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Handelskrieg mit Rewe und EdekaWarum Mars, Snickers und Miracoli verschwinden

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Mars Snickers 123

Produkte der US-Firma Mars

Köln – Derzeit klaffen in vielen Supermärkten in Köln und der Region wieder deutliche Lücken in den Regalen. Der Hintergrund ist keine neue Hamsterwelle, sondern einer der erbittertsten Konflikte im Handel der vergangenen Jahre. Die Hintergründe und warum und wo das immer öfter vorkommt.

So hat der US-Lebensmittelhersteller Mars Lieferungen an die deutschen Supermarktketten Rewe und Edeka sowie deren Discounter-Töchter Penny und Netto eingestellt. Zum US-Konzern gehören in Deutschland rund 300 bekannte Marken. Darunter sind Süßigkeiten und Kaugummis wie M&M’s, Bounty, Snickers, Twix und Wrigley’s. Mars stellt auch Tierfutter her – zum Portfolio gehören Whiskas, Sheba, Frolic und Pedigree. Auch die Reismarke Ben’s ist Teil des Mars-Imperiums. Der US-Konzern will im Handel höhere Preise durchsetzen. Das aber lehnen die Supermarktriesen strikt ab. Die Folge sind Lieferstopps.

Rewe sieht keine Basis für weitere Zusammenarbeit

Der Kölner Handelsriese Rewe nennt jetzt die Gründe für den Handelskrieg und die Auslistung. „Es ist richtig, dass Mars einen Lieferstopp ausgesprochen hat, weil wir trotz intensiver Verhandlungen derzeit keine Basis sehen, die seitens Mars geforderten Preiserhöhungen zu akzeptieren“, sagte ein Rewe-Sprecher am Donnerstag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ . Grundsätzlich sehe sich Rewe mit weiteren Wellen von Preisforderungen konfrontiert. „Einen Teil dieser Forderungen können wir nachvollziehen. Sie resultieren aus Rohstoff- und Energiepreissteigerungen. Leider sehen wir aber auch Forderungen, die sich in ihrer Höhe mit keinem dieser oder anderer Faktoren begründen lassen. Solche Forderungen lehnen wir strikt ab, denn es kann nicht sein, dass unsere Kundinnen und Kunden in dieser schwierigen Zeit mehr als unbedingt nötig belastet werden“, so der Sprecher weiter.

Rewe wirbt für eigene Handelsmarken

Rewe habe bereits einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, um die Preise zu stabilisieren. „Wir weisen unsere Kunden aktuell aktiv auf die Eigenmarken-Alternativen hin. Wir sehen in den vergangenen Wochen, dass unsere Eigenmarken zum Teil im zweistelligen Prozent-Bereich zulegen. Das bestätigt uns darin, dass immer mehr Menschen sehr genau auf das Geld achten müssen und gezielt qualitativ vergleichbare Eigenmarken einkaufen“, so der Sprecher.

Edeka sieht es ähnlich. „Die aktuellen erheblichen Preisforderungen des Herstellers Mars sind aus unserer Sicht sachlich nicht begründet“, sagte ein Edeka-Sprecher. Auch Edeka weist die Kunden auf Alternativen hin, die sie mit Eigenmarken und anderen Markenprodukten bieten könnenMars, dessen Deutschland-Zentrale in Verden (Niedersachsen) ansässig ist, schickte zunächst keine Stellungnahme.

Handelskriege nehmen zu

Neu sind solche Handelskriege keineswegs. Wobei nicht immer klar ist, wer der Kriegstreiber ist. Mal sieht es aus, als verbanne ein Händler Waren aus den Läden, mal wird es wie ein Lieferstopp dargestellt. Grund sind fast immer Preisstreitereien und ein Austarieren der Marktmacht. „Das Besondere an der derzeitigen Situation ist allerdings die lange Dauer und die Intensität des Konfliktes“, sagt Ute Holtmann, Sprecherin des Kölner Forschungsinstituts für den Handel Ehi. Der Einzelhandel und die Lebensmittelhersteller hätten mit deutlich steigenden Preisen zu kämpfen etwa für Energie und Logistik, aber auch Rohstoffe seien infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine erheblich teurer geworden. „Der Handel kann nicht gleichzeitig die Preissteigerungen der Hersteller und seine eigenen Mehrkosten tragen. Sie eins zu eins an die ebenfalls gebeutelte Kundschaft weiterzureichen, ist auch keine Lösung“ , sagt Holtmann im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Lieferstopps auch bei Coca Cola, Granini und Erdal

Der Preiskampf tobt allerdings noch an einigen weiteren Stellen. Edeka verbannte im September die Produkte des Saftherstellers Granini aus den Regalen, weil der die Preise aus Sicht der Supermarktkette übertrieben angehoben hatte. Granini begründete die Erhöhungen mit „steigenden Kosten für nachhaltige Verpackungen“. Der Hersteller Werner & Mertz zog im März dieses Jahres die Notbremse und stellte die Lieferung der Waschmittel-Marken Frosch und Erdal an Edeka ein, auch da ging es um Preise.

Der Streit zwischen Edeka und Coca-Cola landete sogar vor Gericht. Der US-Limonadenkonzern stellte die Belieferung im Spätsommer dieses Jahres kurzfristig ein, da Edeka eine vorgezogene Preiserhöhung von Seiten des Getränkeherstellers nicht mitgehen wollte. Per einstweiliger Verfügung vom Gericht wurde Coca-Cola dann zunächst verpflichtet, zu alten Preisen weiter zu liefern. Das aber hob das Landgericht Hamburg am 29. September auf. Edekas Argument, Coca-Cola missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, teilte das Gericht nicht.Auch wenn Edeka als besonders streitbar gilt, ging es anderen Supermarktketten nicht anders. Aldi hat teilweise Joghurt-Produkte des Danone-Konzerns aus den Regalen genommen. Auch bei Lidl sollten – Stand September 2022 – erste Produkte fehlen. Hierbei sind Produkte von „Müllermilch“, „Henkel“ und „Beiersdorf“ betroffen.

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Oktober und September sind dabei traditionell die Hochsaison der Handelsstreitereien. Der Herbst ist nämlich eine wichtige Jahreszeit für den Lebensmitteleinzelhandel. Denn in diesen Monaten führen die Händler wie Rewe, Aldi und Co. die Jahresgespräche mit den Herstellern und Lieferanten. In diesen Runden werden auch die Lieferpreise zwischen beiden Parteien besprochen und festgelegt. Dabei hat natürlich jede Seite die eigenen Interessen im Sinn. Konflikte sind also programmiert.In den vergangenen Jahren hat sich die Situation im hart umkämpften Lebensmitteleinzelhandel immer mehr zugespitzt, Konflikte zwischen Industrie und Händlern dieser Art häufen sich zunehmend. Der US-Konzern Kraft Heinz etwa hatte 2019 die Belieferung der Edeka eingestellt, nachdem beide Seiten um die Preise gestritten hatten. Kurzzeitig konnten Kunden kein Ketchup und keine Grillsoßen von Kraft Heinz in Edekas Regalen finden, später kam es noch zu einer Einigung.