- Rund 4,3 Milliarden Euro gibt der Bund für den Kinderbonus aus. 200 Euro im September sowie weitere 100 im Oktober bekommen alle Familien für jedes Kind überwiesen.
- Es gibt Kritik, vor allem aus Reihen der FDP, aber Forscher verteidigen die Maßnahmen.
- „Der Kinderbonus ist eine der klügsten Maßnahmen des Konjunkturprogramms“, sagt einer von ihnen. Wir erklären, warum das so ist und wofür Familien das Geld ausgeben.
Köln – Mit 300 Euro pro Kind will der Staat Familien in der Corona-Pandemie zusätzlich unterstützen, die Kaufkraft stärken und die Konjunktur ankurbeln. Rund 4,3 Milliarden Euro gibt der Bund für den Kinderbonus aus. 200 Euro im September sowie weitere 100 im Oktober bekommen alle Familien für jedes Kind überwiesen, dem in diesem Jahr wenigstens einen Monat Kindergeld zustehen würde – ohne einen Antrag stellen zu müssen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat den Kinderbonus gegen Kritik verteidigt.
„Der Kinderbonus ist eine der klügsten Maßnahmen des Konjunkturprogramms. Er hilft schnell und relativ zielgenau den Familien, die jetzt in der Krise Unterstützung benötigen“, sagte Fratzscher. Familien seien durch die Corona-Krise besonders hart getroffen, vor allem Mütter hätten eine deutliche Mehrbelastung durch die Kita- und Schulschließungen zu tragen gehabt. „Kinderbonus und Mehrwertsteuersenkung sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, denn es gibt auch viele kleine Unternehmen und Menschen ohne Kinder, die von der Krise hart getroffen sind und Unterstützung benötigen“, sagte der DIW-Präsident. Beide Instrumente seien „sicherlich nicht immer sehr zielgenau, wirken aber sehr schnell“, so der Berliner Ökonom.
FDP kritisiert Kinderbonus
Vor allem die FDP kritisierte sowohl den Kinderbonus als auch die Mehrwertsteuersenkung als nicht zielgenau genug. Sie forderte stattdessen allgemeine Steuersenkungen und höhere Investitionen in Schulen und Kitas.
Wie viel die Familien von dem Geld ausgeben wollen, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln untersucht. Das Ergebnis der repräsentativen Online-Umfrage: Im Durchschnitt planen die Familien 128 Euro des Bonus sofort auszugeben. Insgesamt 2,3 Milliarden Euro könnten so über den Konsum ihren Weg in die Volkswirtschaft finden. „Das ist nicht wenig“, meint Maximilian Stockhausen vom IW.
Doch was halten Familien davon? „Eine Hilfe ist es auf jeden Fall“, findet Axel Schulz. „Die Corona-Krise hat ja jeden getroffen, der Bedarf ist also da“, so der Vater eines 14 Monate alten Sohns. Doch hätte man die Mittel besser verteilen können, findet Uta Reinecke: „Wer mehr braucht, sollte die Hilfen eher bekommen“, sagt die Mutter.
Eigentlich ist auch Ökonom Stockhausen für bedarfsorientierte Hilfen. „Doch in diesem Fall liegt der Schwerpunkt anders“, sagt er. Einen „konjunkturellen Impuls“ erhoffe sich die Bundesregierung von den Boni für Familien. „Es geht darum, dass das Geld auch wirklich ausgegeben wird“, erklärt der Volkswirt.
„Für Geschenke eingeplant“
Stefanie Jennes ist Mutter zweier Kinder. Ihr ist es wichtig, dass das Geld denen auch „eins zu eins“ zugutekommt. „Wir haben es schon für die Weihnachtsgeschenke eingeplant“, sagt sie. Auch Emma Mott weiß bereits genau, wofür sie den Bonus einsetzen wird: Einen neuen Buggy. Außerdem findet sie gut, „dass es eine echte Anerkennung direkt für die Kinder ist“.
Denn die vergangenen Monate waren für viele Familien hart. „Meine Tochter hat oft gefragt, wann es wieder in die Kita geht“, berichtet Forough Esmaeilpour. Wofür genau sie das Geld nun ausgeben wird, wisse sie noch nicht. „Aber irgendwas braucht man ja immer“, sagt sie. Freundin Johanna Brands ist schon weiter mit den Überlegungen: „Wir haben ein Konto für unser Kind – die 300 Euro werden wir also sparen.“ Laut IW-Studie wollen es 40 Prozent der Befragten der Mutter gleichtun und zunächst nichts von dem Bonus ausgeben.
300 Euro, das ist nicht viel mehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein“, findet Stefanie Jennes. Es gibt aber auch Familien, die auf das Geld nicht wirklich angewiesen sind. Auf den Kinderbonus angesprochen wirken viele Eltern entsprechend überrascht. Reaktionen wie: „Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, sind immer wieder zu hören. Sie gingen davon aus, dass sie wegen ihres hohen Einkommens ohnehin nicht viel von dem Zuschuss erhalten würden, sagen einige.
Die Hürden sind niedrig
Doch sind die Hürden für einen vollständig ausgezahlten Bonus gezielt niedrig. Nach Berechnungen des Bundesfamilienministeriums werden rund 80 Prozent von den Hilfen in vollem Umfang profitieren. Die Linken-Politikerin und Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sabine Zimmermann, kritisierte die Leistung dennoch als unzureichend. „Ein einmaliger Kinderbonus von 300 Euro kann die Lasten der Pandemie für Familien nicht annähernd ausgleichen“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Pandemie habe die Lage kinderreicher Familien mit geringem Einkommen gegenüber dem Jahr 2019 nochmals verschärft.
Zimmermann hat Daten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet. Demnach waren 2011 noch 22,4 Prozent aller Familien mit drei oder mehr Kindern armutsgefährdet, 2019 waren es 30,9 Prozent der kinderreichen Familien.
Der Kinderbonus wird zunächst für alle Kinder, die Kindergeld bekommen, ausgezahlt – unabhängig vom Einkommen der Eltern. Das Verfahren ist damit wie beim Kindergeld selbst. Ab einer bestimmten Einkommenshöhe verrechnet das Finanzamt den Bonus aber später mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag. Dann kann es je nach Einkommen passieren, dass der Bonus am Ende gar nicht mehr Geld bringt.
Wer wirklich profitiert
Ein Rechenbeispiel: Ein verheiratetes Paar mit einem Kind und einem zu versteuernden Einkommen von 60 000 Euro bekommt im Jahr ein Kindergeld plus Bonus von 2748 Euro (zwölf mal 204 Euro plus 300 Euro). Bei der sogenannten „Günstigerprüfung“ errechnet das Finanzamt, was der steuerliche Kinderfreibetrag von derzeit 7812 Euro bringen würde. Das wäre in diesem Beispiel ein Steuervorteil von rund 2400 Euro. Das ist weniger als Kindergeld und Bonus zusammen. Die Familie profitiert also in voller Höhe von dem Bonus.
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Anders sähe es aus, wenn die Familie ein Einkommen von 90.000 Euro hätte. Dann würde der Vorteil 2900 Euro betragen. Das ist mehr als Kindergeld plus Bonus (2748 Euro). Das Finanzamt zieht dann bei der Berechnung der Steuer Kindergeld und Bonus wieder ab und rechnet der Familie den Vorteil an. Die Familie profitiert nicht von dem Zuschuss.