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„Maximal bitter““ Ärger beim VfB über Handspiel – Bayer 04 zurück in der Spur

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Die Spieler von Bayer 04 Leverkusen feiern ihren Sieg.

Leverkusen – Als das Endergebnis 5:2 scheinbar vielsagend auf der Anzeigetafel in der zuschauerlosen Bay-Arena aufleuchtete, war das Hupen eines auf der Bismarckstraße vorbeifahrenden Autos zu hören. Offensichtlich die Anerkennung eines Fans am Steuer für ein deutlich gewonnenes Spiel der Werkself. Nach Wochen der unbefriedigenden Ergebnisse, die im dramatischen DFB-Pokal-Aus in Essen (1:2 nach Verlängerung) gipfelten, lieferte die Mannschaft von Peter Bosz gegen den VfB Stuttgart das, was von ihr erwartet wird: Angriffsfußball, Tore und einen Sieg, der die Organisation im Spitzenbereich der Liga hält.

Die Geschäftsführung hatte nach dem Verlust aller Titelträume im Pokal deutlich gemacht, dass sich der Druck in der Liga erhöht. Die Mannschaft hatte geliefert. „Wir mussten gewinnen“, sagte Trainer Peter Bosz, „und wir haben gewonnen. Deshalb bin ich zufrieden.“

Erste Halbzeit: Bayer 04 lässt fünf Tormöglichkeiten ungenutzt

Das Ergebnis erzählt die spannendsten Geschichten dieses Spieles jedoch nicht. Nicht die der ersten Halbzeit, in der Bayer 04 durch die Tore von Kerem Demirbay in der 18. Und 31. Minute 2:0 in Führung gegangen war. Der 27-Jährige hatte zunächst einen durch VfB-Keeper Kobel abgewehrten Schuss von Moussa Diaby artistisch aus spitzem Winkel im Tor untergebracht. Dann tunnelte er den Stuttgarter Schlussmann nach Zuspiel von Bailey. Verborgen bleibt im Halbzeitstand, dass Bayer 04 fünf weitere große Tormöglichkeiten ungenutzt ließ. „Wir hätten deutlicher führen müssen“, sagte Sportdirektor Simon Rolfes am Sonntag.

Weil dies unterblieb, genügte den Stuttgartern ein Leverkusener Fehler, um ins Spiel zurückzukehren. Zweimeter-Mann Sasa Kalajdzic lief dem strauchelnden Edmond Tapsoba im Strafraum davon und überlupfte Torhüter Lukas Hradecky in der 50. Minute elegant. Danach stand das Kräftemessen zweier bedingungslos offensiv ausgerichteter Mannschaften auf des Messers Schneide.

VfB: Unverständnis über fehlende Entscheidung zu Handspiel

Das Ergebnis erzählt vor allem nichts über die 55. Minute, als sich die entscheidende Szene des Spiels ereignete. Sasa Kalajdzic, den Bayer 04 nie in den Griff bekam, schoss Timothy Fosu-Mensa tief im Strafraum aus einem Meter Entfernung an der Hand an, die sich bei angelehntem Arm auf Kopfhöhe befand. Schiedsrichter Sven Jablonski ließ spontan weiterspielen. Daraus entwickelte sich mit der Verzögerung eines Angriffs das 3:1. Moussa Diaby umkurvte einmal mehr die ganze VfB-Abwehr, fand Leon Bailey frei vor dem Tor, der schoss ein. Und dann ging es los. Der VAR in Köln untersuchte den Vorgang. Alle im Stadion – Trainer, Ersatzspieler, Funktionsteams, Journalisten – waren der Meinung, die umstrittene Hand-Szene stehe im Zentrum der Betrachtungen, die angemessene Zeit in Anspruch nahmen.

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Nach etwa zwei Minuten, in denen die Rücknahme des Leverkusener Tores, ein Elfmeter für Stuttgart und ein 2:2 im Raum zu stehen schien, zeigte Schiedsrichter Jablonski mit der ausgestreckten rechten Hand auf die Mittellinie zum Zeichen, dass der Treffer korrekt und der Spielstand von 3:1 gültig sei. In die Empörung der Stuttgarter kam ein Zeichen aus dem so genannten Kölner VAR-Keller, das diese Empörung noch viel stärker werden ließ. Das Handspiel war überhaupt nicht untersucht worden, sondern alleine eine mögliche Abseitsstellung des Passgebers Moussa Diaby. „Ganz ehrlich, da brauchen wir nicht zu diskutieren“, schimpfte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat: „Das war ein glasklarer Handelfmeter, eine klare Fehlentscheidung. Das war eine nahezu spielentscheidende Situation. Deshalb ist das maximal bitter.“

Simon Rolfes: „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie es besser kann“

Der Rest des Spiels ging in der Aufregung um diese Szene unter. Der 17-Jährige Florian Wirtz brachte die Partie mit einem Kopfballtreffer nach dem dritten Assist von Moussa Diaby außer Reichweite für die Stuttgarter, die dennoch nicht aufgaben und durch Kalajdzic zum 2:4 kamen. Neuzugang Demarai Gray machte auf Zuspiel von Neuzugang Jeremie Frimpong mit einem entschlossenen Schuss zum 5:2 alles klar.

Es erstaunte, mit welcher Frische und Klarheit die Mannschaft den Unfall von Essen in Energie für die Liga verwandelte. „Man hat uns abgesprochen, eine Mannschaft zu sein, wir haben gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind“, beschrieb Jonathan Tah die Trotzreaktion. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie es besser kann“, sagte Simon Rolfes, „sie hat die Qualität, viele Tore zu schießen. Und diesmal hatte sie, obwohl nicht alles super war, den Biss und den Willen, diese Tore auch zu machen.“