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Bemerkenswerter VorgangBerliner Verlag liefert Springer pikante Informationen über Julian Reichelt

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Nach Bekanntwerden der Klage des Axel-Springer-Verlags gegen Julian Reichelt  liegen nun neue Erkenntnisse vor. Demnach könnte es eng für den Ex-Bild-Chef werden. (Archivbild)

Nach Bekanntwerden der Klage des Axel-Springer-Verlags gegen Julian Reichelt liegen nun neue Erkenntnisse vor. Demnach könnte es eng für den Ex-Bild-Chef werden. (Archivbild)

Reichelt soll der „Berliner Zeitung“ sensible Interna über Axel Springer zur Veröffentlichung angeboten haben. Das wird nun zum Bumerang.

Das Beben bei Axel Springer zieht weitere Kreise: Erst vor wenigen Tagen reichte der Verlag Klage gegen den ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt ein und stellte Strafanzeige, unter anderem wegen der unerlaubten Weitergabe interner Informationen. Nun ist bekannt geworden, dass Springer für seine Forderungen in Millionenhöhe offenbar „gute Munition“ habe, wie der „Spiegel“ berichtet.

Spiegel berichtet über Korrespondenz zwischen Julian Reichelt und der „Berliner Zeitung“

Das Hamburger Nachrichtenmagazin berichtet am Donnerstagmorgen, dass ein Berliner Verlag Axel Springer Informationen zur Verfügung gestellt haben soll, die Reichelt belasten könnte. Demnach soll die Rechtsabteilung von Springer darüber informiert worden sein, dass Julian Reichelt der „Berliner Zeitung“ interne Nachrichten zur Veröffentlichung angeboten haben soll – damit hätte er gegen die laut Springer getroffene Erklärung im Rahmen seiner Abfindung bei der „Bild“ verstoßen.

Holger Friedrich, Verleger und Besitzer des Berliner Verlags.

Holger Friedrich, Verleger und Besitzer des Berliner Verlags.

Laut den Angaben von Holger Friedrich, dem Verleger des Berliner Verlags, zu dem die „Berliner Zeitung“ gehört, habe Reichelt ihm unaufgefordert vertrauliche Chatnachrichten zukommen lassen. Der „Spiegel“ berichtet mit Verweis auf die Angaben Friedrichs von „Kommunikation des Axel-Springer-Vorstands und weiterer Führungskräfte zu Unternehmensinterna“. Die „Berliner Zeitung“ habe es abgelehnt, das Material zu verwenden – und es anschließend vernichtet. Das Material habe Friedrich demnach nicht weitergegeben, aber die Information darüber.

„Berliner Zeitung“ will interne Springer-Informationen von Julian Reichelt abgelehnt haben

Laut Springer dürfte Julian Reichelt eigentlich gar nicht mehr im Besitz solcher Chatnachrichten sein. Als er im Herbst 2021 bei „Bild“ infolge von Presserecherchen zu seinem mutmaßlichen Machtmissbrauch im Unternehmen ausschied, habe er sich verpflichtet, vertrauliche Unterlagen zu löschen.

Weil sich Reichelt daran laut Meinung der Springer-Rechtsabteilung nicht gehalten habe, fordert das Unternehmen nun eine Vertragsstrafe. Eine Sprecherin des Arbeitsgerichts in Berlin hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Eingang einer Klageschrift bestätigt, Details daraus sind allerdings nicht bekannt.

„Zeit“ veröffentlichte interne Chatnachrichten von Springer-Chefs

Der Vorgang, den Verleger Holger Friedrich schildert, ist vor allem wegen der zeitlichen Nähe zu einem in der „Zeit“ veröffentlichten Artikel, interessant. Diese hatte an ihre Redaktion geleakte Nachrichten, unter anderem vom Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, veröffentlicht. Döpfner sah sich anschließend zu einer öffentlichen Entschuldigung veranlasst.

Ob es sich dabei um das gleiche Material handelt, das auch der „Berliner Zeitung“ angeboten worden sein soll, bleibt Spekulation.

Verleger Holger Friedrich begründet Nicht-Veröffentlichung des Reichelt-Materials

Während Friedrich sein Veto gegen eine Veröffentlichung der von Reichelt an ihn weitergespielten Informationen damit begründet, dass dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt würden, entschied sich die „Zeit“ offenbar anders.

Für Axel Springer könnten sich Friedrichs Offenbarungen dem Verlag gegenüber, als große Hilfe in einem möglichen Prozess gegen den ehemaligen „Bild“-Chef Reichelt erweisen. Normalerweise schützen Redaktionen ihre Quellen, in dem Fall entschied sich die „Berliner Zeitung“ bewusst, sich über den Quellenschutz hinwegzusetzen. Im „manager magazin“ forderte Friedrich am Donnerstagvormittag eine Debatte über Medienethik. Kritiker werfen ihm jetzt schon vor, er habe mit seinem Schritt dem Journalismus einen Bärendienst erwiesen.

Julian Reichelt hat sich auf Nachfrage dieser Zeitung bislang nicht zu den von Holger Friedrich gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert.