Camping-BoomReisemobile überholen Wohnwagen - für wen eignet sich was

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Wohnmobile auf einem Campingplatz in der italienischen Region Friaul

Wohnmobile sind gefragt, besonders Kastenwagen und Teilintegierte (zweiter von rechts)

Trotz hoher Preise steigt die Nachfrage nach Wohnmobilen. Voriges Jahr wurden 12,3 Prozent mehr Fahrzeuge zugelassen, das ist ein Rekord.

Camping galt mal als die Urlaubsart für jene, die sich keine Hotels oder Ferienwohnungen leisten konnten oder wollten. Das ist längst Geschichte. Urlaube in Wohnwagen oder Reisemobilen erleben einen mehr als ein Jahrzehnt lang anhaltenden Boom. Befeuert wurde dieser noch einmal durch die Corona-Pandemie mit ihren Reisebeschränkungen. Die mobilen Unterkünfte wurden dabei zu fahrenden Quarantänezellen, die Reisefreiheit auch trotz strenger Auflagen möglich machte. Nun stehen die Ferien an, und viele Deutsche zieht es auf die Campingplätze. Ein Überblick:

Die Deutschen als Camper

Camper bevorzugen bei der Reiseplanung Destinationen innerhalb Deutschlands und insbesondere auch Ziele, die abseits der touristischen Hotspots liegen. Laut Statistischem Bundesamt haben im Jahr 2023 so viele Menschen wie noch nie auf Campingplätzen in Deutschland übernachtet. Die insgesamt 42,3 Millionen registrierten Gästeübernachtungen stellen einen neuen Rekordwert dar und übersteigen die Ergebnisse von 2022 (40,2 Millionen) um 5,2 Prozent. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 (35,8 Millionen) ergibt sich sogar ein Anstieg von 18,2 Prozent.

Campen als Wirtschaftsfaktor

„Der Trend zum mobilen Urlaub setzte bereits vor vielen Jahren in Europa ein und hat während der Pandemie zusätzlich an Dynamik gewonnen. Das Interesse an Caravans und Reisemobilen ist nach wie vor groß, und die Begeisterung für Caravaning wächst mit jedem Jahr“, sagt Daniel Onggowinarso, Chef des Caravaning Industrie Verbands, der die Interessen der Freizeitfahrzeughersteller vertritt und Träger der Düsseldorfer Messe Caravan Salon ist.

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Entwicklung bei Wohnwagen

Es scheint, das Wohnmobil hat dem Wohnwagen deutlich den Rang abgelaufen. Während Wohn- oder Reisemobile über einen eigenen Antrieb verfügen, sind Wohnwagen, auch Caravan genannt, Anhänger, die von einem mehr oder weniger starken Fahrzeug mit Anhängerkupplung gezogen werden müssen. Gegen den allgemeinen Boom sank die Zahl der neuzugelassenen Wohnwagen 2023 um 10,5 Prozent auf 22.000. Damit ist nur jedes vierte neue Freizeitfahrzeug ein Caravan, der Rest sind Wohnmobile.

Im laufenden Jahr erholt sich der Markt wieder etwas. Zwischen Januar und April wurden laut Caravaning Industrie Verband (CIVD) 8000 neue Wohnwagen zugelassen, drei Prozent mehr als im schwachen Jahr 2023.

Für wen eignet sich ein Wohnwagen?

Mercedes-Bus mit einem Wohnwagen, also einem Anhänger

Mercedes-Bus mit einem Wohnwagen, also einem Anhänger

Ein Caravan ist günstiger in der Anschaffung, in der Wartung und im Unterhalt. Gebrauchte Fahrzeuge gibt es für wenige Tausend Euro. Kfz-Steuer und Versicherungstarife fallen beispielsweise deutlich günstiger aus. Ein weiterer Vorteil: Er lässt sich am Campingplatz abstellen und erlaubt das Erkunden der Gegend mit dem Auto. Andererseits lässt er sich schwieriger manövrieren, gerade das Einparken bereitet ungeübten Fahrern Schwierigkeiten.

Hinzu kommt: Wer vor 1999 seinen damaligen Klasse-3-Führerschein gemacht hat, darf auch Fahrzeuge mit Wohnwagen lenken. Wer ihn danach erworben hat, darf dies nicht und muss, von wenigen Ausnahmen abgesehen, einen separaten Anhänger-Führerschein machen. Der kostet Zeit und Geld. Außerdem müssen Wohnwagen-Besitzer auch ein Auto vorhalten, das groß und schwer genug ist, den Wohnwagen auch ziehen zu können.

Wie läuft es bei Wohnmobilen?

Wohnmobile verfügen über einen eigenen Antrieb und werden auch Camper oder Reisemobil genannt. Sie boomen seit mehr als zehn Jahren und haben teilweise Kultstatus erreicht. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Verbraucher ist das Interesse an Wohnmobilen bei deutschen Urlaubern ungebrochen groß. 2023 wurden mit knapp 70.000 Wohnmobilen drei Prozent mehr verkauft als im Vorjahr.

Die Reisemobilsparte übertrifft mit 29.131 Neuzulassungen (Plus 12,3 Prozent) in den ersten vier Monaten den bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2021. Sowohl kompakte als auch größere Reisemobile verzeichnen eine steigende Nachfrage. „Zusätzlich profitiert die Sparte von einer verbesserten Verfügbarkeit von Fahrzeugen, da sich die Produktionsbedingungen der Hersteller, insbesondere die Verfügbarkeit von Fahrzeugchassis, im Vergleich zu den Vorjahren erstmals wieder verbessert haben“, sagt Onggowinarso.

Wohnmobil sind unschlagbar in Sachen Komfort und leichter zu fahren als Wohnwagen, da keine schwingenden Kräfte wirken. Außerdem verfügt ein Wohnmobil in der Regel über mehr Zuladung. Zu beachten ist jedoch, dass Wohnmobil über 3,5 Tonnen mit dem Pkw-Führerschein (ab dem Jahr 1999) nur nach Erweiterung der Fahrerlaubnis in einer Zusatzprüfung gefahren werden dürfen. Zu bedenken ist auch: Wer auf dem Campingplatz steht und mit dem Wohnmobil einen Tagesausflug machen möchte, muss genauso umfangreich einpacken, als würde er die Heimreise antreten. Klappstühle, Tisch und Geschirr müssen sicher verstaut werden, die Markise sauber eingerollt werden. Stellt sich noch die Frage: Welcher Wohnmobiltyp für wen?

Für wen eignet sich ein Kastenwagen

Kastenwagen sind die kompaktesten Wohnmobile

Kastenwagen sind die kompaktesten Wohnmobile

Kastenwagen waren mit einem Marktanteil von 60 Prozent im Jahr 2023 die am häufigsten gekauften Wohnmobile. Der Kastenwagen hat einen serienmäßigen Blechaufbau vom Autohersteller. Der geschlossene Blechaufbau ist zum einen etwas stabiler, zum anderen bei Beschädigungen leichter zu reparieren als die Plastikhülle anderer Fahrzeuge. Kastenwagen sind mit Preisen ab 30.000 Euro zwar die preiswertesten, gegenüber integrierten und Teilintegierten aber auch kleineren Varianten. Positiv: Dadurch sind sie wendiger und meist unter der magischen Führerscheingrenze von 3,5 Tonnen.

Was sind Integrierte und Teilintegrierte

Teilintergriertes Wohnmobil auf Basis eines VW-Busses

Teilintergriertes Wohnmobil auf Basis eines VW-Busses

Teilintegriert heißt, das Fahrerhaus ist original aus Blech vom Werk, hinten ist ein Kunststoffaufbau mit Wohn- und Schlafraum, Küche und meist Nasszelle.  Teilintegriert heißt, das Fahrerhaus ist original aus Blech vom Werk, hinten ist ein Kunststoffaufbau mit Wohn- und Schlafraum, Küche und meist Nasszelle. Vollintegriert ist die Königsklasse der Wohnmobile, geräumig, teuer, aber schwer manövrierbar. Teilintegrierte Fahrzeuge sind ab rund 40.000 Euro erhältlich, vollintegrierte ab etwa 50.000 Euro. Zu beachten ist, dass Ab-Preise immer nur für die Basisausstattung gelten. 

Einen guten Überblick, welches Fahrzeug für wen infrage kommt, bietet die weltgrößte Campingmesse Caravan Salon vom 30. August bis 8. September in Düsseldorf.

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