dass sein Stammplatz im Herbst 2020 der auf der Ersatzbank sein wird.

Um ein Spiel von Beginn an zu bestreiten, muss Jonathan Tah in diesen Tagen weit reisen. Zuletzt stand der Verteidiger bei der unglücklichen 0:1-Niederlage in Prag in der Bayer-04-Startformation. Am Donnerstag wird das auch beim nächsten Europa-League-Auswärtsspiel in der israelischen Großstadt Beer Sheva (200 000 Einwohner) erwartet. Dass er ein wichtiges Tor für seinen Arbeitgeber erzielen darf, wie am Sonntag das 4:2 zum Endstand beim Sieg in Freiburg, ist die Ausnahme. Es war erst der zweite Einsatz in der laufenden Bundesliga-Saison, und wieder kam er in der letzten halben Stunde, um den Abwehrchef Sven Bender physisch zu entlasten.

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„Das ist eine schwierige Situation für mich“, sagt Tah, „ich bin Sportler und will in jedem Spiel auf dem Platz stehen.“ Der Grund dafür, dass er das nicht tun darf, hat einen Namen: Edmond Tapsoba. Seit der junge Mann aus Burkina Faso im Januar 2020 von Vitoria Guimaraes aus der portugiesischen Liga gekommen ist, haben sich die Kräfteverhältnisse in der Hintermannschaft bei Bayer 04 verändert. Praktisch vom ersten Tag an hat der Afrikaner die Leute im Werksklub mit seinem außergewöhnlichem Verteidigerspiel, seiner Ruhe, seinen technischen Fertigkeiten, seiner Passqualität und seinem riesigen Potenzial überzeugt. Da Sven Bender als Routinier, Ankermann und Leitfigur aus der Innenverteidigung nicht wegzudenken ist, hat es Jonathan Tah getroffen.

Der bullige Abwehrmann ist ein ruhiger Vertreter, der seiner Enttäuschung nie in markigen Worten und dicken Schlagzeilen Ausdruck verleihen würde. Er hat allerdings seine Perspektive für die Nationalmannschaft zu verteidigen, für die er schon zehnmal zum Einsatz gekommen ist. Ohne Stammplatz und regelmäßige Einsätze für seinen Arbeitgeber Bayer 04 wird das schwer. Deshalb tauchte der Name Tah regelmäßig im Zusammenhang mit englischen Klubs (Leicester, West Ham) auf, bis das Transferfenster Anfang Oktober geschlossen wurde.

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Edmond Tapsoba (2. v.r.) und Sven Bender (r.) sind Jonathan Tahs Konkurrenten in der Innenverteidigung.

Allerdings waren die Dinge nicht konkret genug. Bayer 04 hatte den Innenverteidiger nach den lukrativen Verkäufen von Kai Havertz und Kevin Volland nicht aktiv für einen Verkauf ins Schaufenster gestellt. Und niemand scheint bereit, in der Corona-Zeit den Marktwert von 25 bis 30 Millionen Euro für den Nationalspieler zu bezahlen.

Im Vergleich mit Tapsoba wird allerdings klar, welche Hoffnungen Tah nicht erfüllt hat. Als Jonathan Tah im Alter von 17 Jahren seine ersten Bundesliga-Minuten für den HSV gespielt hat, war der athletische Deutsch-Afrikaner eine Sensation. Schnell, stark, mit viel Talent zum Passspiel. In der Zeit seit 2015 hat er bei Bayer 04 alle Schritte zum Klassespieler getan, abgesehen vom letzten. In großen Spielen fehlte Jonathan Tah oft die Kompromisslosigkeit, das Führungs-Gen und die allerletzte Beweglichkeit. Von einem 19-Jährigen kann das nicht verlangt werden, aber Tah ist jetzt 24.

Für Bayer 04 ist die Situation viel angenehmer als für den Spieler. Als Verteidiger Nummer drei wird Tah im prall gefüllten Terminplan des Bundesliga-Vierten bis Weihnachten noch oft benötigt. In der Europa League zum Beispiel. Aber am Sonntag im Top-Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (18 Uhr, Bay-Arena) wird er nur in der Startaufstellung stehen, wenn sich einer der Konkurrenten verletzt. Ein spätes Tor wie in Freiburg wird nicht genügen, um die Kräfteverhältnisse in der Abwehrzentrale des Werksklubs zu ändern. „Es ist aktuell nicht einfach für mich“, gibt Tah zu, „Im Spiel will ich zeigen, dass ich bereit bin. Das habe ich in der Vergangenheit oft gemacht – und werde ich auch weiter machen. Am Donnerstagabend wird er in Israel wieder Gelegenheit dazu haben.