Die Mittelfeldspielerin spricht im Interview über ihr Debüt in der Nationalmannschaft und die Perspektiven von Bayer 04 Leverkusen.
Bayer-Kapitänin Elisa Senß„Mir war es wichtig, meine Träume nicht aus den Augen zu verlieren“
Frau Senß, hinter Ihnen liegt ein äußerst erfolgreiches Jahr. Bei Bayer 04 trugen Sie als Spielführerin zum guten Abschneiden in der Bundesliga bei und Sie debütierten in der Nationalmannschaft. Haben Sie vor Jahresfrist mit dieser Entwicklung gerechnet?
Elisa Senß: Ich würde nicht sagen, dass ich damit gerechnet habe. Mir war es aber immer wichtig, meine Träume nicht aus den Augen zu verlieren und ich habe gehofft, meine Ziele zu erreichen, wenn ich weiterhin konsequent Gas gebe. Immerhin war ich 2022 schon einmal auf Abruf für die Nationalmannschaft nominiert. Das hat mir gezeigt, dass ich gesehen werde und das war ein Ansporn für mich. Ich bin aber nicht der Typ, der dann verbissen an so ein Ziel herangeht, sondern ich bemühe mich um die nötige Lockerheit.
Was haben die Kolleginnen bei Bayer 04 zu Ihrem Länderspiel-Debüt im Dezember gesagt?
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Alle haben sich für mich gefreut. Das war wahnsinnig schön. Auch vom Verein gab es viel positives Feedback. Dort sieht man meine Berufung auch als Signal für die gute Arbeit in Leverkusen. Manche Teamkolleginnen haben gesagt, dass die Berufung überfällig war, weil so ein Spielertyp wie ich gut für die Mannschaft sei.
Als was für einen Spielertypen würden Sie sich denn beschreiben?
Ich bin quirlig, als Abräumer eklig für den Gegner, aber ich habe auch eine gute Spielübersicht.
In Leverkusen sind Sie unumstrittene Führungsspielerin, müssen Sie sich dennoch im DFB-Team erstmal hinten anstellen?
Ich denke, wenn man zu einer neuen Gruppe stößt, muss man sich meistens erstmal umgucken. Ich habe mich bemüht, mich direkt einzubringen. Das hat gut geklappt, wir sind schließlich alle Fußballerinnen und kommen schnell auf die gleichen Themen und einen gemeinsamen Nenner. Mit einigen der Mädels habe ich auch noch in Essen zusammengespielt. Das erleichtert den Einstieg. Aber auch der Umgang mit den anderen ist Tag für Tag besser geworden, weil man sich kennengelernt hat.
Welche Ziele peilen Sie mit DFB-Team an? Ist etwa die Olympia-Teilnahme im Sommer in Paris ein großer Traum?
Für mich ging es erstmal darum, mich für den nächsten Lehrgang gut zu präsentieren. Ich hoffe, das ist mir gelungen und würde mich über eine Einladung freuen. Als Mannschaft haben wir eine greifbare Chance, in Paris dabei zu sein. Wenn die Qualifikation gelingt und ich dabei wäre, wäre das schon krass. So ein großes Event ist mit Sicherheit cool. Olympia verbindet schließlich auch mit den anderen Sportlern und die Entfernung nach Paris lässt es zu, dass Freunde und Familie dabei sein könnten.
Was macht denn Horst Hrubesch zum richtigen Trainer für diese Mission?
Er ist jemand, der für gute Stimmung sorgt und das Team zusammenhält. Er fordert die Dinge ein, die er für wichtig hält und kann durchaus ernst sein. Aber ihm gelingt ein guter Mix aus Ernsthaftigkeit und Lockerheit. Das kann er wohl aufgrund seiner Erfahrung. Man merkt auf jeden Fall, dass er richtig Bock hat, etwas mit dem Team zu erreichen.
Mit Bayer 04 haben Sie vor wenigen Tagen den ersten Test des Jahres beim RSC Anderlecht mit 3:2 gewonnen. Ist das ein gutes Omen für das weitere Jahr?
Ein gewonnenes Spiel gibt auf jeden Fall immer Selbstvertrauen und Motivation. Angesichts der zwei Gegentore wissen wir aber auch, woran wir noch zu arbeiten haben. Unsere Effizienz vor dem Tor ist ein Thema und uns sollte es verstärkt gelingen, dem Gegner unser Spiel aufzuzwingen. Wir haben viele spielerisch starke Fußballerinnen. Diese Qualität müssen wir ausspielen.
Was ist mit Bayer 04 möglich, wann gelingt es, die Lücke zu den Großen der Liga zu schließen?
Dazu ist eine umfassende Entwicklung nötig, die Zeit braucht. Aber in Leverkusen haben wir professionelle Strukturen und bei den Männern läuft es gerade super. Vielleicht gibt das auch anderen Mannschaften des Vereins einen Schub. Kurzfristig ist es wichtig, dass alle fit sind, der interne Konkurrenzkampf da ist und wir die vermeintlich einfachen Matches konzentriert angehen. Dann ist in dieser Saison die Top-Fünf wieder erreichbar.
Und was geht noch im DFB-Pokal? Im Viertelfinale wartet das Duell mit Ihrem ehemaligen Verein SGS Essen.
Gegen das alte Team zu spielen, ist immer besonders und schön. Im Moment steht Essen in der Tabelle vor uns. Mit der Mannschaft ist also zu rechnen. Wir können sie jedoch schlagen, wenn wir unsere Qualitäten auf den Platz bringen. Und dann ist mit etwas Losglück im Pokal alles möglich. Mit Essen habe ich 2020 schon einmal im Endspiel gestanden. Damals durften aufgrund der Pandemie keine Zuschauer ins Stadion. Dort nochmal anzutreten und dann vor vollen Rängen zu spielen, wäre selbstverständlich toll.
Zur Person
Elisa Senß (26) begann ihre Fußballkarriere beim Ahlhorner SV, ehe sie als C-Jugendspielerin zum VfL Wittekind Wildeshausen wechselte, wo sie mit einer Jungen-Mannschaft in der Bezirksliga spielte. Beim SV Meppen debütierte sie in der B-Juniorinnen-Bundesliga und schließlich 2014 auch in der Zweiten Liga. Im Sommer 2019 folgte der Schritt zum Bundesligisten SGS Essen. Ihr Bundesligadebüt gab Senß im August 2019 mit dem Match gegen Bayer 04 Leverkusen (3:1).
Mit Essen erreichte die gebürtige Oldenburgerin 2020 das DFB-Pokal-Finale, das mit 2:4 im Elfmeterschießen gegen den VfL Wolfsburg verloren ging. Seit 2022 spielt die Mittelfeldakteurin für Bayer 04 Leverkusen. Anfang
Dezember vergangenen Jahres stand sie beim 3:0-Sieg gegen Dänemark erstmals für die deutsche Nationalmannschaft auf dem Platz. (wok)