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Fjørtoft über Haaland„Er arbeitet besessen daran, jeden Tag besser zu werden“

Lesezeit 6 Minuten
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Dortmunds Torgarant Erling Haaland

Köln – Der 1. FC Köln spielt am Samstag bei Borussia Dortmund. Ein Interview mit dem langjährigen Profi und TV-Experten Jan Åge Fjørtoft über BVB-Superstar Erling Haaland.

Herr Fjørtoft, Sie haben die Entwicklung Ihres Landsmanns Erling Haaland genau verfolgt. Er scheint derzeit von niemandem aufzuhalten und hat in vier Tagen sechs Tore erzielt. Überrascht Sie das noch?

Ja und nein. Wir dürfen nicht vergessen, dass für Erling die letzte Woche nach einem positiven Corona-Test in der norwegischen Nationalmannschaft schwierig war. Es gab tagelang Verwirrung und so viele Diskussionen, ob auch er in Quarantäne muss. Und er ist 20 und spielt er erst seit einem Jahr richtig im Konzert der Großen mit. Aber die letzten Tage haben ja gezeigt, wie er damit umgeht, wie schnell er das alles ausblenden kann. Der Junge hat bei allem Talent auch noch eine riesige Selbst-Motivation, er arbeitet wie besessen daran, jeden Tag besser zu werden. Für ihn gibt es kein Morgen, sondern nur ein Heute. Seine Einstellung und sein Ehrgeiz sind bewundernswert. Er hat sich innerhalb kürzester Zeit noch einmal verbessert.

Was hat er konkret verbessert?

Erling spielt cleverer als früher. Er spielt noch besser in den Räumen. Ich habe selten einen Stürmer gesehen, dass sich so gut seine eigenen Räume auf dem Spielfeld kreiert. Was ich schön finde: Erling gibt nicht den Alleinunterhalter, er ist kein Showman, sondern er ist ein Teamplayer, der auch den Kollegen alles gönnt. Das sieht man gut bei jedem gemeinsamen Torjubel.

Was sagt der Ex-Stürmer: Woran kann Haaland noch arbeiten?

Er könnte vorne noch besser den Ball behaupten, so dass die Mitspieler gleich nachrücken können. Aber auch da hat er schnell Fortschritte gemacht. Obwohl er so ein riesiger Kerl ist, kann er sich auch im Kopfballspiel noch verbessern. Aber mich würde es nicht überraschen, wenn er in ein, zwei Jahren fast alle Dinger mit dem Kopf reinmacht.

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Sie kennen Haalands Umfeld und haben mit seinem Vater Alf-Inge einst zusammengespielt. War Erlings Karriere genauso planbar?

Dass Erling riesiges Talent hat, war seit einigen Jahren jedem Fachmann klar. Alfie kenne ich seit rund 30 Jahren. Und er kennt das Geschäft aus dem Effeff. Ich denke, seine Karriereschritte waren genau die richtigen: Über Molde ging es nach Salzburg, dann weiter nach Dortmund. Der BVB mit den vielen großartigen jungen Spielern ist derzeit der perfekte Klub für ihn, hier kann er sich am besten entwickeln. Und wenn es ans Eingemachte bei den Verhandlungen geht, haben die Haalands mit Mino Raiola noch einen gewieften, mit allen Wassern gewaschenen Berater im Team.

Haalands Potenzial weckt große Begehrlichkeiten. Er ist in Leeds geboren, sein Vater hat zehn Jahre in England gespielt. Wie lange kann der BVB ihn noch halten, wird man ihn schon bald in der Premier League sehen?

Ich bin mir sicher, dass er irgendwann in England spielt. Wissen Sie: Erling ist nicht nur in England geboren, sondern in Norwegen wachsen die kleinen Jungs auch quasi mit dem Fußball in der Premier League auf, da fast jedes Spiel hier übertragen wird. Ich glaube aber nicht, dass Erling und sein Umfeld schon im Sommer 2021 auf einen Wechsel drängen. Wie gesagt: Sie sind bisher immer die richtigen Karriereschritte gegangen. Erling ist erst 20.

Ist Haaland für Sie derzeit das angesagteste Sturmtalent der Welt?

Wenn ich mir sein Alter, sein Talent und sein Potenzial angucke, dann ist er sicherlich der begehrteste Neuner der Welt. Kylian Mbappé ist auch Weltklasse, aber ein ganz anderer Spielertyp.

Norweger gelten als zurückhaltend. Gibt es in Ihrem Land dennoch einen Hype um Haaland?

Ja, den gibt es. Wir sind eine Wintersport-, aber auch eine Fußballnation. Erling ist ein Botschafter unseres kleinen Landes, die Leute sind stolz auf ihn. Er ist in einer Region im Südwesten Norwegens aufgewachsen, von der wir Norweger sagen, dass sie ländlich, bäuerlich ist. Und jetzt ist da einer, der so kometenhaft aufgestiegen ist und die Fußballwelt schier einreißt. Der groß und blond ist und aussieht wie ein Ur-Wikinger. Den Jungen könnte man sich auch gut 1000 Jahre zurück als Anführer auf einem Wikingerschiff vorstellen. (lacht)

In Interviews wirkt dieser „Wikinger“ aber sehr zurückhaltend und kurz angebunden.

Interviews sind nicht seine Wunschdisziplin, aber das lässt keine Rückschlüsse auf seinen Charakter zu. Ich kann sagen: Der Junge ist sehr gutmütig und überhaupt nicht arrogant. Er hat keine Starallüren, keine Tattoos, keine Model-Freundin. Als Reporter sollte man ihm halt offene Fragen stellen. (lacht)

Zur Person

Jan Åge Fjørtoft, geboren 1967 in Ålesund, ist in Deutschland vor allem als erfolgreicher Stürmer bei Eintracht Frankfurt (1998 bis 2001) und als Sky-Experte bekannt. Der Norweger lief für Sheffield United, Middlesbrough, Swindon und Rapid Wien auf.

Er bestritt 71 Länderspiele und war Teammanager der Nationalmannschaft. Fjørtoft hat eine Firma, die sich mit Kommunikationsstrategien befasst. Er ist als Bundesliga-Experte für den US-Sender ESPN tätig und ist als Reporter für den skandinavischen Anbieter Viasat. (ksta)

Beim BVB ist Haaland nicht der einzige Jungstar. Dazu kommen Sancho, Bellingham, Reyna, jetzt Moukoko.

Das ist schon großartig. Zwei der größten englischen Talente spielen für Dortmund und nicht in der Premier League. Die Philosophie des BVB hat sich überall herumgesprochen. Die Frage ist nur, wie lange sie in der Lage sind, diese Jungs zu halten. Das wird bestimmt nicht einfach.

Kann dieser BVB den Bayern in dieser Saison gefährlich werden?

Das geht nur, wenn sich der BVB verbessert. Dortmund darf nicht darauf hoffen, dass die Bayern schlechter werden, diesen Gefallen werden sie ihren Gegnern nicht machen. Die Bayern haben zuletzt nicht nur Titel geholt, sondern auch den Generationenwechsel geschafft und mit Spielern wie Kimmich, Goretzka, Gnabry, Coman und Sané neue Leader. Zudem hat Trainer Hansi Flick alles im Griff.

Am Samstag trifft Dortmund auf den 1. FC Köln. Ein Duell der Gegensätze.

Ja, das stimmt. Aber ich würde meinem Freund Horst Heldt, mit dem ich bei Eintracht Frankfurt zusammengespielt habe, wünschen, dass der FC die Kurve bekommt. Wir haben früher oft Poker gespielt, Horst hat aber meistens verloren (lacht). Auch der Kölner Klassenerhalt könnte zum Glücksspiel werden. Möglicherweise sind aber noch drei Teams schlechter als der FC, aber das ist für mich schwierig zu beurteilen. Ich habe mich schon als junger Mann immer für die Bundesliga interessiert. Damals war der FC noch eine richtige Nummer. Ich würde es dem Klub mit seiner Historie und seinen tollen Fans wünschen, wenn es für ihn wieder dauerhaft etwas mehr nach oben gehen würde.