Notschlafstelle N8Ein sicherer Ort für Kölns heimatlose Mädchen

Lesezeit 3 Minuten

25 Jahre „wir helfen“: Eines der ersten Projekte des Hilfsvereins dieser Zeitung für Kinder und Jugendliche in Not war jungen Frauen auf der Straße gewidmet.

Mädchen, die bei Einbruch der Dunkelheit an der Klingel der Nachtaufnahme „N8“ läuten, sind in größter Not. Es gibt für sie keinen anderen Ort mehr, an dem sie gerne sind — oder sein dürfen. Sie sind von zu Hause abgehauen, weil sie dort Gewalt, Drogen- oder anderem Missbrauch ausgesetzt waren. Sie sind aus Einrichtungen der Jugendhilfe geflogen, weil sie sich nicht an die Regeln halten konnten. Sie „bringen Erfahrungen im Weglaufen mit, im Abhängig- und Auf-der-Straße-Sein, mit Prostitution, Drogen, Selbstgefährdung, es sind ganz unterschiedliche und ganz harte Geschichten“, sagt die pädagogische Leiterin der Notschlafstelle N8, Maren Rasch.

Die Mädchen bringen Erfahrungen im Weglaufen mit, im Abhängig- und Auf-der-Straße-Sein, mit Prostitution, Drogen, Selbstgefährdung, es sind ganz unterschiedliche und ganz harte Geschichten
Maren Rasch, Leiterin der Notschlafstelle„ N8“

In der Mülheimer Regentenstraße bietet der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) bis zu fünf dieser minderjährigen Teenagerinnen für eine begrenzte Zeit Schutz und Sicherheit in der Nacht — niederschwellig und „nicht nach den Regeln der Welt da draußen, an denen die meisten von ihnen ja gescheitert sind“, sagt Sozialpädagogin Louisa Käser.

Zwei Frauen sitzen auf einer Wendeltreppe in der Notschlafstelle für junge Frauen, es sind die Leiterin Maren Rasch und die Sozialarbeiterin Louisa Käser

Maren Rasch (hinten), Leiterin der Nachtaufnahme „N8“ und Louisa Käser, Sozialpädagogin beim SkF

Hier können Sie das Video über die Notschlafstelle sehen >>

Spätestens seit dem Erfolg des preisgekrönten Dokumentarfilms „Systemsprenger“ gibt es eine, wenn auch umstrittene, Bezeichnung für diese jungen Menschen, bei denen die gängigen Angebote der Kinder- und Jugendhilfe erfolglos blieben. Die in verschiedenen Einrichtungen untergebracht waren, immer wieder scheiterten, weil sie mit den Vorschriften, den Mitarbeitern oder Mitbewohnerinnen nicht klarkamen, mitunter gewalttätig waren — auch, weil sie in ihrem jungen Leben noch nie an einem Ort waren, an dem sie sich wertgeschätzt und zu Hause fühlten.

„wir helfen“ hat 1994 Kölns erste Notschlafstelle für Frauen ermöglicht

Da die Inobhutnahme für diese minderjährigen Kinder in Notsituationen im deutschen Rechtssystem verankert und für die Sozialträger verpflichtend ist, bietet auch der SkF in Köln verschiedene Wohn- und Übernachtungsangebote für junge Mädchen in Krisen an. Noch bevor „wir helfen“ im Jahr 1998 zum Verein wurde, hat die Hilfsaktion dieser Zeitung gemeinsam mit dem SkF im Jahr 1994 Kölns erste Notschlafstelle für junge Frauen ermöglicht: Das „Comeback“ ist inzwischen eine Einrichtung ausschließlich für wohnungslose erwachsene Frauen.

Zwei Mitarbeiterinnen der Notschlafstelle sitzen in dem Wohnzimmer an einem großen Holztisch, im Hintergrund sind ein grünes Sofa und ein froschgrüner Sitzsack zu sehen.

Fast wie ein Zuhause: Maren Rasch und Louisa Käser im gemütlich eingerichteten Wohnzimmer der Notschlafstelle

Der SkF unterhält aber mehrere Angebote für Jugendliche, die akut oder dauerhaft Hilfe brauchen: Die Inobhutnahme „Reichenspergerhaus“ etwa, das „Perspektivwohnen“ für Jugendliche, verschiedene Wohngruppen für Mädchen, die auf dem Weg in ein eigenständiges Leben sind — und seit 2022 die „N8“.

Hier, in der heimelig-familiär eingerichteten 2-Etagen-Wohnung gibt es fünf Schlafzimmer, Bäder, eine gemeinsame Küche, ein Wohnzimmer — viel Aufmerksamkeit und wenig Anforderungen. „Wir heißen alle herzlich willkommen, aber wir legen Wert auf einen respektvollen Umgang, keine wird diskriminiert, es gibt keine Gewalt und keine Drogen“ — die müssen beim Eintreten im Schließfach deponiert werden.

Morgens um zehn wieder auf der Straße, bei Wind und Wetter

Eine weitere Regel: Die Mädchen müssen die N8 um 10 Uhr wieder verlassen. Keine Frage: Notschlafstellen sind keine Dauerlösung, aber sie sind eine Hilfe für ein „Comeback“ in die Normalität. Oft erfahren die Schutzsuchenden hier erstmals, dass es auch für sie einen Platz in unserer Gesellschaft gibt. „Dadurch, dass die Mädchen die Einrichtung jeden Morgen bei Wind und Wetter verlassen müssen, ist der Frust irgendwann so groß, dass die Motivation steigt, sich auf etwas Neues einzulassen“, sagt Rasch. So hat die ein oder andere Jugendliche Dank „N8“ ihren Weg zurück in die Schule, eine Ausbildung oder Wohnung gefunden.


Vier weitere Projekte, die eng mit der Geschichte von „wir helfen“ verwoben sind


25 Jahre „wir helfen“

  • Im Spätherbst 1998 haben Alfred und Hedwig Neven DuMont beschlossen, die Aktion „wir helfen“ für Kinder und Jugendliche in Not auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen und in einen Verein umzuwandeln.
  • Pro Jahr unterstützt „wir helfen“ seitdem – dank der vielen Spenden der Leserinnen und Leser dieser Zeitung – bis zu 130 Projekte, Initiativen und Aktionen für notleidende Kinder und Jugendliche in Köln und der Region.
  • Stellvertretend für sie alle, stellen wir im Jubiläumsjahr fünf Einrichtungen vor - auch mit einem je fünfminütigen Video. Wir haben diese fünf Projekte ausgewählt, weil deren Geschichte von Beginn an mit der von „wir helfen“ verwoben ist; da unser Verein die Startfinanzierung übernommen, das Gebäude errichtet hat oder/und es diese Projekte ohne „wir helfen“ nicht gäbe.
KStA abonnieren