- Alexander Ende ist neuer Coach des SC Fortuna Köln, Anfang Juli soll die Vorbereitung für die neue Regionalliga-Saison starten.
- Im Interview spricht Ende über sein Aus beim Südstadt-Klub als Spieler unter Trainer Uwe Koschinat und die Verhandlungen des Vereins mit Dirk Lottner.
- Zudem erklärt Ende seine Spiel-Philosophie.
Köln – Herr Ende, wie haben Sie Ihre ersten Wochen als Trainer von Fortuna Köln erlebt?
Leider stand ich ja noch gar nicht als Trainer auf dem Rasen. Also freue ich mit total auf unseren Trainingsauftakt am 2. Juli, wenn wir dann das erste Mal als Gemeinschaft zusammen sind. Ich hatte bislang telefonischen Kontakt zu allen Spielern. Aber als ich das erste Mal wieder am Südstadion gewesen bin, war es lustig und schön, wenn dir wieder Matthias Schäfer (langjähriger Zeugwart der Fortuna, d. Red) über den Weg läuft. Der Seref, unser Hausmeister, sitzt immer noch in seinem Stuhl. Du hast Marlies und Alex Lackler (Betreiber des Vereinsheims, d. Red.). In der Geschäftsstelle ist immer noch Gereon Schultze. Du kommst zur Fortuna und siehst, dass vielen Menschen, denen Fortuna Köln am Herzen liegt, noch dabei sind. Es sind Menschen, die nachhaltig und mit viel Herzblut für den Klub arbeiten.
Sie waren zuletzt Trainer im Nachwuchsbereich von Borussia Mönchengladbach und verfügten über ein infrastrukturelles Paradies...
… oh ja (lacht)…
… Jetzt arbeiten Sie am an vielen Stellen baufälligen Südstadion.
Der Borussia-Park ist auch für jeden anderen Bundesligisten ein Aha-Erlebnis. Sie kommen dahin und sagen: „Was gibt es denn hier alles?“ Das ist das Nonplusultra in Deutschland. Aber es darf nicht der Maßstab sein. Das Südstadion hat seinen eigenen Charme. Und nicht jeder Regionalligist hat Geschäftsstelle, Stadion, Trainingsplatz, Kunstrasen und Kabine an einem Ort. Viele Mannschaften, auch Drittligisten, müssen noch zu ihren Plätzen fahren. Aktuell ist unser Trainingsrasen auch in einem echt guten Zustand. Die Kabinen haben sich seit meiner aktiven Zeit hier auch etwas verändert, auch wenn man nie Tageslicht da unten reinbekommen wird. Uwe Koschinat hatte mal gesagt: „Da riecht es nach Fußball.“ Da ist etwas Wahres dran.
Zur Person
Alexander Ende, geboren am 19. September 1979 in Grevenbroich, lebt dort mit seiner Frau und drei Kindern. Ende spielte ab 2001 unter anderem für Viktoria Köln, die FC-Amateure, den Bonner SC, Preußen Münster, die Leverkusener Amateure und von 2009 bis 2013 für Fortuna Köln, wo er seine aktive Karriere beendete. Anschließend wurde Ende Co-Trainer in Ingolstadt, war von 2015 bis 2020 in der Jugend von Borussia Mönchengladbach tätig. Ende bestand vor wenigen Wochen seine Abschlussprüfungen beim 66. Fußballlehrer-Lehrgang. (ckr)
Sie haben von 2009 bis 2013 für die Fortuna gespielt. Ihre aktive Zeit endete allerdings nicht, wie sie es sich vorgestellt hatten.
Uwe Koschinat hatte mir damals ganz klar gesagt: „Aufgrund deiner Trainingsleistung müsstest du eigentlich spielen. Aber auf dem Platz hast du deinen eigenen Kopf, deine eigenen Ideen. Und als zentraler Spieler nimmst du alle anderen mit. Ich will aber eine andere Art Fußball spielen.“ Da wusste ich: Egal, wie gut ich trainiere, ich komme nicht mehr auf den Platz. Dann gab es natürlich Phasen, in denen ich gemerkt habe, dass ich im Training etwas nachgelassen habe. Nach einigen Wochen war dann aber klar: So funktioniert es nicht. Fußball geht nur mit Vollgas und 100 Prozent. Das habe ich dann auch umgesetzt und wollte dem Trainer dann zeigen: Eigentlich bin ich besser, eigentlich gehöre ich noch auf den Platz.
Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
Damals habe ich schon gesagt: Wer weiß, wofür diese Zeit gut ist. Ich war in meiner ganzen Karriere immer eine tragende Säule in meinen Mannschaften. Ich war Stammspieler, in vielen Teams Kapitän, hatte immer einen hohen sportlichen Stellenwert. Die andere Seite, auf der Ersatzbank, hatte ich bis dahin nie kennengelernt. Aber sie ist wichtig. Denn ein Kader besteht aus Elf plus X. Und diesen X muss man Wertschätzung entgegenbringen, gerade als Trainer.
Bevor Sie das Traineramt der Fortuna übernommen haben, war auch Dirk Lottner, eine Vereinslegende, im Gespräch für den Job. Fühlen Sie sich als B-Lösung?
Nicht für eine Sekunde. Ich habe das natürlich mitbekommen und ich kann diese ganze Dynamik verstehen. Ich kenne Dirk, er hatte uns vor nicht allzu langer Zeit mal am Borussia-Park in der Kabine und im Büro besucht. Aber ich kenne ihn auch von der FC-Traditionsmannschaft, wo wir schon zusammen gespielt haben. Dirk ist ein super-netter Kerl. Er kommt aus der Südstadt und ist ein total erfolgreicher Trainer. Dass man sich da als Fan und Verantwortlicher mit beschäftigt, ist doch komplett normal. Und dass es zu keiner Einigung gekommen ist – das ist halt so. Ich persönlich habe die Gespräche als sehr ehrlich empfunden und gemerkt, dass man mir eine sehr hohe Wertschätzung entgegengebracht hat. Vom ersten Moment an wurden Dinge ganz klar angesprochen, auch mal unangenehme Themen. Auch Erwartungen und Bedingungen, wie: „Pass mal auf, das ist mein Weg und da gehe ich auch nicht von ab.“
Welche Entwicklung haben Sie vom Spieler Alexander Ende zum Trainer Alexander Ende gemacht?
Als zentraler Mittelfeldspieler wollte ich natürlich immer den Ball haben. Das ist ja auch der Ur-Instinkt als Kind. Du spielst nicht Fußball, um zu verteidigen. Du willst den Ball haben. Diesen natürlichen Trieb hatte ich immer, auch später als Spieler. Aber es war nie als Selbstzweck, sondern immer nur, um das Spiel dann im richtigen Moment zu beschleunigen und den Gegner auseinanderzuziehen und zu destabilisieren. Das ist auch eine Grundlage dessen, wie wir in der nächsten Saison spielen wollen: Wenn wir den Ball nicht haben, dann wollen wir ihn so schnell wie möglich zurückbekommen. Wir möchten Akzente im Gegenpressing setzen und das Spiel in des Gegners Hälfte verlagern.
Wie sehen Sie den aktuellen Kader der Fortuna für diese Spielweise gerüstet?
Die Basis der Truppe stimmt. Wir haben Spieler mit Qualität, die auch besser sind, als es der Tabellenplatz zwölf der letzten Saison aussagt. Aber wir brauchen natürlich neue Impulse. Wir brauchen mehr Geschwindigkeit. Mehr Spieler, die bereit sind, in tiefe Läufe zu investieren. Dazu wollen wir den Strafraum noch besser besetzen. Mit diesem klaren Plan können wir gezielt Spieler verpflichten. Wir haben einige mündliche Zusagen, die hoffentlich auch zeitnah unterschreiben werden. Da werden wir nochmal einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Das Thema Charakter ist natürlich fast genauso wichtig. Was haben wir in der nächsten Saison für eine Gruppe? Die Jungs sollen füreinander einstehen, achtsam miteinander umgehen, ehrlich sein und meinungsstark. Da sind wir, das sagt mir mein Gefühl, auf dem richtigen Weg – auch mit den bisherigen Neuverpflichtungen wie Jannik Löhden und Francis Ubabuike.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wie bereitet man sich auf eine Saison mit vielleicht 24 Mannschaften und 48 Liga-Spielen vor?
Vor allem muss die Kaderplanung stimmen. Wir wissen natürlich nicht, wie Maik Kegel nach seiner langen Verletzungspause zurückkommt. Rechne ich ihn als Spieler ein, der 40 Partien plus X macht? Oder braucht man auf so wichtigen Positionen mal einen anderen Spieler. Es ist wichtig, viele Spieler zu haben, die in der Vergangenheit schon gezeigt haben, dass ihr Körper viele Spiele verkraftet. Die reine Doppel-Besetzung von jeder Position reicht vielleicht nicht. So etwas muss alles bei der Planung einer solchen Marathon-Saison berücksichtigt werden.
Wie groß soll der Kader werden?
Eingangs haben wir gesagt, dass es 20 Feldspieler und drei Torhüter werden. Das wird uns aber nur gelingen, wenn sich zwei Spieler, denen klar kommuniziert wurde, dass sie in der nächsten Saison keine Rolle mehr spielen, wirklich noch eine neue Herausforderung suchen.
Sie haben viele Jahre im Gladbacher Nachwuchsbereich gearbeitet. Wie werden Sie die Fortuna-Jugend mit dem Seniorenbereich verbinden?
Grundsätzlich bin ich ein Trainer, der sich nie davor scheuen wird, junge Spieler reinzuschmeißen und zu sehen, wie sie sich freischwimmen – vielleicht ist ja einer von denen die große Überraschung der Saison. Auf die ganz jungen Kerle freue ich mich richtig: Jean Marie Nadjombe aus unserer Jugend und Batuhan Özden aus dem FC-Nachwuchs sind über die Saison komplett bei uns in der Regionalliga-Mannschaft eingeplant. Das Potenzial der Jungs, gerade was Tempo anbelangt, ist schon enorm. Man muss sehen, wie schnell sie sich an den Herren-Fußball gewöhnen.
Wie lautet das Saisonziel?
Wir wollen natürlich besser sein als Platz zwölf. Hinter Rot-Weiss Essen, die alleine vom Etat ganz weit vorne sind, ist es ein breites Feld. Beim FC, in Gladbach und beim BVB rücken starke U-19-Jahrgänge auf, von denen die Regionalliga-Teams sicher profitieren werden. Wie die Mannschaften von Oberhausen und Aachen aussehen werden, wird man sehen. Auch wie sich Rödinghausen von dem Nackenschlag des Nicht-Aufstiegs erholt. Wir haben schon die Phantasie, dass wir irgendwo in diesem Verfolgerfeld eine Rolle spielen wollen. Aber gleichzeitig müssen wir demütig bleiben und werden nicht herausschreien: „Wir wollen angreifen und aufsteigen.“ Unser Etat ist halt nicht das Doppelte vom letzten Jahr und wir werden keine zehn Spieler aus der Dritten Liga verpflichten. Wir werden nicht vergessen, woher wie kommen. Wenn es irgendwann, spät in der Saison, richtig gut aussieht in der Tabelle und wir uns als Gruppe gefunden haben – dann bin ich auch ein Fan davon, Dinge klar zu benennen. Aber dafür ist es noch viel zu früh.