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Auswärtssieg bei Arminia BielefeldRB Leipzig trotzt Akustik-Attacke auf der Alm

Lesezeit 4 Minuten

RB Leipzig jubelt bei Arminia Bielefeld über den fünften Auswärtssieg.

LEIPZIG/BIELEFELD – Der Arbeitstag von Fabio Coltorti auf der Bielefelder „Alm” begann äußerst unangenehm. Beim Auswärtsspiel in Ostwestfalen dröhnten dem Torhüter von RB Leipzig bereits nach wenigen Minuten die Ohren. Denn immer, wenn die Leipziger am Ball waren, setzte direkt hinter dem Tor des Schweizers ein ohrenbetäubender, hochfrequentiger Geräuschpegel ein. „Es war durch die Trillerpfeifen das erste Mal in meiner Karriere so laut, dass es richtig unangenehm war”, sagte der RB-Schlussmann. „Wenn die Fans normalerweise jubeln oder schreien, wird diese Dezibel-Zahl wohl nicht erreicht. Ich hatte ein richtig unangenehmes Gefühl in den Ohren.”

Am Ende jedoch war der Pfeifen-Protest nur noch eine Marginalie, und Coltorti durfte gleich doppelt jubeln: über den 1:0 (1:0)-Arbeitssieg der Leipziger und seine Parade in der 90. Minute, mit der er dem Team den Sieg festhielt. Der 1,97-Meter-Mann eilte aus seinem Tor, machte sich ganz breit und verhinderte den möglichen Ausgleich durch Fabian Klos in letzter Minute. „Dafür haben wir einen Torwart mit dieser Qualität, dass er uns in so einem Spiel auch mal die drei Punkte rettet”, sagte Trainer und Sportdirektor Ralf Rangnick im Gespräch mit der MZ. „Die Mannschaft hat ihn nach dem Spiel in der Kabine extra hochleben lassen.”

Wenig strukturiertes Offensivspiel

Dank Coltortis Glanztat sicherte sich RB nicht nur den fünften Auswärtssieg dieser Saison; Rasenballsport steht mit 29 Zählern auch wieder punktgleich mit dem SC Freiburg an der Tabellenspitze. „Aufgrund der Qualität der Chancen, der Spielanteile und -kontrolle haben wir den Sieg verdient”, sagte Rangnick. „Wenn du in Bielefeld zu Null gewinnst, gibt einem das ein gutes Gefühl.” Spielerisch hatte sich RBL gegen die Remis-Könige aus Bielefeld in der ersten Halbzeit lange schwer getan. Rangnick monierte vor allem zu viele Fehlpässe in unbedrängten Situationen; das Offensivspiel wirkte wenig strukturiert. „Zwischen der 10. und 25. Minute war ich nicht zufrieden. Da sind wir vor allem über die linke Seite immer wieder in Unterzahl geraten”, sagte der 57-Jährige. Deswegen stellte er von einer Dreierkette im Mittelfeld auf das gewohnte 4-2-2-2 um. „Das hat zu mehr Stabilität geführt”, sagte Rangnick.

Alles zum Thema Davie Selke

Dass Davie Selke noch vor dem Pausenpfiff das Tor des Tages erzielte (40.), war neben Coltortis Parade die zweite spielentscheidende Szene. Mittelfeldabräumer Diego Demme hatte im Strafraum auf Selke durchgesteckt, der Bielefelds Schlussmann Wolfgang Hesl per Beinschuss überwand. „Solche Dinger macht Davie Selke dann einfach aufgrund seiner starken Schusstechnik – egal, ob mit Links oder mit Rechts”, lobte Rangnick. Dass Selke so perfekt stand, war kein Zufall. Am Anfang der Saison hatte der Ex-Bremer noch die Tendenz, sich auf den Flügeln und im Mittelfeld aufzuhalten, weil er mitkombinieren wollte. „Wir brauchen ihn aber vorn drin als zentrale Spitze, um Tiefe zu erzeugen und in den Situationen wie beim 1:0 derjenige zu sein, der den Angriff abschließt”, betonte Rangnick.

Lob für Davie Selke

Der Chefcoach war mit dem Auftritt seines Jungstars, der erstmals nach fünf torlosen Spielen wieder getroffen hatte, nicht nur wegen seines siebten Saisontores zufrieden: „Er hat gut gearbeitet, war an vielen gefährlichen Situationen beteiligt, war präsent und hat die gegnerische Abwehr beschäftigt.” Daran allerdings, dass es RB nicht schaffte, das 2:0 nachzulegen, müssen Selke und die Elf noch arbeiten.

An der Bielefelder Akustik-Attacke kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Die unbekannten Initiatoren beendeten den Tinitus-Protest nach etwa 15 Minuten. „Ich glaube, dass das eher die Bielefelder Spieler genervt hat, weil die andauernden Pfiffe ihnen signalisiert haben, dass wir den Ball wohl etwas zu oft hatten”, sagte Rangnick. Der RB-Coach glaubt, „dass das keine normalen Pfiffe oder Trillerpfeifen waren.” Stattdessen könnte eine Beschallungsanlage für die hochfrequentigen Störgeräusche gesorgt haben. 2011 hatte es einen ähnlichen Vorfall bei Rangnicks Ex-Klub TSG Hoffenheim gegeben, als TSG-Anhänger Schmähgesänge der Gästefans mit einem lauten Ton überschallten. Damals ermittelten Staatsanwaltschaft und DFB-Kontrollausschuss. Doch RB wolle diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen anstrengen. „Ich bin froh, dass das Geräusch nur etwa eine Viertelstunde anhielt”, sagte Rangnick. (mz)