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Kölner Verein erfüllt KinderwünscheDuell an der Tischtennisplatte

Lesezeit 5 Minuten

Der Höhepunkt des Tages war das Match von Moritz gegen Valentin Baus.

Düsseldorf – Es ist kurz vor 11 Uhr, als Valentin Baus Moritz den Tischtennisschläger in die Hand drückt. Das Highlight des Tages: Der zwölfjährige Moritz spielt gegen sein Idol. Der Unterbau der Platte ist so konstruiert, dass beide mit dem Rollstuhl drunter fahren können. Nun merkt man dem fröhlichen, redegewandten Jungen seine Nervosität doch ein bisschen an.

Die Bälle fliegen im hohen Bogen, der Profi Baus spielt sie tief und schnell zurück. Für beide ist es anstrengend, ein Arm drischt mit dem Schläger auf den kleinen Ball, der andere steuert den Rollstuhl. Je länger die beiden spielen, desto sicherer wird Moritz. Ein Ball streift das Netz und landet direkt dahinter – Punkt für Moritz.

Moritz hat Glasknochen

Und das obwohl er im Urlaub von der Schaukel gefallen ist und kaum trainieren konnte, wie sein Vater am Rand der Turnhalle erzählt. Moritz hat Glasknochen. Ein Sturz von der Schaukel ist für ihn sehr gefährlich. Wie oft er schon etwas gebrochen hatte, hat seine Mutter irgendwann nicht mehr gezählt. Über 30-mal auf jeden Fall.

Moritz’ Besuch bei Borussia Düsseldorf, Deutschlands erfolgreichstem Tischtennisverein und Heimat von Tischtennis-Held Timo Boll, hat Wünschdirwas arrangiert. Die gemeinnützige Kölner Organisation erfüllt kranken Kindern und Jugendlichen einen Wunsch. Moritz wollte unbedingt Valentin Baus treffen. Der 26-Jährige hat 2021 die Goldmedaille im Tischtennis bei den Paralymics in Tokio gewonnen und hat ebenfalls Glasknochen.

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Der Tag mit ihm startet für Moritz um Viertel vor 10 vor dem Eingang des Tischtenniszentrums im Düsseldorfer Stadtteil Grafenberg. „Man sagt nicht Glasknochen-Krankheit“, klärt Moritz die Umstehenden auf. „Schließlich heißt es auch nicht Blind-Krankheit.“ Durch einen angeborenen Gendefekt fehlt seinem Körper das Protein Kollagen, das die Knochen stabilisiert und flexibel macht. Etwa 6000 Betroffene leben in Deutschland. Als Baby habe er sich beim Drehen auf den Rücken das Bein gebrochen, erinnert sich Moritz’ Mutter.

Moritz hat Glasknochen.

Mittlerweile hat die Familie gelernt, mit der Erkrankung umzugehen. Weil Moritz sportbegeistert ist, suchten sie lange eine Aktivität für ihn. Rollstuhl-Basketball schied beispielsweise aus, der schwere Ball wäre viel zu gefährlich. Aber Moritz liebt den Trubel einer Sporthalle. Beim Termin in Düsseldorf strahlt er in alle Richtungen, hat auch mit den Profis aus der Bundesliga keine Berührungsängste. Fotos, Handshakes, signiertes Trikot, heute ist Moritz selbst ein bisschen der Star.

Pinguine im Zoo füttern

Nina Saure hat Moritz nach Düsseldorf begleitet und ist sehr zufrieden mit dem heutigen Ergebnis. Sie ist seit sieben Jahren bei Wünschdirwas, seit drei Jahren auch im Vereinsvorstand. In „richtig guten Jahren“ erfüllen sie und ihre Mitstreiterinnen bundesweit 300 Wünsche von Kindern mit schweren und chronischen Krankheiten. Die Wünsche sind sehr verschieden: Bagger fahren, Pinguine im Zoo füttern, mit dem Heißluftballon fliegen, nach Disneyland fahren, einmal im Baumhaus schlafen. Oder eben prominente Idole treffen.

Hauptsache die Kinder erleben etwas Unvergessliches, auf das sie sich freuen und wovon sie später noch lange erzählen können. „Manche Wünsche kosten mich ein paar Anrufe“, erzählt die ehrenamtliche „Wunschfee“. „An anderen arbeiten wir fünf Jahre, bis wir sie endlich erfüllen können.“ Finanziert werden die Wunscherfüllungen mit Spenden, denn für die Familie soll es an dem Tag ein Rundum-sorglos-Paket geben, der Verein übernimmt Anreise und Hotelzimmer. Auch die Geschwister, die in einer Familie mit krankem Kind oft stille Mitleidende sind, weil sich alles um die Krankheit des Bruders oder der Schwester dreht, dürfen mit.

Führung über das Trianingsgelände

Vor dem Match zwischen Baus und Moritz’ schaut die Besuchergruppe den Bundesliga-Profis beim Training zu. Vier Deutsche sind aktuell unter den Top 40 Spielern der Welt. Und als eins der wenigen Länder weltweit hat Deutschland eine Rollstuhlliga, in der Baus spielt und auch schon alles gewonnen hat, was geht: Er wurde mehrfach Deutscher Meister im Einzel und mit der Mannschaft, nach seinem Sieg in Tokio wurde Baus 2021 außerdem zum „Para-Spieler des Jahres“ gekürt.

So können Sie helfen

wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird

Mit unserer Aktion „wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird“ bitten wir um Spenden für Projekte, die Kinder und Jugendliche wieder in eine Gemeinschaft aufnehmen, in der ihre Sorgen ernst genommen werden.

Bislang sind 1.328.993,90 Euro (Stand: 27.09.2022) eingegangen.Die Spendenkonten lauten:„wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25

Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden unter www.wirhelfen-koeln.de.

Moritz hat ihn während der Paralympics vor dem Fernseher angefeuert und kein Spiel verpasst, erinnert sich sein Vater. Im Finale schlägt Baus seinen chinesischen Gegner Ningning Cao, gegen den er fünf Jahre zuvor noch verliert. Währenddessen sei auch der Wunsch entstanden, Baus einmal persönlich kennenzulernen. In Moritz’ Heimatstadt Hamburg spielt er als einziger Rollstuhlfahrer in einem Verein mit Fußgängerinnen und Fußgängern. Doch die Bewegungen sind andere, Spieler wie Baus und Moritz müssen vielmehr Kraft aus den Armen holen. Deshalb kann Moritz im Match mit Valentin auch schnell dazu lernen.

Nach einer Stunde sind beide verschwitzt. „Das kam mir trotzdem viel kürzer vor“, sagt Moritz und grinst sehr zufrieden in die Runde. Zum Abschluss gibt es noch eine Führung über das Trainingsgelände und eine Beratung im Tischtennisschläger-Shop. „Moritz ist restlos glücklich“, berichtet seine Mutter später, als die Familie auf dem Rückweg nach Hamburg ist.